SICHERHEITSWAHN – EIN RĂCKRUF ZUR BESINNUNG
Die Schweiz zeigt heutzutage einen besorgniserregenden Hang zur Intoleranz. Immer mehr Menschen geraten ins Visier: Asylsuchende und allgemein AuslĂ€nder (ausser Touristen, Investoren, Sportstars), sexuelle Randgruppen, Raucherinnen… Der Hang zur Ausgrenzung wird immer stĂ€rker.
Eine wahre Angst- und Hasspolitik trifft v.a. straffĂ€llig gewordene Mitmenschen. Betrieben wird sie u.a. von gewissen machtbesessenen Politikern und mitverbreitet durch besonders profithungrige Medien. Der lĂ€ngst salonfĂ€hige Ruf nach mehr HĂ€rte im Vollzug und die gleichzeitige Verhöhnung vollzugsbegleitender PrĂ€ventions- und ResozialisierungsbemĂŒhungen als ‚Kuscheljustiz‘ tragen kaum bei zur Verminderung von RĂŒckfallrisiken und zur Beruhigung der stĂ€ndig neu geschĂŒrten KriminalitĂ€tsĂ€ngste.
Um diesen zu begegnen sind die Gerichte zwar vermehrt dazu bereit, anstelle einer ’normalen‘ Verwahrung nach Art.64, eine sogenannte ‚kleine‘ solche nach Art.59 zu verhĂ€ngen*. Der TĂ€ter soll eine Chance bekonmen, sich zu bewĂ€hren, denn das verlangt ja auch die Menschenrechtskonvention. Gleichzeitig aber will man auch dem Ruf nach mehr HĂ€rte nachgeben – und lĂ€sst deshalb auch kaum einen der immer zahlreicheren 59er mehr raus, erneuert stattdessen wieder und wieder die 5-Jahreperiode* oder wandelt diese Massnahme letztlich in den 64er um. Es braucht dazu lediglich irgendwie negative oder auch nur skeptische Therapieberichte oder Gutachten. Und welche/r Therapeut/in, Gutachter/in (oder Richter/in) ist heute noch dazu bereit, Verantwortung zu ĂŒbernehmen fĂŒr eine optimistische Prognose? Wo er oder sie doch damit rechnen muss, im Falle eines RĂŒckfalls öffentlich ‚in der Luft zerrissen‘ zu werden! Auf diese perfide Weise bleibt alles an der verwahrten Person selbst hĂ€ngen; sie ist ’selber schuld‘, denn sie hat sich eben ‚in der Therapie nicht bewĂ€hrt‘; das ‚beweisen‘ doch die Therapieberichte, das ‚beweist‘ doch das Gutachten. Soll nun der Gefangene doch irgendwie deren Unwahrheit beweisen…
(* siehe Anhang: ErklÀrung zu Art.59-64 StGB)
BetrĂ€fe dies, wie etwa der Leiter des zĂŒrcherischen PPD in den Anfangsjahren seines Wirkens in der Schweiz nicht mĂŒde wurde, öffentlich zu beteuern, lediglich „eine ganz kleine Gruppe“ von „etwa 20 bis höchstens 40 extrem gefĂ€hrlichen, untherapierbaren HochrisikotĂ€tern“, dann sprĂ€che auch niemand von einem kollektiven Sicherheitswahn. Aber mittlerweile sitzen offenbar schon weit ĂŒber 1000 (!) Menschen hierzulande in einer unbefristeten geschlossenen Massnahme, in einer ‚kleinen‘ oder ’normalen‘ Verwahrung. Weit mehr als im 10x grösseren Deutschland! Und es werden immer mehr – und sie werden immer Ă€lter…
Und damit nicht genug: sie vegetieren zur grossen Mehrheit in Strafanstalten dahin (dabei seien doch Massnahmen ‚keine Strafen‘). Geschlossene TherapieplĂ€tze gibt es landesweit viel zu wenige, sodass eine grosse Zahl von 59ern auch ĂŒber die Dauer ihrer Haftstrafe hinaus jahrelang unter einem gewöhnlichen Strafregime in Haft bleiben. Und 64er vegetieren teilweise schon um ein Vielfaches lĂ€nger in Strafanstalten als die Haftstrafe, zu der sie verurteilt wurden. So befindet sich zum Beispiel ein Afroamerikaner nach einem Strafurteil von „9 Monaten bedingt mit vollzugsbegleitender therapeutischer Massnahme“ schon bald 12 Jahre unter einem harten Strafregime in Haft. Dies, weil er unter Aphasie (Sprachverlust) leidet und deshalb schliesslich als untherapierbar eingestuft – und verwahrt wurde. Eine schier unglaubliche Geschichte, aber nichtsdestotrotz nur eine von vielen, die uns in unserem Rechtsempfinden eigentlich aufs Höchste alarmieren sollten.
Von all dem weiss die Ăffentlichkeit wenig, denn wenn das Thema Verwahrung Schlagzeilen macht, dann vorwiegend negative. „Von Kriminellen droht Gefahr – daher mehr Sicherheit, mehr HĂ€rte“! DafĂŒr setzt man sich doch gerne ein; KriminalitĂ€t ist schlecht, Sicherheit ist gut, so einfach
ist das. Hinterfragt wird dabei kaum etwas; „Die werden’s ja schon wissen, die Behörden“. Details interessieren da kaum, ausser jene, welche die SchĂ€ndlichkeit eines Verbrechens in seinen schauerlichen, spannenden Einzelheiten ins Rampenlicht bringen. Diese lĂ€sst man vom Sofa aus in der wohligen Stube auf sich wirken, wird dabei vielleicht flĂŒchtig an eigene dunkle Seiten erinnert – und stimmt umso stĂ€rker mit ein in den Ruf nach radikalen Mitteln gegen dieses „Verbrecherpack“. Um so rasch vor die eigenen SeelenabgrĂŒnde wieder den Schleier zusammen zu ziehen, weiterhin
den Anschein von ‚Unfehlbarkeit‘ zu bewahren, wie es das Umfeld und man selber stets von einem erwartet. Und wer wirklich ohne Schuld zu sein glaubt, gibt sich erst recht empört, fĂŒhlt sich indes unbeteiligt; ihr oder ihm droht von behördlicher Seite gewiss nichts; niemals wĂŒrde er oder sie einen Menschen umbringen, niemals vergewaltigen, rauben, brandschatzen. Denn nur fĂŒr diese Anderen, fĂŒr die schlimmen Verbrecher ist das Gesetz doch gedacht.
Dass auch den, scheinbar oder vermeintlich, Unfehlbaren dabei, das Unheil selber auch immer nĂ€her zu kommen droht – begĂŒnstigt nicht zuletzt durch eigenes Mitschwimmen im populistischen Strom -, das merken sie nicht. Das PrĂ€ventivstrafrecht bedroht bislang zwar nur StraftĂ€ter – unter diesen allerdings lĂ€ngst auch ‚kleine Fische‘ (der 59er, der spĂ€ter auch in die 64er-Verwahrung fĂŒhren kam, droht nicht nur bei Verbrechen; er kam ausdrĂŒcklich schon bei „Vergehen“ verhĂ€ngt werden!)·.
Tatsache ist, der Sicherheitswahn dringt doch lĂ€ngst auch in das ganze gesellschaftliche Zusammenleben ein: immer mehr Ăberwachung, AusspĂ€hung, Aushorchung, Staatstrojaner, Blacklists… Auch die Wirtschaft sammelt zunehmend Daten, ĂŒber uns alle, erstellt – wie die Geheimdienste – fleissig Profile, speichert unsere individuellen Gewohnheiten, Interessen, Neigungen, teilt uns ein in Raster. Wie lange, bis der Ăberwachungsstaat, bis die ‚PrĂ€ventionsforensiker‘ sich auch diese Daten ĂŒber uns aneignen wollen? Wie verlockend wĂ€re da eine Ausweitung des neuen PrĂ€ventionsstrafrechts zu einer weiteren, einer ‚effizienteren‘ PrĂ€vention? Erst diese bietet doch ‚unfassende Sicherheit‘! PrĂ€vention schon vor der ersten Tat!
Werden also bald auch, zwar bisher vielleicht unbescholtene, aber irgendwie auffĂ€llige, ‚andersartige‘ oder auch ‚unbequeme‘ Menschen erfasst? Nur ein kleiner Schritt wĂ€re es dann noch, bis auch ĂŒber diese GefĂ€hrlichkeitsprognosen erstellt wĂŒrden, um so all jene zu eruieren, welche irgendwann in der Zukunft eine Straftat – vielleicht gar eine schwere solche – begehen, eine mögliche Gefahr fĂŒr die Allgemeinheit darstellen könnten. Die Computerprogramme dazu sind ja lĂ€ngst in Betrieb, es brĂ€uchte ja nur eine Erhöhung der SpeicherkapazitĂ€ten. Schon seit LĂ€ngerem errechnen sie GefĂ€hrlichkeitsgrade. Gegeneinander aufgewogene und hochgerechnete persönliche Kriterien aus der Vergangenheit, dem frĂŒheren und heutigen Umfeld, dem Krankheitsbild, den Gewohnheiten undsoweiter; sie alle liefern den Wahrscheinlichkeitsquotienten. Soundsoviele Punkte = ‚GefĂ€hrlichkeitsgrad sowieso‘. Bisher erst bei Angeklagten und Verurteilten, aber immer öfters auch schon bei ErsttĂ€tern. Das Kriterium ‚Vorstrafen‘ wiegt dabei kaum schwerer als beispielsweise ‚Geschiedene Eltern‘. BrandgefĂ€hrlich wird es fĂŒr den Verurteilten, wenn er seine Unschuld beteuert. Das gibt happig Punkte fĂŒr ‚uneinsichtig‘ und daraus kam leicht ‚untherapierbar‘ werden. Ein ziemlich sicherer Weg in die Verwahrung, denn im Angebot steht einzig ‚deliktzentrierte Therapie‘, und hierfĂŒr ist nun mal ein GestĂ€ndnis unabdingbar.
Wie lange noch, bis ganze Bevölkerungsgruppen – natĂŒrlich ‚im Interesse der Sicherheit‘ – ausgelotet, durchleuchtet und schliesslich in ‚GefĂ€hrlichkeits-Kategorien‘ eingeteilt werden? PĂ€dophile wohl als Erstes. Auch wenn die grosse Mehrheit von ihnen noch nie ein WĂ€sserchen trĂŒbten. Und auch wenn (wie inzwischen allgemein bekannt) die ĂŒberwiegende Mehrheit der FĂ€lle sexueller Gewalt an Kindern durch Nicht-PĂ€dophile begangen werden, zum Beispiel heterosexuelle VĂ€ter, Onkel, Ă€ltere Geschwister, andere Menschen aus dem familiĂ€ren Umfeld. „Trotzdem, weg mit dem PĂ€do-Pack!“ (man hört den Schrei schon). Denn auch wenn deren Mehrheit ungefĂ€hrlich sei; lieber zu viele davon – vielleicht zu Unrecht – einsperren als einen zuwenig. Unter den heutigen Verwahrten sind ja laut diversen Studien auch bis zu acht von zehn zu Unrecht weggesperrt; die sogenannten ‚false positives‘, deren Gutachten sie fĂ€lschlioherweise als ‚gefĂ€hrlich‘ taxierte. Wenn die Allgemeinheit also bereit ist, 10 Menschen dauerhaft wegz sperren, um sich so vor 2 möglichen TĂ€tern zu schĂŒtzen, dann wird sie gleiches bald auch bei anderen tun wollen, also nicht nur bei Verurteilten.
Es gibt ja noch unzĂ€hlige weitere Randgruppen und Minderheiten, die man gerne erfassen wĂŒrde.
Was ist mit den Sadomasochisten? Den Exhibitionisten? Den Zoophilen? Den Nekrophilen? Und Fettleibige oder Raucher, gefĂ€hrden die nicht auch die Allgemeinheit, belasten sie nicht das Gesundheitswesen und die IV ĂŒberdurchschnittlich? Und es mag ja auch unter den Muslimen nur eine kleine Minderheit wirklich gefĂ€hrlich sein, aber rechtfertigt da nicht die Schreckensvision auch nur eines einzigen verheerenden Attentats ohne Weiteres das Wegsperren möglichst vieler davon? „Und ĂŒberhaupt, wer will schon Minarette in unserer heilen Schweiz… „
FrĂŒher gab’s sowas ja schon, noch gar nicht so lang ist’s her. Man verliess sich dabei etwa auf das Vermessen von Köpfen, trieb mit Elektroschocks „den Teufel aus“. Eugeniker schrieben vor, welches menschliche Leben lebenswert sei. UnzĂ€hlige Menschen – Kinder und Erwachsene – waren betroffen. Ăber lange Zeit wurde ‚die Brut‘ von in irgend einer Art und Weise Gestrauchelten, aber auch von Armen, Alkoholikern, Unverheirateten, manchmal sogar Kinder aus Ehen mit gemischter Konfession, ausgesondert, eingesperrt, viele darunter psychiatrisch versorgt und, vielleicht nicht auf Herz und Nieren, aber auf Geist und Hirn untersucht. Schliesslich wurde auch der Nachwuchs von Zigeunern und anderen Fahrenden glattweg entfĂŒhrt und geraubt, eingesperrt und oft an Bettrahmen gefesselt.
Damit nicht genug, unzĂ€hlige dieser Kinder wurden dann von ihren ‚Betreuern‘ ausgebeutet fĂŒr harte Arbeit. Und fĂŒr die Befriedigung sexueller Perversionen. Und immer wieder brutal verprĂŒgelt. Viele mussten wie Laborratten fĂŒr Medikamentenexperimente herhalten. Niemand weiss, wie viele bei alledem qualvoll starben. Oder irgendwann in ihrem weiteren Leben tatsĂ€chlich zu einer Gefahr fĂŒr die Gesellschaft wurden. Wohl kaum wegen ihrer ‚Andersartigkeit‘. Sondern weil die damalige Gesellschaft sich ihrer entledigt hatte, sie in unzĂ€hligen FĂ€llen unbekĂŒmmert sadistischen, machttrunkenen oder profitgierigen Individuen ĂŒberliess, allein gelassen in ihren Qualen.
Respekt vor den Mitmenschen, Vertrauen in die Gesellschaft; sind sie nicht das Mindeste, was es fĂŒr ein durchwegs gesetzestreues Leben brĂ€uchte? Wer könnte ein Leben lang vollkommen gesetzestreu bleiben ohne diese? Wer von den heutigen Rufern nach ‚Sicherheit‘, von den neuerlichen Verfechtern der WegsperrmentalitĂ€t, hĂ€tte dies geschafft, wenn ihm oder ihr gleiches widerfahren wĂ€re? Wer will sich allen Ernstes wundern, wenn viele dieser frĂŒheren Opfer, falls sie das alles ĂŒberlebt haben, heute in Strafanstalten erneut unbefristet weggesperrt sind? Ob vielleicht zu Recht oder auch – einmal mehr – zu Unrecht…
Wohl nicht viel anders als damals schon vertraut die Allgemeinheit auch heute ihren Obrigkeiten mehr oder weniger blind. „Die werden’s schon wissen, die Behörden“. Die grossen Medien, welche eine ĂŒbergeordnete Kontrollfunktion ausĂŒben sollten, tun in diesem Bereich wenig bis gar nichts – oder ĂŒbernehmen sogar die FĂŒhrung beim Ruf nach immer hĂ€rterem ‚Durchgreifen‘, immer schnellerem und lĂ€ngerem Wegsperren, immer mehr ‚Sicherheit‘. Letztlich ist auch heute die Mehrheit der Menschen mit sich selbst, mit existentiellen Alltagssorgen oder der Sicherung und möglichst weiteren Vergrösserung des erlangten Wohlstands beschĂ€ftigt. Und mit immer waghalsigeren Freizeit-Adrenalinkicks. Und vielleicht auch mit der mehr oder weniger heimlichen Befriedigung eigener niederer GelĂŒste oder Untugenden. Da bleibt kein Raum, sich auch noch um RechtmĂ€ssigkeit und VerhĂ€ltnismĂ€ssigkeit oder gar um Sinn oder Unsinn von heutigen Ausgrenzungen zu sorgen. Zumal man ja die heutige WegsperrmentalitĂ€t selber auch wollte und will. Die Einen mehr oder weniger aktiv und lautstark, die Andern passiv, durch wegsehen.
Und schliesslich ist man doch derzeit ganz grossherzig dabei, dieses frĂŒhere ‚dunkle Kapitel der Schweizer Geschichte‘ aufzuarbeiten und ‚wiedergutzumachen‘, wo seinerzeit Kinder und auch Erwachsene massenweise zu Unrecht weggesperrt und misshandelt wurden. „Ach, wie unbegreiflich blindlings hat man damals doch den Obrigkeiten und Institutionsbetreibern vertraut, was waren das nur fĂŒr schlimme Zeiten! Aber gottseidank waren’s Andere, nicht wir, die damals so herzlos wegsahen, als sie hĂ€tten hinsehen und einschreiten sollen.“ Ja, damals, gleich zu Beginn, nicht erst 30, 50 oder noch mehr Jahre spĂ€ter, nicht wahr?
Denken wir wirklich so? DĂŒrfen wir heute unsere ‚HĂ€nde in Unschuld waschen‘?
Gedankenlos und blind fĂŒr die neuerliche Ausgrenzungslust, den heutigen Sicherheitswahn?
Glauben wir wirklich, heute reinen Herzens genug zu sein, um da mitzumachen?
Ohne richtig hinzusehen?
ERKLĂRUNG ZU ARTIKEL 59-64 StGB, welche:
eine geschlossene Massnahme ohne fixes spÀtestes Entlassungsdatum regeln
(mit Therapie Art. 59 1-4, ohne Therapie Art. 64 1-4 und schliesslich 64.1bis)
Art.65.1 regelt die Umwandlung von Art.64 in Art.59, Art.55.2 hingegen die nachtrĂ€gliche Verwahrung (bei jemandem, der ’nur‘ zu einer Zeitstrafe verurteilt worden war, jedoch spĂ€ter, also beliebig lange nach Rechtskraft des Urteils, doch noch nach Art.54.1 verwahrt werden soll).
Es gibt also grundsĂ€tzlich drei Möglichkeiten, jemanden fĂŒr ungewisse Zeit, allenfalls bis zu seinem Lebensende, zu inhaftieren:
– Art.59.1-4 (die sogenannte „kleine Verwahrung“): Maximal 5 Jahre, verlĂ€ngerbar unbegrenzt um je weitere 5 Jahre. Das Gericht kann (auch nach Rechtskraft des ursprĂŒnglichen Urteils) auf Antrag der Vollzugsbehörde den Art.59 in eine Verwahrung nach Art.64 umwandeln, etwa wenn die Therapieversuche erfolglos erscheinen.
– Art.64.1-4 (die sogenannte „gewöhnliche \/erwahrung“: Kein Maximum, jedoch erstmals nach 2 Jahren, dann jĂ€hrlich zu ĂŒberprĂŒfen – was in der RealitĂ€t in den wenigsten FĂ€llen eingehalten wird und wenn, dann meistens nur ‚pro forma‘, ohne eigentliche neue Beurteilung. Kann theoretisch irgendwann in Art.59 umgewandelt werden. Eine mit der Verwahrung ausgesprochene Haftstrafe muss erst ganz abgesessen werden, bevor die \/erwahrung beginnt.
– Art.64.bis: Die „lebenslange Verwahrung“ (nach der angenommenen Volksinitiative). Sie wird nicht periodisch ĂŒberprĂŒft (was sich eigentlich nicht mit den Menschenrechten vertrĂ€gt). Nur dann, wenn „neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass der TĂ€ter so behandelt werden kann, dass er ( … ) keine Gefahr mehr darstellt“, muss sie ĂŒberprĂŒft werden.
Menschenrechtswidrig ist mit Sicherheit in allen drei FĂ€llen, dass zu einer der drei Massnahmen Verurteilte grossmehrheitlich in Strafanstalten, also unter einem Strafregime eingesperrt sind (insbesondere die nach Art.64 Verwahrten). Dies dĂŒrften sie nur, solange sie noch ihre Zeitstrafe absitzen (welche bei Art.64 der Massnahme vorausgeht). Auch ein Grossteil der zu Art.59 Verurteilten wartet, Viele darunter schon jahrelang, im gewöhnlichen Strafvollzug, ohne Therapieangebot.
Merke, dass laut Art.59.1a. jemand auch wegen einem „Vergehen“ in eine potentiell endlose geschlossene Massnahme geraten kann, die zudem spĂ€ter auch in einen 64er umgewandelt werden kann. Somit ist Art.64.1, welcher schwerere Straftaten voraussetzt, insofern Makulatur, dass auch nach „Vergehen“ via den 59er eine Verwahrung nach Art.64 möglich ist (und durchaus nicht selten vorkommt). Zudem ist durch die „Höchststrafe von 5 Jahren oder mehr“-Klausel ohnehin auch der Weg in die Verwahrung ‚frei‘ fĂŒr einen sehr grossen Straftaten-Katalog mit auch sehr vielen möglichen kleineren Delikten.
Noch ein Hinweis zu den Begriffen „Geschlossene Massnahme“ und „Verwahrung“: man kann sowohl Art.59 wie auch Art.64 so oder so benennen. Beides sind (im ‚Unterschied‘ zu Strafen) geschlossene Massnahmen und beides sind eine Form der Verwahrung.