JAHRESBERICHT 2016/17

September 25, 2017

EINLEITUNG ZUM JAHRESBERICHT 2016/17
Interessengemeinschaft „Fair-wahrt?“ 
5 Jahre Förderverein

DANKE:

Das heurige 5-Jahres-Jubiläum des Fördervereins der IG „Fair-wahrt?“ ruft nach mehr als ein paar Worten des Dankes.

Worte des Dankes zunächst von mir, für diese auch namens aller Betroffenen an jene, welche den Förderverein fUr unsere Bewegung gründeten, ihn über die lange Zeit führten und weiter zu führen und so unsere Interessengemeinschaft mitzutragen bereit sind, die uns unterstützen mit Arbeit, mit immer wieder bereitwilligen, raschen Einsätzen bei Engpässen oder systembedingten Erschwernissen, die bisher so viel und Vieles auch materiell beitrugen, still und anspruchslos, in grossmutiger Selbstaufopferung.

Das ist unser Vereinsvorstand; unsere Präsidentin Laure und ihr Mann Louis, und nicht zuletzt unser Kassier und Interimsaktuar Urs.

Und das sind, oft mehr im Hintergrund, auch etliche Mitglieder, die mal hier, mal da mithalfen und helfen, mit Rat und Tat. Und immer wieder mit ebenso grosszügigem und selbstlosem Einsatz oder Beitrag. Auch sie kompetente gute Menschen, darunter auch Gelehrte, und viele persönliche Freunde die als Vereinsmitglieder unser Bestreben unterschiedlich aktiv unterstützen, auch mich persönlich, was mir zusätzlich die nötige Kraft und Geduld verleiht, weiter auszuharren und durchzustehen. Und meine Tätigkeit für die IG-Fw und damit für viele weitere Betroffene nicht aufzugeben.

Dazu kommen noch Jene ohne Mitgliedschaft, hierzulande und im Ausland, persönliche Freunde, wohlwollende Bekanntschaften, Juristlnnen, diplomierte Psychologinnen, andere Fachpersonen und RechtsprofessorInnen sowie themenverwandte Organisationen.

Kaum jemand unter diesen grossartigen Mitmenschen kannten oder kennen bis heute irgend einen der vielen Betroffenen persönlich, für die sie sich, direkt oder indirekt, einsetzen. Auch mich selber lernten Viele unter Ihnen erst als längst Verwahrten kennen. Sie tun es im Grunde für das Gemeinwohl Aller.

All Diesen entbieten wir, ebenso herzlich, unsere Dankbarkeit! Gleichzeitig gedenken wir auch jenen solchen mitfühlenden Menschen und älteren Freunden, darunter auch mehrere ehemalige Mitglieder, die über die Jahre schon verstarben.

Besonders auch danken wir unseren Gönnerinnen und Gönnern für deren Spenden, ob kleine oder grosse solche. Und natürlich allen Mitgliedern für deren Beiträge und Treue. Den wie ich Betroffenen – sei dies im ‚kleinen‘ oder ’normalen‘ Verwahrungsvollzug, im „Fürsorgerischen“ Freiheitsentzug oder in Sicherheitshaft, in Strafanstalten, Massnahmezentren oder Kliniken; ihnen allen einen besonderen Dank für ihr Durchhalten, ihr Vertrauen in uns und für ihren unerschütterlichen Willen zum Kampf für ihre und unser aller Rechte.

Speziell danken wir zudem unserem ‚Ersten Juristischen Berater‘ und Mitkämpfer, dem renommierten Rechtsanwalt Bernard Rambert, für seine schon so zahlreichen Stunden der Aufopferung und guten Dienste ohne Gegenleistung (ausgenommen Kosten für notwendige Arbeiten für uns durch Angestellte sowie Übersetzungs- oder Abklärungskosten durch Spezialisten). Unbezahlbar seine Aktivmitgliedschaft – aber auch jene weiterer in den letzten ein bis zwei Jahren bei getretener Koryphäen, wie Frau Professor Grischa Merkel aus Deutschland und nicht zuletzt auch jene der schon vor drei Jahren beigetretenen Menschenrechtsexpertin Denise Graf! Auch diesen grossartigen Verteidigern von Gerechtigkeit und Menschenwürde einen ganz besonderen Dank! Möge uns deren geballte Tat- und Überzeugungskraft den Weg zu unseren Zielen erleichtern und verkürzen!
Euer Beat Meier

JAHRESBERICHT 2016/17

Auch dieses Jahr wurde mir die Erstellung des Jahresberichts unseres Fördervereins anvertraut. Ich danke dem Vorstand für sein Vertrauen.

2016 liegt hinter, die Früchte daraus hoffentlich vor uns.

Mutationen:

Fünf Mitglieder (davon vier Betroffene) sind verschollen: „Adresse nicht mehr gültig“. Wir warten auf eine neue Anschrift!

Zwei Mitglieder gaben ihren Austritt. Wir wünschen weiterhin alles Gute!

Zwei Neueintritte (im geschl.Vollzug). Wir heissen Euch herzlich Willkommen!

Beiträge:

Wenn Ihre Beitragszahlung fUr das Vereinsjahr 2016 noch aussteht, bitten wir Sie um baldige Überweisung! Danke.

Rundschreiben:

Es gab fllnf Mal Post im Vereinsjahr 2016:

Im April:

Rundschreiben Uber die Hauptversammlung (HV) vom 7. März, mit Jahresbericht und Jahresrechnung 2015 sowie mit Protokoll der Hauptversammlung als Beilagen.

Im Juni :

Rundschreiben zum 5-jährigen Bestehen unserer Interessengemeinschaft. Mit Gedenken an Verstorbene, u.a. an unser Gründungsmitglied A.H. Mit Appell an das gesellschaftliche Gewissen. Dabei 4 Seiten Auszüge aus einem bemerkenswerten Bericht in der Zeitschrift „plädoyer“ Nr. 3/2016; zu einem von vielen krassen Beispielen von Unrecht bei Verwahrungen (siehe Liste von Publikationen im Anhang). Weiter lag eine interne Mitteilung bei, über den spontanen Wiederaustritt des neuen Aktuars noch vor der 1. Vorstandssitzung nach der Hauptversammlung. Und über eine mutige, starke Nachfolgerin, die allerdings aufgrund sich leider allzu sehr verschlechternder Gesundheit (Krebs) inzwischen auch wieder ihren Austritt bekannt geben musste. Wir bangen um sie und wünschen ihr Kraft und viel Erfolg in ihrem schweren Kampf!.

Im September:

Das Rundschreiben betr. Statutenänderungen (Stimmrecht für inhaftierte Mitglieder): Dem gingen interne Beratungen sowie Gespräche mit anderen Betroffenen und mit Anwälten voraus und es folgten weitere Vorstandsberatungen bis in den Dezember.

Im Dezember:

Ein Rundschreiben über sehr starke Beiträge: in der Wochenzeitung (W0Z) von Dr. Mario Gmür als Autor, mit beigelegten 2-seitigen Auszügen daraus, und Hinweise auf ein grosses Interview im Tages-Anzeiger (TA) mit dem amtierenden Bundesrichter Dr. Niklaus Oberholzer (beide Beiträge siehe Liste von Publikationen im Anhang). Auf der Rückseite Erläuterungen für Inhaftierte: die künftigen „Betroffenen Mitglieder“ mit Stimmrecht (BM), sowie mit Vorabinformationen zur Hauptversammlung 2017. Beigelegt wurde auch der Entwurf der neuen Statuten, der an der HV zur Abstimmung kommt‘. Zudem legte unser Versandchef allen noch schöne, selbstkreierte Feiertagswunsche bei.

Im Januar 2017:

Rundschreiben diesmal ausschliesslich an die künftigen BM, mit Stimmzetteln für drei Vorlagen mit Antwortcouvert und Erläuterungen. In der weiteren Beilage eine Einladung (für eventuell interessierte freie Bezugspersonen) mit den Traktanden für die HV und die Jahresrechnung 2016. Da die neue stimmberechtigte Mitgliedschaft für Betroffene erst mit der Annahme der neuen Statuten in Kraft tritt, sind die Stimmzettel mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen.

Den Aktivmitgliedern versandten wir eine Einladung mit Traktanden, Jahresrechnung, sowie Details+Lageplan für die HV.

Die Passivmitglieder, GönnerInnen sowie alle anderen auf unserem Verteiler erhielten eine Einladung mit Details und Lageplan für die HV; (ausser von mir die Rundschreiben und Stimmzettel für Betroffene) alles verdankenswerterweise erstellt von Urs, unserem Interimsaktuar, in Zusammenarbeit mit Laure, unserer Präsidentin.

Erfreuliches vs. Bedauerliches:

Willy S., unser Versandchef, bekam erneut einen guten Führungsbericht seines Therapeuten. Das wussten wir sowieso! Du zeigst es allen: manchen Gerichstsforensikerlnnen täten mehr Bescheidenheit und weniger Anmassung gut! Bei der ‚Wahrsagerei‘ in ihren Berichten und Gutachten zu Lasten von Menschen wie unsereinen. Danke Willy!
In letzter Zeit leidest du vermehrt gesundheitlich und musstest zweimal ins Spital. Wir wünschen dir gute Besserung!

Gesundheitliches (II):

Nach langer Krankheit darf ich mich seit dem Herbst über eine entscheidende gesundheitliche Verbesserung freuen. Ich wünsche all jenen mindestens gleich guten oder möglichst noch besseren Verlauf, welche auch mit solchen Lasten zu kämpfen haben!

Erfolgversprechendes:

Im letzten Sommer bot uns die Wochenzeitung (WOZ) einen Bericht über unsere Bemühungen an. Wir sagten zu und verlangten dabei Datenschutz für unsere Mitglieder. Daraus erhoffen wir uns dank breiterer Bekanntheit Zuwachs an Mitgliedern, Gönnerinnen und tatkräftigen Helferinnen.
Anfang September erfolgte hier nach diverser Korrespondenz ein erster Besuch von Susan Boos, WOZ-Chefredakteurin. Sie erhielt dabei umfangreiches Infomaterial.

Erfreulich Ungefährliches (II):

Unser Mitglied Andres Z: aus Olten gewann nach (allzu) vielen Jahren in ‚kleiner‘ Verwahrung im Oktober vor Bundesgericht endlich seine Freiheit wieder. Wir gratulieren sehr und wünschen alles Gute!

Demokratisches:

Wir bereiteten auf Anregung durch die IG-Leitung die Aufsplittung der bisherigen Passivmitgliedschaft vor: in freilebende solche (wie bisher ‚PM‘) und in „Betroffene Mitglieder“ (‚BM‘ – in Kraft nach Annahme der neuen Statuten). Entsprechend haben wir diese überarbeitet, um sie der HV-17 zur Abstimmung vorzulegen.

Finanzielles:

Im gleichen Zuge beschlossen wir, der HV die Anhebung der Beiträge für Passivmitglieder von bisher 25 auf neu 40 Fr./Jahr, und die Senkung der Beiträge von Aktivmitgliedern von bisher 250 auf neu 100 Fr. pro Vereinsjahr zu beantragen.

Optimistisch Anvisiertes:

Die IG-Leitung beantragt ferner die Aufnahme von Abklärungen und ev. Vorbereitungshandlungen hinsichtlich der Gründung eines Fonds für mittellose Massnahmegefangene in Notsituationen.
Bei der Hauptversammlung wird unter anderem über diese Anträge abgestimmt, wobei dann ggf. erstmals briefliche Betroffenen-Stimmen mitgezählt werden.

Sicher Projektiertes:

Der Verein humanrights.ch plant Rechtsberatungsstelle für Menschen im Freiheitsentzug und ihre Angehörigen! Ein Pilotprojekt im Kanton Bern soll eingerichtet werden. Für dessen Lancierung im Februar 17 wurde nun ein Crowd-Funding gestartet: https://wemakei t.com/ projects/rechtsberatung-im-gefaengnis.
Aus einer Mitteilung an den FV, von RA Stephan Bernard, Advokatur Aussersihl ZH.

Vertrauenswürdiges:

Als meine Vertretung als Leiter der IG-Fw an der HV 2017 habe ich unseren Versandchef Willy S. formell bevollmächtigt und beauftragt. RA Rambert wird, als Aktivmitglied, voraussichtlich ebenfalls anwesend sein und ihm (wie auch dem übrigen Vorstand) beratend zur Seite stehen.

Hilfreiches:

Mein 3000-Zeichen-Leserbrief zur WOZ-Artikelreihe über Verwahrung wurde genehmigt und in der WOZ Nr. 3/2016 vom Donnerstag 19.01.2017 unter dem Titel „Langsame Todesstrafe“ abgedruckt (s. Liste von Publikationen im Anhang).

Hoffnungsvolles:

Auf guten Erfolg im neuen Vereinsjahr!

TOD DEM SICHERHEITSWAHN – NICHT DEN PRÄVENTIV VERSORGTEN.‘

ES LEBE DIE FREIHEIT.‘

Beat Meier

ANHANG ZUM JAHRESBERICHT 2016/17 
Liste wertvoller Publikationen im Vereinsjahr 2016/17:

TA: Tages Anzeiger Zurich
WOZ: Die Wochenzeitung 
NZZ: Neue Zürcher Zeitung 
ROM: 1’Osservatore Romano 
MiZ: Migros Zeitung

– WOZ 09.07.15: „Wir gingen weit, sehr weit“ (*
Rechtsanwalt Bernard Rambert – das grosse Interview

– WOZ 10.03.16: Im Profitcenter Knast
„Die Gefangenen haben keine Lobby“- „Uns glaubt hier niemand“

– WOZ 28.04.16: Medienopferhilfe (*
In Basel wird eine Anlaufstelle für Medienopfer gegründet

– TA 07.05.16: Strafverfahren: Staat haftet für Schäden (*
Wird ein Beschuldigter frei gesprochen, muss der Staat Schadenersatz+Genugtuung leisten

– WOZ 14.07.16: „Ich fühle mich nicht befreit“ (*
Adrian Schmid; Urteil 3 Jahre +Art.64, frei nach 10 Jahren – 4 verschiedene Diagnosen!

Bericht über den Fall drei Jahre früher:
– WOZ 06.06.13: „Der Tod ist vorzuziehen“ (*
Keinen Menschen umgebracht, vergewaltigt oder verletzt. Trotzdem verwahrt

– TA 11.06.16: Strassburg rügt die Schweiz
Haftentlassunggesuch verschleppt

– NZZ 11.06.16: Zukünftige Taten bestrafen (*
Wie Risikoprognosen den Rechtsstaat aushöhlen

– WOZ 04.08.16: Sind Strafen nicht abschreckend?
Nein. Sagt Strafrechtsprofessor Marcel Niggli im Interview.

– WOZ 10.11.16: Elend und Verantwortung der forensischen Psychiatrie (* verkleinert) 
Dr. Gmürs kritischer Artikel; „Heutige Art therapeutischer Massnahmen sittenwidrig“

– ROM 11.11.16: Jeder Ort unseres Herzens wird von der Liebe Gottes erreicht (* A3)
Papstpredigt zugunsten von Strafgefangenen an der Eucharestiefeier vom 06.11.16

-MiZ 21.11.16: Gefängnisse schlecht auf Altersfrage vorbereitet
über die AGE Pöschwies, Beispielfall R.B. – teilweise beschönigend! (Kommentar BM)

und: Das lange Sterben hinter Gittern
Sozialanthropologe-Interview: Gefängnis keine Zwischenstation, sondern Endstation

– TA 03.12.16: Die neue Lust am Strafen (*
Essay von Bundesrichter Oberholzer. Härtere Strafen fuhren nicht zu mehr Sicherheit

– WOZ 15.12.16: Lange Haft jenseits der Strafe (*
3 Jahre Strafe, 11 Jahre kleine Verwahrung; Verhandlung am Obergericht Bern geheim

– WOZ 22.12.16: Weggesperrt bis die Therapie nichts mehr bringt (*
Das System macht krank – kein Interesse an Resozialisierung

– WOZ 05.01.17: „Die Angst beeinflusst die Urteile“ (*
„Man musste Mut haben, rauszulassen“ LU Oberrichterin Marianne Heer im Interview

– WOZ 19.01.17: Langsame Todesstrafe (*
Leserbrief der IG-„Fair-wahrt?“-Leitung zur WOZ-Artikelreihe zur Verwahrung

(* Für Inhaftierte: von diesen Artikeln sind Kopien jetzt verfügbar – bitte anfordern, andere auf Anfrage mit Verzögerung, da nur im (übergrossen) Original vorhanden). BM