Beat Meier

September 22, 2020

Seit 1993 ist Beat Meier in Haft.

Die Vorgeschichte finden Sie hier unter folgenden Dokumenten.

Zeitleiste

Zum heutigen Tag: Eine Erinnerung an den Beginn meiner Justiz-Odyssee

Oktober 16, 2020

Liebe Freunde, liebe Unterstützerinnen und Unterstützer

Heute ist Freitag, der 16. Oktober 2020. Vor genau 30 Jahren begann das Ende unserer damals sich gerade so richtig zu festigen begonnene neue Familie. Doch das ahnten wir damals noch nicht, wie denn, wo wir damals doch noch mindestens ein gewisses Grundvertrauen in die Justiz hierzulande hegten.

Der heutige Tag vor 30 Jahren markierte den Beginn einer Verfolgung, einer veritablen Odyssee, deren Ausmass, Methoden und Dauer wir uns damals noch lange gar nicht hätten vorstellen können. Und die wir im Grunde alle bis heute nicht fassen können.

Es begann mit einer Schlagzeile in der ‘Blick’-Zeitung, die mir der älteste der drei schulpflichti- gen Kinder am frühen Morgen unter meine schlaftrunkenen Augen hielt.

Darauf blickte mir mein eigenes Gesicht entgegen, unverfremded, mit einer fetten Schlagzeile darunter: «Schweizer kauft DDR-Buben für Pornos!», gefolgt von meinem vollen Namen.

Am Tag zuvor bis in die Abendstunden hatten wir unsere noch spärlichen Möbel und den übrigen Hausrat in unsere erste gemeinsame Wohnung geschafft. Nachdem die Zimmer für die beiden jüngeren Buben und jenes für den Ältesten, sowie die Küche provisorisch, eingerichtet waren, assen wir gemeinsam etwas zu Abend. Dann gingen die Buben schlafen, müde von ihrer tatkräf- tigen Mithilfe beim Umzug tagsüber.

Bis in die frühen Morgenstunden hatte ich weiter am Einrichten der Wohnung und meinem künf- tigen Büro gearbeitet. Die Mutter der Buben weilte für diese Tage mit dem einen ihrer beiden erwachsenen Söhnen bei ihrem Ältesten in Dresden in ihrer bislang gemeinsamen Wohnung dort. Sie war schwanger und sollte so dem Rummel entfliehen können um sich zu schonen. Der zweitälteste, gerade erst aus der damals letzten DDR-Rekrutenschule entlassen, war im Laufe des Sommers mit seiner Mutter und den jüngeren Kindern zusammen zu mir in die Schweiz gezogen.

Der Älteste hatte zusammen mit seiner Verlobten die bisherige, preisgünstige Wohnung in Dres- den übernommen. Er und seine Zukünftige hatten sich nicht von seiner Mutters Bedenken beeindrucken lassen. Sie hatte ein mögliches Eingreifen der Sowjetunion befürchtet, mit dem Ziel, die Wiedervereinigung der beiden Deutschlande doch noch zu unterbinden.

Ich hatte erst etwa zwei oder drei Stunden auf einem provisorischen Nachtlager im Büro geschlafen. Als ich mir nun die Augen rieb, und der Älteste der drei schulpflichtigen Buben der- weil eine Seite der ‚Blick’-Zeitung umblätterte, um mir die Fortsetzung des Artikels zur Schlag- zeile zu zeigen, traute ich meinen Augen nicht: er und seine jüngeren Brüder waren dort eben- falls abgelichtet, mit einem winzigen Balken über den Augen. Und versehen mit Ihren richtigen Vornamen.

Ich stand auf und zog mich rasch an. Er habe oben im Schlafzimmer gehört, dass jemand an der Wohnungstür geklopft habe, sei runter gekommen um aufzumachen und habe dann aber nur die am Boden liegende Zeitung gesehen (später erfuhren wir, dass ein Freund aus dem Ort sie auf seinem Weg zur Arbeit dahin gelegt hatte).

In einem kleinen Bild, auch auf der Frontseite, war der Frührentner namens Helmuth Lill, wohn- haft in Deutschland, abgebildet. Seine Augen waren auch abgedeckt. Gemäss Artikel hatte er diese Story gegenüber dem ‘Blick’-Reporter Viktor Dammann aufgetischt. Ausgeheckt, wie so vieles mehr wie sich noch herausstellen würde, an seiner Schreibmaschine in einer baufälligen Sozialwohnung in einem kleinen Dorf nördlich von Ulm.

Die meisten von Euch wissen längst, wer dieser Frührentner ist — oder war, denn er lebt wohl nicht mehr; er war damals meines Wissens schon 60 oder mehr.

Er hatte die genannte Frau und ihre Kinder in der DDR über eine Annonce kennengelernt, Monate zuvor schon, und bisher einzig Briefe mit ihr ausgetauscht. Was inzwischen längs erwie- sen ist, auch gerichtlich notorisch bekannt: Er hatte diesen Kontakt in nachgerade verbrecheri- schen Absichten aufgebaut. Den mit der Familie in der DDR, aber auch den schon viel länger bestehenden, wenngleich eher losen Briefkontakt mit mir.

Mich hatte er damals, Ende März 1990, darum gebeten, ihn zu seinem ersten persönlichen Tref- fen mit der Frau zu begleiten, bzw. ihn mit meinem Wagen hin und wieder zurück zu fahren. Seit langer Zeit stand er mit meiner damals in der Schweiz betriebenen Beratungsstelle für sexuelle Randgruppen in gelegentlichem Briefkontakt. Einer von vielen, zumeist intellektuellen Briefkon- takten, vor allem in der Schweiz, vereinzelt aber auch in Holland (wo ich nach meiner Rückkehr aus Australien längere Zeit gelebt hatte) und mit der Zeit noch in anderen Schweizer Nachbar- ländern. Zumeist waren dies gelehrte Menschen mit akademischer Bildung (ich selbst konnte bekanntlich lediglich auf eine sehr reduzierte Grundschulung in meiner Heim- und Verdingkind- Jugendzeit zurückblicken). Solche Briefpartner unterstützten mich für mein Projekt mit Ratschlä- gen und nicht selten auch mit ihren eigenen Fachschriften und solchen von Dritten.

Derjenige Briefkontakt, um den es hier ging, namens Helmuth Lill, beherrschte mehrere Spra- chen. Er zeigte sich äusserst überzeugend als progressiver, gesellschaftskritischer, aber auch sozialpolitisch interessierter Intellektueller in seinen Briefen. Im Laufe der vorangegangenen Jahre hatte er sich mir gegenüber, während ich in einer schweren Lebensphase steckte, als (vermeintlich) sehr empathischer, hilfreicher ‘Freund’ gegeben. Dafür schwor ich ihm damals nachhaltige Dankbarkeit.

Und genau darauf berief er sich nun, als er jemanden suchte, der ihn bei seinem ersten Rendez- Vous in der DDR begleiten würde. Und eben, um ihn hin- und dann wieder zurück zu fahren, da er als Frührentner sich keine Fahrkarte würde leisten können. Er möchte für sich wieder eine Familie, da er sich so einsam fühle in seiner ‘’Klause’ in dem kleinen Kaff in Baden-Württemberg. Das konnte ich ihm gut nachfühlen. Und er hoffe, dass ich ihm eine Stütze sein könnte beim Kennenlernen der Frau, da er fürchte, sie könnte ihm aufgrund seines Alters und da er ja nicht gerade wie ein Romeo aussähe, gleich wieder die Tür weisen. Er bat mich, ein gutes Wort für ihn einzulegen.

Das Treffen fand statt, wir unterhielten uns zu viert die erste Stunde nach dem Eintreffen (die Mutter der Buben, ihr ältester Sohn, damals meines Wissens 21, Helmuth und ich). Dann bat ich, mich nebenan etwas auszuruhen, da ich seit über 24 Stunden nicht geschlafen hatte. Der Frührentner Helmuth Lill hatte auf fast der ganzen Fahrt auf dem Liegesitz neben mir geschnarcht.

Ich schlief dann auch bis gegen Abend, als wir dann alle auswärts zu Abend essen gingen. Ich hatte dazu eingeladen. Der Frührentner hatte so gut wie kein Geld dabei, während ich von dem damals für Menschen aus dem Westen sehr hohen Wechselkurs hatte profitieren können (für 1 SFR mehr als 10 Ostmark).

Gleich nach dem Abendessen verabschieden sich Helmuth Lill und ich von der Familie. Als Nicht-DDR-Bürger hatten wir damals noch, um ein Visa zu bekommen für Fahrten ins Hinterland der DDR, also über die Ostberliner Stadtgrenze hinaus, schon im Voraus eine Hotel- zimmerreservation vorweisen müssen. Und dahin gingen wir nun, um vor der Rückfahrt nach Baden-Württemberg am nächsten Morgen fit zu sein.

Leider werden sich erst Monate später ganz andere Seiten dieses Frührentners offenbaren. Anlässlich eines dank einem wohlhabenden alten Freund in der Schweiz uns allen ermöglichten Sommerurlaubs in einem kleinen Bergchalet, entpuppte sich der deutsche Frührentner als zunehmend rüpelhaft, ja bald einmal nachgerade ‘ungeniessbar’ in seinem Umgang mit der Mutter der Kinder, aber bald auch mit Letzteren. Auch mich behandelte er plötzlich alles andere als respektvoll, weit davon entfernt, als wie ich es aus seinen Briefen und im Grunde auch noch von der Fahrt in die DDR und zurück gewohnt gewesen war. Es war inzwischen auch klar geworden, dass er ein Alkoholiker war, einer allerdings, der äusserlich nie betrunken wirkte, egal wieviel Bier er intus hatte.

Es kam schon vor Ablauf der ersten Urlaubswoche zum Eklat, die Frau wollte entweder ihn weg- haben, oder sie breche mit ihren Kindern die Ferien ab und lasse sich von mir zurück nach ihrem Wohnort in der DDR fahren. In einem langen spätabendlichen Gespräch versuchte ich den Mann zu überzeugen, dass es wohl unumgänglich sei, dass er vorzeitig zu sich nach Deutschland zurückkehre. Ich zeigte mich bereit, ihm die Reisekosten vorzuschiessen.

Erstaunlicherweise zeigte er sich, trotz der vielen Dosen Bier, die er dabei trank, einsichtig und meinte nur noch, die Frau sei halt ein bisschen dünnhäutig. Es sei klar, dass die Familie den Urlaub zu ende geniessen sollen könne. Er nehme mein Angebot an, ihm die Fahrkarte vorzu- schiessen. Bevor wir uns dann trennten, verlangte er von mir noch ‘ein paar hundert Mark’. Denn er kriege erst in zwei Wochen wieder seine Rente ausbezahlt und habe ja nichts Bares mehr. Wovon sollte er denn zuhause in der Zeit leben? Er habe eben damit gerechnet, über die Zeit des Urlaubs, wo wir Kost und Logis offeriert bekommen hatten, kein Geld zu benötigen und habe sein Geld deshalb schon ausgegeben. Ich gab ihm dann, meiner Erinnerung nach, 200 SFR, womit er sich zufrieden gab.

Seither näherte sich die Frau aus der DDR sehr rasch und äusserst gewinnend an mich an. Sie schrieb mir Liebesbriefe und ich antwortete zwar freundlich, aber zurückhaltend. Ich hätte mir mit all den von mir hierzulande betreuten Klienten meiner Beratungsstelle und meinem Verant- wortungsgefühl diesen gegenüber keine Familienbildung vorstellen können und erklärte dies der Frau auch. Doch sie und auch alle ihre fünf Söhne zeigten sich sehr enthusiastisch hinsichtlich einer Konstellation zwischen ihnen allen und mir. Und die Frau tat alles, um mich zu umgarnen. «Die Kinder sind regelrecht aufgeblüht, seit sie dich kennen, wie umgedrehte Handschuhe. Wir alle haben dich ins Herz geschlossen.»

Nach einem halben Leben ohne Dazugehörigkeit zu einer Familie, was ich ja schon als Kind so schmerzlich vermisst hatte, schmolz ich nun auch dahin wie Butter an der Sonne. Wir verlobten uns und alsbald zog die Familie zu mir in die Schweiz, wo wir anfangs noch provisorisch und preisgünstig in geliehenen Räumen hausten. Es war Teil einer für deren Eigentümer seit dem Ableben seiner Eltern für sich alleine viel zu grossen Wohnung. Wir feierten Verlobung und plan- ten die Heirat auf den 7. Dezember des Jahres.

Das nächste Mal, wann ich; wann wir alle, nach jener Trennung im Sommerurlaub in den Ber- gen, wieder vom Frührentner Helmuth Lill etwas hören würden, das war an eben jenem schick- salhaften 16. Oktober 1990, heute vor 30 Jahren.

Die drei Buben, dreizehn-, zehn- und sieben-jährig, wurden noch am selben Tag des Erschei- nens des eingangs beschriebenen Hetzartikels im ‘Blick’ von einer ausgebildeten Sozialarbeite- rin der Zürcher Justiz einzeln befragt. Sie wird später zusammenfassend schreiben, «Die Kinder haben einen entspannten, ruhigen Eindruck gemacht und erklärt, dass die Zeitungsgeschichte gelogen sei und sie keinerlei sexuellen Handlungen ausgesetzt worden seien».

Nach der Rückkehr meiner Verlobten, der Mutter der Kinder, musste ich von ihr, hier kurz zusammengefasst, folgendes hören: «Dieser Helmuth Lill, der dichtet dir nun, aus Rache dafür, dass ich ihn damals abblitzen liess, in der Zeitung genau das an, was er in Wahrheit selber von mir wollte, damals im März, als ihr mich besucht habt. Während du nebenan geschlafen hast, hat er mir vorgeschlagen, ihm manchmal an Wochenenden und schulfreien Tagen und in den Schulferien meine Buben zur Verfügung zu stellen. Er kenne viele wohlhabende alleinstehende Männer, welche viel Geld dafür bezahlen würden, um mit den Buben alleine zusammen sein zu können….» Sie fuhr fort, dass er ihr auf ihre Fragen, was dann die Buben da tun sollten, einige vage Hinweise gegeben habe. Und, dass er mit ihr «den Gewinn daraus Fifty-Fifty teilen» würde. Da sei ihr dann klar geworden, worum es da gehen würde. Und: Sie habe ihm dann natürlich empört eine Abfuhr erteilt.

Auf meine ziemlich entgeisterte Frage, weshalb um Himmels Willen sie mir denn davon nie ein Wort gesagt oder geschrieben habe, nach jenem ersten Treffen nicht und auch im Sommerur- laub nicht, wo sie ja zumindest anfangs keinerlei Abneigung dagegen gezeigt habe, dass der Mann auch mit eingeladen war?!

Das erklärte sie mit ihrer Angst, mich dann auch abzuschrecken, sie hätte gedacht, der Helmuth Lill und ich wären Freunde. Und sie hätte sich eben schon bei jenem ersten Treffen in mich ver- guckt. Sie habe aber schon gedacht, dass ich nichts von solchen Ansinnen des Helmuth Lill gewusst habe, denn er habe ja nur unter vier Augen mit ihr darüber gesprochen während ich im Nebenzimmer schlief. Und die ganze Zeit über, seit sie und ihre Kinder mit mir zusammen seien, sei ich doch immer sehr gut zu ihr gewesen und hätte ja auch ganz normalen liebevollen Umgang mit den Kindern gepflegt und dass diese mich ja sehr lieb gewonnen hätten.

Der 16. Oktober 1990 hatte nur den Anfang einer darauf folgenden jahrelangen Hetzkampagne dieses Frührentners aus Ulm markiert. Seine Lügenstorys wurden fortan immer dreister, änder- ten sich zudem in immer grauenvollere Behauptungen über mich, wie auch über meine zwi- schenzeitlich angeheiratete Frau. Er schrieb Briefe um Briefe, an die Justiz unseres Wohnkan- tons, die er verhöhnte, sie sei «unfähig, so einen wie diesen Meier hinter Schloss und Riegel zu stecken». Und an diverse Lokalzeitungen, an Polizeidienststellen, und an die Gemeindeverwal- tung. Solches schickte er auch an gleiche Amtsstellen der Gemeinde des Wohnorts meines Vaters, den wir jedes zweite Wochenende aufsuchten, um ihm die Wohnung zu putzen und seine Kleider zu waschen.

Über die folgenden zweieinhalb Jahre führte dies zu ungezählten Befragungen der drei Kinder und in der Folge auch von den anderen Familienmitgliedern, von Bekannten, LehrerInnen, Nachbarn etc.. Dies mehrmals durch Polizeidienststellen lokaler Bezirke und durch die Kantons- polizei verschiedener Schweizer Kantone – je nach Zielort von Briefen dieses Mannes, bzw. je nach Ausgabeort von Zeitungen, die er mit seinen Hetzschriften bediente. Auch von derJu- gendanwaltschaft hierzulande und schliesslich in Ulm in Deutschland vor Gericht wurden wir befragt. Aufgrund von Vorladungen mussten wir nämlich alle anreisen und wurden vom Richter persönlich befragt. Das Gericht verhandelte dort über Anklagen gegen Helmuth Lill, der wegen Vermittlung von Kindern zum Zwecke sexuellen Missbrauchs angeklagt war.

Alle geladenen Zeugen, inklusive die ebenfalls einzeln durch den Richter befragten Kinder, bekräftigten, dass es nie irgendwelche unlauteren Handlungen oder Absichten von meiner Seite gegeben habe. Dennoch klangen die Fragen des Richters, jene an mich zumindest

(bei den Befragungen der anderen Zeugen durfte Ich nicht anwesend sein), vielmehr So, als ob ich der Angeklagte wäre.

Dabei erfuhren wir auch über eine Reihe von Vorstrafen wegen ebensolcher früherer Verbre- chen des Helmuth Lill. Zudem war er auch vorbestraft wegen körperlicher Misshandlungen und Vergewaltigung einer früheren Stieftochter.

Auch ‚Blick’ und diverse deutsche Boulevardblätter berichteten weiterhin und mit der Zeit schaffte er es auch in deutsche TV-Sendungen wie ‚Stern-TV’, ‘Brisant’ und dergleichen.

Dann, am 13. Februar 1993, anlässlich eines Aufenthaltes der drei Buben auf deren Wunsch bei mir während ihrer Frühlings-Schulferien, wurden wir bei einem Besuch einer in Paris lebenden gemeinsamen Schweizer Bekannten verhaftet.

Meine Frau und ich hatten uns voneinander auf meinen Rat im Frühjahr 1992 vorübergehend getrennt, damit sie und ihre Kinder (inzwischen war ja ein weiteres dazugekommen) zur Ruhe kämen vor den immer aggressiveren polizeilichen Überfällen jeweils frühmorgens. Dabei hatten schon mehrmals Polizisten die Kinder gleich eigenhändig aus ihrem Schlaf gerissen, um sie abzuführen und stundenlang zu befragen.

Ich war ja Jeweils stets wieder aus vorübergehender Polizei- und einmal auch aus längerer Untersuchungshaft entlassen worden, da keine der unzähligen Befragungen jemals etwas Belastendes gegen mich ergab. «Entlassung wegen fehlendem Tatverdacht» (Haftrichter im Januar 1992). Gegen meine Ausreise sprach rechtlich nichts, da mir keinerlei Auflagen auferlegt worden waren.

Andererseits war das Verfahren nur suspendiert, Jedoch nicht eingestellt worden. Daher gab ich gegenüber der Schweizer Untersuchungsbehörden stets transparent über meine Reisen und Aufenthaltsorte Bescheid und blieb bei Bedarf auch für sie erreichbar. So wusste die damalige Untersuchungsrichterin über unseren vorübergehenden Aufenthaltsort in Paris Bescheid.

Sie sandte nun offensichtlich den Pariser Polizeibehörden einen Fax, worin sie mich als «Inter- national im Kinderhandel tätigen Schwerverbrecher auf der Flucht» bezeichnete und meinen Aufenthaltsort bei der genannten Schweizerin dort bekanntgab. Von Flucht konnte, angesichts jeglicher fehlender Auflagen, sowie meiner jeweiligen An-, bzw. Abmeldungen bei den schweize- rischen Vertretungen im Ausland, in Wahrheit natürlich keine Rede sein.

Beweise führte sie denn auch keine an, es gab ja keine, ausser den längst in allen Medie bekannten, bisher von allen involvierten Zeugen widerlegten und auch sonst gänzlich unbewie- senen Behauptungen des deutschen Frührentners Helmuth Lill.

Zudem war dieser Fax direkt an eine fremdländische Polizeidienststelle unter Umgehung des vorgeschriebenen Rechtshilfeweges getätigt worden, war also rechtswidrig. Damals gab es noch kein entsprechendes Abkommen zu vereinfachter Rechtshilfe zwischen Frankreich und der Schweiz (ein solches würde ein paar Jahre später folgen).

Eine internationale Ausschreibung, etwa über Interpol, hatte es nie gegeben; sie hätte so etwas nur erwirken können durch Vorlage von mindestens stichhaltig begründetem Anfangsverdacht, und solche Gründe gab es keine.

Nicht verwunderlich durfte mein Pariser Pflichtverteidiger zwar diesen Fax einsehen, aber nur im Büro der Untersuchungsrichterin. Und er bekam keine Kopie und durfte sich beim Lesen auch keine Notizen machen. Bei einem Besuch bei mir in der Untersuchungshaftanstalt «La Sante» in Paris (wo ich bis im Juni 1996 bleiben musste) fasste er aus dem Gedächtnis den Fax-Text rudi- mentär zusammen. Die Verteidigung, weder in Paris noch später in der Schweiz, erhielt also nie Einblick.

Aktenkundig ist bekanntlich auch die von den Buben und deren Mutter bestätigten psychischen Misshandlungen der Kinder durch die Pariser Polizei. Man hatte den Kindern gedroht, sie wür- den nie mehr zu ihrer Mutter zurückkehren dürfen, wenn sie es nicht endlich ‘’zugäben’. Das, was mir vorgeworfen wurde (nach wie vor einzig durch den Frührentner Helmuth Lill).

Ihrer Mutter gegenüber, als diese von unserer Verhaftung erfuhr und dann nach Paris reiste, behaupteten die Polzisten, dass die Vorwürfe gegen mich ‘längst hieb- und stichfest medizinisch bewiesen’ seien.

Tatsache ist, dass die drei Buben (damals 15 1⁄2, knapp 13 und knapp 10, unmittelbar nach unse- rer Verhaftung frühmorgens am 13.02.1993 im entsprechenden Institut des berühmten Pariser Spitals «Hötel Dieu» gerichtsforensisch-medizinisch untersucht wurden. Dies erstmals und auch letztmals. Und dass diese Untersuchungen «keinerlei Hinweise, Anzeichen, Beweise oder Spu- ren von Missbrauch irgendwelcher Art» ergaben. Also das Gegenteil dessen, was die Polizei der Mutter aufgetischt hatte.

Seit der Verhaftung in Paris hatte ich keinen Kontakt zu meiner Familie, durfte es auch nicht. Nachdem die inzwischen erwachsenen Söhne meiner Frau, lange nach meiner Überstellung in die Schweiz, im Jahr 2003 vor Obergericht von sich aus und aus freien Stücken aussagten, dass sie damals in Paris von der Polizei unter massivem Druck zur Bejahung aller ihrer Fragen gesetzt worden seien, wurde ich dennoch verurteilt. Zu gut vier Jahren Haft und, weil nicht geständig, als «uneinsichtig» und daher «untherapierbar» eingestuft und somit, ohne Enddatum, sicherungsverwanhrt.

Und so werde ich wohl, nach dem erklärten Willen nicht nur der Vollzugsbehörden und der Zür- cher Justiz, sondern auch nach dem öffentlich schon mehrfach propagierten Willen populisti- scher Tonangeber in Politik und in hohen Ämtern, weiterhin jahraus, jahrein, voraussichtlich bis zu meinem Tod hinter Schloss und Riegel bleiben. Also wohl noch eine weitere, ungewisse Anzahl Jahre über die bisherigen 30 seit Beginn meiner Verfolgung hinaus.

Ich denke, es ist höchste Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Einen Kampf gegen die längst, vor lauter Selbstgefälligkeit und Machttrunkenheit, für die Wahrheit unempfänglich gewordenen Jus- tizverantwortlichen, welche sogar ein forensisches gerichtspsychiatrisches Gutachten durch einen der wohl berühmtesten Professoren des Faches überhaupt missachtet! Ein Gutachten das keine Rechtfertigung meiner Verwahrung sieht, weiter führen zu wollen, mit deren Rechtsmitteln; das ist wohl längst — wenn es dies nicht schon von Anfang an war — reinste Kraftvergeudung.

Ich will, auch wenn ich alleine da wohl kaum viel zu bewegen vermag, wenigstens versuchen, einen kleinen Teil der Öffentlichkeit mit Schriften zum Nachdenken zu bewegen in der Zeit die mir noch bleibt.

Mit lieben, immer dankbaren Grüssen an Alle! Beat Meier

Brief an die Hauptversammlung 2017 des Fördervereins

Für die Hauptversammlung des Fördervereins „Fair-wahrt?“ schreibt er einen Kommentar aus dem Gefängnis.

Noch ist nicht alle Hoffnung verloren –
vielleicht gibt es doch noch eine Zukunft…

Interview mit Frau Boos

Für ein Interview mit Frau Boos von der WOZ beschreibt er vorgängig den Gefängnisalltag in der JVA Pöschwies.

Ablehnung der Beschwerden

Inzwischen sind sämtliche Beschwerden der engagierten Juristen
gegen die Verurteilung abgelehnt worden.

Beat Meier hat zusammen mit Mitverwahrten die Aktion „Fair-wahrt?“ gegründet,
welche sich für eine faire Verwahrung einsetzt.

Komitee Gründung Durch Familie

Januar 1, 2005

2005 gründen Freunde und Bekannte (nicht aus der Pädophilenszene!)
ein Komitee, das Beat Meier mit Hilfe juristischen Beistands zur Freiheit bringen soll.

Kindheit und Jugend als Heim- und Verdingkind aus zerrütterter Ehe