HZ Verlegung
Email aus der Pöschwies:
Von: katharina.graf@ji.zh.ch – Mittwoch, 22. Januar 2014 09:49
Betreff: Gefangenentausch
Lieber Georges
Ich gelange mit einem relativ dringenden Ersuchen um einen Insassentausch an Dich: Es geht um unseren verwahrten GMP-Gefangenen HZ, geb. 1.7.1970. Er ist seit 2002 in der Pöschwies (seit 2004 im Normalvollzug) untergebracht, offenbar war er aber früher (1999-2001) schon mal 6 Monate in Lenzburg im SITRAK.
Nun benötigt er dringend eine Luftveränderung: Seit einiger Zeit verhält er sich gegenüber gewissen Aufsehern der Pöschwies sehr arrogant und verleumderisch, obwohl ihm um seinen Ansprüchen gerecht zu werden in den vergangenen Jahren mehr Freiheiten gewährt worden, waren als anderen. Es geht darum, dass er sich wieder mal in einem anderen Regime mit anderen Aufsichtspersonen und in einem grösseren Gruppengebilde einordnen muss. Ohne eine solche Neueinordnung ist zu befürchten dass das Fass bei uns demnächst überläuft wovon wir v.a. unser Aufsichts/ Betreuungspersonal verschonen wollen. Dies, obwohl seine Disziplinierungen sich in den letzten Jahren in erster Linie auf Verweigerung der Arbeitspflicht, Beschimpfungen und sonstiges unflätiges Benehmen etc. beschränkten. Ein Rekurs gegen die letzte Disziplinierung ist noch hängig, aber wohl mehr als aussichtslos ….
Leider hat mir Lenzburg nur einen Platz im Sitrak II anbieten können, was ohne konkreten Gewaltvorfall m.E. keine zulässige Verlegung ware.
Mit bestem Dank für Deine wohlwollende Prüfung und Deinen baldigen Bescheid
Katharina Graf, ic. jur. Justizvollzugsanstalt Pöschwies Chefin Vollzug Roostrasse 49 H81O5 Regensdorf
Aktennotiz: Als der Gefangene HZ erfahren hatte, dass er in die Strafanstalt Thorberg versetzt wird gab er laut von sich „Ich werde in ein bis zwei Monaten sowieso wieder hier sein“. Bei dieser Äusserung lachte er hämisch.
Verfügung vom 4. Juli 2014 Verwahrung gemäss Art. 43 Ziff. I Abs. 2 aStGB Gesuch um Versetzung in den Normalvollzug: Abweisung
1.1. HZ trat am 7. Mai 2002 in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Pöschwies ein. Ende 2003 nahm er beim Psychiatrisch-Psychologischen Dienst (PPD) eine freiwillige Therapie auf, welche im Sommer 2006 abgebrochen wurde. Mit Verfügung des Straf und Massnahmenvollzugs 3 (SMV3) vom 5. März 2014 wurde die bedingte Entlassung von HZ aus der Verwahrung gemäss Art. 64 Abs. 1 lit, a StGB letztmals abgelehnt. Aufgrund eines sich stetig verschlechternden Vollzugsverhaltens wurde HZ am 30. Januar 2014 in die Anstalten Thorberg versetzt. Dort fiel er weiter durch massive Störungen des Anstaltsbetriebs auf, was Ende März 2014 eine erneute Versetzung in den Sicherheitstrakt Il der JVA Lenzburg zur Folge hatte.
1.2. Mit Schreiben vom 23. Mai 2014 liess HZ sinngemäss ein Gesuch um Versetzung in den Normalvollzug bzw. eine Versetzung in die JVA Pöschwies stellen. Zur Begründung liess er ausführen, dass kein Grund für eine Einweisung in die Sicherheitsabteilung der JVA Lenzburg vorliege. Insbesondere liege keine Gefährlichkeit vor und HZ sei an einem seinem Status als Verwahrter geeigneten Platz unterzubringen.
1.3. Mit Schreiben vom 27. Mai 2014 bat der SMV3 die Justizvollzugsanstalt Lenzburg um Stellungnahme zum obengenannten Gesuch. Die Stellungnahme der genannten Institution vom 28. Mai 2014 wurde zur Einsicht und allfälligen erneuten Stellungnahme an den Rechtsvertreter von HZ weitergeleitet. Dieser äusserte sich wiederum mit Schreiben vom 2. Juli 2014 zur Stellungnahme der JVA Lenzburg.
2. 2.1. Gemäss § 126 und 127 der der Justizvollzugsordnung (JVJ) des Kantons Zürich und §7 der Hausordnung der JVA Föschwies kann der Gefangene bei erhöhter Fluchtgefahr, Gefahr der Gewaltanwendung gegenüber Dritten oder sich selbst sowie der Gefahr einer anderweitigen, schweren Störung von Ordnung und Sicherheit des Anstaltsbetriebs in die Sicherheitsabteilung der Strafanstalt eingewiesen werden. Gemäss dem Merkblatt des Strafvollzugskonkordats der Nordwest und Innerschweiz betreffend Vorgehen bei Einweisung in die Sicherheitsabteilung, welches für Gefangene in der JVA Lenzburg Anwendung findet, sind die Einweisungsgründe in die Sicherheitsabteilung deckungsgleich mit denjenigen der Hausordnung der JVA Pöschwies.
2.1.1. Gemäss dem obengenannten Bericht der JVA Lenzburg (s. Ziff. 13) sei grundsätzlich auf das Verhalten von HZ in den Anstalten Thorberg zu verweisen. Dieses sei als frech, fordernd und auflehnend zu beschreiben. Er sei nicht gewillt gewesen, sich an die Regeln der Anstalten zu halten oder Anweisungen der Betreuung entgegenzunehmen. Dies sei auch der Grund für die Einweisung in den Sicherheitstrakt li der JVA Lenzburg gewesen. Aufgrund des Verhaltens von HZ komme eine Versetzung in den Normalvollzug vor Ablauf der minimalen Aufenthaltsdauer von 6 Monaten nicht in Frage. Für die Versetzung in den Normalvollzug werde zudem ein Minimum anständigen Verhaltens vorausgesetzt.
2.1.2. Im obengenannten Schreiben vom 2. Juli 2014 (s. Ziff. 1.3.) liess HZ sinngemäss ausführen, dass grundsätzlich kein Grund vorliege, wieso er von der JVA Pöschwies in die Anstalten Thorberg und von dort in die JVA Lenzburg versetzt worden sei. Er sei ein lauter, polternder Bauer, der seine Freiheit zurückerlangen wolle. Angesichts der fehlenden Perspektive im Verwahrungsvollzug sei das Verhalten nachvollziehbar. Zudem lägen psychische Probleme vor, welche nicht mittels Disziplinierungen anzugehen seien, sondern durch eine Versetzung in ein entsprechendes Umfeld wie zum Beispiel den Normalvollzug einer Strafvollzugsinstitution. Es gelte nicht zuletzt, dass Trennungsgebot im Sinne von Art. 58 Abs. 2 StGB zu beachten, da sich HZ in einer Verwahrungsmassnahme befinde. Zudem erscheine es unverständlich, dass allfällige Berichte über HZ nicht einsehbar seien, bzw. nicht durch den SMV3 zugestellt werden. Dies stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar.
3. 3.1. Wie bereits in der Verfügung des SMV3 vom 5. März 2014 festgehalten, liess sich HZ im Vorfeld der Versetzung in die Anstalten Thorberg in der JVA Pöschwies zu wiederholten verbalen Entgleisungen hinreissen und zeigte in der Wohngruppe wie auch bei der Arbeit grenzüberschreitendes und konflikthaftes Verhalten. Um einer weiteren Eskalation vorzubeugen und zum Schutz der Betreuung der JVA Pöschwies wurde in der Folge die obengenannte Versetzung vorgenommen. Doch auch in den Anstalten Thorberg verbesserte sich das Vollzugsverhalten von HZ in keiner Weise. So verweigerte er unter anderem die Arbeit und es drohte eine Einweisung in den Arrest. HZ wurde demzufolge in den Sicherheitstrakt Il der JVA Lenzburg eingewiesen, wo er sich bis dato befindet.
Der aktuellen Stellungnahme der JVA Lenzburg kann entnommen werden, dass aufgrund des bisherigen Verhaltens die Einweisung in den Normalvollzug von HZ ausgeschlossen sei. Es gelte, die Voraussetzungen für einen Übertritt in den Normalvollzug nach insgesamt sechs Monaten erneut zu prüfen.
Bezüglich der Rüge der Nichteinhaltung des Trennungsgebots im Sinne von Art. 58 Abs. 2 StGB kann auf das Schreiben des SMV3 vom 16. April 2014 verwiesen werden, in welchem bereits darauf hingewiesen wird, dass es in der Schweiz für Verwahrte keine speziellen Abteilungen innerhalb der Institutionen gebe. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Es gilt lediglich zu bemerken, dass unter Art. 58 Abs. 2 StGB lediglich die therapeutischen Massnahmen zu subsumieren sind. Dem Vollzugsverlauf der letzten Jahre kann entnommen werden, dass HZ eine solche therapeutische Massnahme durchwegs ablehnte. Insofern erstaunt es, dass vorliegend die Nichteinhaltung des Trennungsgebots gerügt wird.
Seite 4/5. Demzufolge ist eine Versetzung von HZ in den Normalvollzug der JVA Lenzburg aktuell ausgeschlossen und der Verwahrungsvollzug ist auf dem Sicherheitstrakt il der genannten Vollzugseinrichtung einstweilen weiterzuführen.
3.2. In Bezug auf die monierte Verletzung des rechtlichen Gehörs kann auf das Schreiben des SMV3 vom 26. Mai 2014 verwiesen werden. Darin weist letzterer darauf hin, dass HZ Einsicht in die Vollzugsakten wie auch die Akten der jeweiligen Institutionen habe. Offenbar liess HZ nie davon Gebrauch machen, sondern empfindet den Verweis auf Einholung der Akten als Schikane. Dies ist nicht nachvollziehbar. Zudem wurde der Bericht der JVA Lenzburg vom 28. Mai 2014 HZ ebenfalls zur Stellungnahme unterbreitet. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist im vorliegenden Fall deshalb nicht ersichtlich.
4. Gestützt auf die obigen Ausführungen ist die Versetzung von HZ in den Normalvollzug derzeit ausgeschlossen, weshalb das Gesuch vom 23. Mai 2014 abzuweisen ist.
Der Straf und Massnahmenvollzug 3 verfugt:
I. Das Gesuch von HZ um Versetzung in den Normalvollzug vom 23. Mai 2014 wird abgewiesen.
II. HZ darf nur auf vorangehendes schriftliches Gesuch und nach ausdrücklicher Zustimmung des Straf und Massnahmenvollzugs 3 versetzt, beurlaubt oder entlassen werden.
III. Sämtliche Unregelmässigkeiten, die während des Massnahmenvollzugs auftreten, sind dem Straf und Massnahmenvollzug 3 sofort zu melden. Dies gilt speziell für Fluchten, Versetzungen in Spitäler oder Kliniken, Verletzungen von Auflagen und Weisungen, Alkoholoder Drogenmissbrauch, disziplinarische Vorfälle usw.
IV. Gegen diese Verfügung kann innert 30 Tagen, von der Mitteilung an gerechnet, bei der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, 8090 Zürich, schriftlich Rekurs eingereicht werden. Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen oder genau zu bezeichnen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen.
Rekurs des Anwalts
…
2 Der Rekurrent befindet sich seit rund 15 Jahren in Verwahrung, welche er im Wesentlichen in der JVA Pöschwies verbrachte. Wie die Vorinstanz ausführt, gibt es in der Schweiz offensichtlich keine für Verwahrte von Strafvollzugsanstalten unabhängig geführten, spezialisierten Institutionen und Anstalten (Ziff. 3.1 Abs. 3).
3 Dieser Zustand resp. die Haltung von Verwahrten in Strafanstalten verstösst gegen Art. 10 Abs. 2 und 3 BV. Der Strafvollzug ist grundsätzlich auf eine Bestrafung ausgerichtet und hat in der Organisation wie auch in der Regelung des Tagesablaufes wie auch der Behandlung der Insassen naturgemäss pönalen Charakter. Der Strafvollzug als solcher geht als Folge seines strafenden Charakters in seiner Einschränkung der persönlichen Freiheit über das hinaus, was sich zur blossen Sicherstellung der Insassen resp. ihrer zeitweiligen Fernhaltung von der Gesellschaft als notwendig erweist.
4 Die Verwahrung andererseits kann wiederum keine Einschränkungen der Lebensführung der Betroffenen mit sich bringen, welche über die Gewährung der Sicherheit der eigenen Person, des Aufsichtspersonals, der Mitinsassen und der Gesellschaft grundsätzlich hinausgehen. Sie kann so gesehen keinen pänalen Charakter haben, wie dies bei einer Strafvollzugsanstalt per definitionem der Fall ist. Die Verwahrung darf mit anderen Worten keine Einschränkungen mit sich bringen, die nicht durch den Verwahrungszweck selber gerechtfertigt sind.
5 Damit erweist sich die Haltung von Verwahrten in Strafvollzugsanstalten grundsätzlich schon als unzulässig. Es gibt in der Tat keinen einsichtigen Grund und keinerlei Veranlassung bei diesen immer langanhaltenden bis lebenslänglichen Verwahrungen, die Verwahrten einem durch seinen pönalen Charakter weitgehend bestimmten Vollzugsregime zu unterwerfen, zumal solche Verwahrungen in der überwiegenden Anzahl der Fälle aus Gründen einer besonderen Psychopathologie erfolgen. Lebenslange Bestrafung für was eigentlich? Gar für eine psychische Erkrankung?
6 Es liegt auf der Hand, bei der Haltung von Verwahrten in Strafanstalten einen Verstoss gegen Art. 10 Abs. 2 BV zu reklamieren. Insofern nämlich, als das Recht auf persönliche Freiheit und auf Bewegungsfreiheit durch den über den Verwahrungszweck hinausgehenden Strafcharakter ganz direkt eingeschränkt wird. Zudem wirkt sich eine jahre resp. jahrzehntelange pönalisierende Haltung von Verwahrten zwangsläufig auf deren körperliche und geistige Unversehrtheit aus. Es ist auch nicht einzusehen, inwiefern sich eine solche übermässige Einschränkung dieses Grundrechts im Sinne von Art. 34 und 35 BV rechtfertigen liesse.
7 Damit liegt automatisch und leicht ersichtlich ein Verstoss gegen Art. 10 Abs. 3 BV vor, welcher Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung verbietet. Desgleichen gegen die Folterkonvention im Sinne von Art. 3 EMRK und Art. 7 IPBPR. Der Entzug der persönlichen Freiheit über das durch den Verwahrungszweck bedingte Ausmass hinaus, verstösst zweifelsohne gegen die Folterkonvention, gerade deshalb, weil das Verwahrungsregime durch seine Einbettung in den Strafvollzug einen zusätzlichen pönalen Charakter erhält.
8 So gesehen müsste sich die Schweiz einmal fragen, ob sie sich im Umgang mit Verwahrten nicht der systematischen Folter schuldig macht. Der Umstand jedenfalls, dass keine entsprechenden Anstalten und geeignete Institutionen für Verwahrte in der Schweiz bestehen, vermag den bestehenden Zustand nicht zu rechtfertigen. Nicht die faktischen Verhältnisse bestimmen, ob die Menschenwürde ausreichend respektiert wird (Art. 7 By), die Achtung der Menschenwürde bestimmt, wie solche Institutionen auszusehen haben und wie ein Verwahrungsregime zu konzipieren ist.
Gemäss Definition der Folterkonvention (FK Art. 1) wird als Folter jede Handlung bezeichnet, durch die einer Person vorsätzlich grosse körperliche oder seelische Schmerzen zugefügt werden, u.a. auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, und von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes verursacht werden. Der Ausdruck erfasst selbstredend nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind. Dass die Gleichbehandlung von Verwahrten mit Strafgefangenen eine Diskriminierung darstellt, ist evident.
9 Es geht also nicht um die mit der Verwahrung automatisch einhergehenden seelischen Leiden und Schmerzen der Betroffenen, sondern um diejenigen Leiden und Schmerzen, die allein durch die mit dem strafenden Charakter des Strafvollzuges zusätzlich bedingten Einschränkungen der Freiheit und Behinderungen in der Lebensgestaltung zwangsläufig verbunden sind und das an sich schon triste Los der Verwahrten zusätzlich verschlimmern. Es geht noch etwas anders gesagt, um die Durchwirkung des Verwahrungsregimes mit unnötigen pönalen Elementen. Damit sind insbesondere die damit einhergehenden Langzeitschäden resp. Folgen gemeint.
10 Wie auch immer, jeder Staat hat gesetzgeberische, verwaltungsmässige und sonstige Massnahmen zu treffen, die Folterungen in welcher Form auch immer zu verhindern (FK Art. 2 Abs. 1). Es gibt keine Gründe, welche Folterungen rechtfertigen könnten (FK Art. 2 Abs. 2). Weisungen von Vorgesetzten oder einem Träger öffentlicher Gewalt dürfen nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden. Insofern können auch keine Gesetze oder Verordnungen Bestand haben, welche solche Folterregime aufrechterhalten. Folterhandlungen gelten als Straftaten (FK Art. 3 Abs. 2).
12 Im Kontext der Verwahrung den eigentlichen Folterbegriff zu diskutieren erscheint durchaus angebracht. Art. 64 Ziff. 4 StGB, welcher die Verwahrung auch in einer Strafanstalt vorsieht, verstösst nicht nur gegen die Verfassung, was mangels Verfassungsbeschwerde leider nicht überprüft werden kann, sondern auch gegen internationale Konventionen. Diese Regelung im Strafrecht, welche gemäss Gesetzestext eine Verwahrung in einer Strafanstalt zulässt, ist vor dem Hintergrund der verpflichtenden Normen der einschlägigen Konventionen als unbeachtlich zu betrachten.
13 Selbst wenn man vom engen Begriff der Folter absehen wollte, dann müsste eine solche Knasthaltung von Verwahrten zumindest als grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung betrachtet werden. Bei der dargelegten, banalen und jedem verständigen Bürger zugänglichen Betrachtungsweise ergibt sich automatisch, dass der Rekurrent aus dem Strafvollzug zu entlassen ist, in eine Institution, die ausschliesslich dem Verwahrungscharakter Rechnung trägt und darüber hinaus nicht noch pönalisierende Züge trägt. Wenn eine solche Institution nicht besteht oder umgehend geschaffen werden kann, ist der Rekurrent eben auf freien Fuss zu setzen.
C. Vorsorgliche Massnahme
14 Der Rekurrent befindet sich seit Ende März 2014 in der Sicherheitsabteilung der JVA Lenzburg mit dem Namen Sitrak II. Dort werden gemäss Justizvollzugsordnung (JVV) Schwerverbrecher, von denen die Gefahr einer Gewaltanwendung oder sonstwie die Gefahr einer anderweitigen, schweren Störung von Ordnung und Sicherheit des Anstaltsbetriebes ausgeht, eingewiesen. Wenn der Rekurrent grundsätzlich nicht in eine Strafanstalt gehört, gehört er noch weniger in die Sicherheitsabteilung einer solchen. Also ist er zu entlassen und in einer geeigneten Institution unterzubringen, sollte tatsächlich ein erhöhter Sicherheitsbedarf ausgemacht werden können.
15 Aus dem EMail der Chefin des Vollzugs in der Pöschwies, Katharina Graf, vom 22. Januar 2014 (Beilage 2) an den inzwischen wegen Korruptionsvorwürfen des Amtes enthobenen Direktor der JVA Thorberg, Georges Caviccio, gehen die Gründe für eine Verlegung aus der Pöschwies nach Thorberg und dann in die Sicherheitsabteilung Lenzburg unverblümt hervor. Die Vollzugschefin schreibt als Grund für die Verlegung wörtlich: „Nun benötigt er dringend eine Luftveränderung.“ Sie verweist gleichzeitig darauf, dass sich die Disziplinierungen während der letzten Jahre in erster Linie auf unflätiges Benehmen beschränkt haben. Eingeräumt wird also, dass keine Gewaltproblematik vorliegt. Selbstverständlich sind der Vollzugschefin die prekären Zustände in Thorberg bekannt.
16 Dieser total zynische Ausdruck „Luftveränderung“ heisst wohl nichts anderes als „weil es ihm gut tut“ und weiter „der Mann braucht dringend eine Lektion“. Am Schluss ihres Mails schreibt die Chefin Vollzug noch, dass ihr Lenzburg leider nur einen Platz im Sicherheitstrakt II habe anbieten können, was ohne konkreten Gewaltvorfall ihres Erachtens keine zulässige Verlegung wäre (EMail Abs. 3). Nach einem nur kurzen Aufenthalt auf Thorberg wurde
der Rekurrent dann in diesen Platz im Sitrak II eingewiesen, ohne dass es zu einem Gewaltvorfall gekommen wäre. Nimmt man die Vollzugschefin ernst, wären diese Einweisung und der Aufenthalt unzulässig. Für einen Strafgefangenen wohlverstanden, für einen Verwahrten ohnehin.
17 Da die JVA Thorberg einem modernen Strafvollzug gemäss Expertenberichten 25 Jahre hinterher hinkt – eine Thematik, die in den letzten Monaten in der Presse immer wieder behandelt wurde – hatte diese durch die Chefin Strafvollzug angeordnete Versetzung klar den Charakter einer Sanktion. Zuerst wurde der Rekurrent in einer Viererzelle gehalten, dann später in eine Einzelzelle im Dachgeschoss gesperrt oder besser gesagt eingelocht, welche ein Ausmass von rund acht Quadratmeter hatte. Der verbliebene freie Raum umfasste weniger Quadratmeter, als gemäss Tierschutzgesetz und einschlägigen Verordnungen für die Haltung eines männlichen Zuchtschweins vorgesehen sind. Auf unseren Protest hin wurde der Rekurrent in den Sitrak II nach Lenzburg verlegt, wo er gebrochen werden sollte. Damit wurde die Retorsionsschraube weiter gedreht.
18 Die Vorinstanz hält sich mit der Begründung dieser Einweisung in den Sitrak II bedeckt, was nachvollziehbar ist, da sich diese ja nicht rechtfertigen lässt. Zumindest wenn es nach der Chefin Vollzug geht, die es eigentlich wissen müsste. Da keine Gewaltvorfälle genannt werden können, wird ganz allgemein auf das Verhalten in der Pöschwies und auf dem Thorberg verwiesen. Die konkreten Verfälle werden jedoch nicht angesprochen, kein einziges signifikantes Beispiel wird diskutiert. Der von uns gerügten Verweigerung des rechtlichen Gehörs wird entgegnet, wir hätten uns ja selber um die Akten bemühen können. Das ist ein Witz, selbstverständlich können wir nicht darüber spekulieren, was für die Vorinstanz entscheidrelevant gewesen sein könnte. Was sollen wir in einem Wust von Vollzugsakten blättern. Die Gründe für die Einweisung gehören auf den Tisch.
19 Die Vorinstanz verweigert mit andern Worten in ihrer Verfügung einmal mehr das rechtliche Gehör, sehr wohl aus dem Wissen heraus, dass die geltend gemachten Grenzüberschreitungen und gelegentlichen Unflätigkeiten des Rekurrenten wenig ernsthaften bis lächerlichen Charakter haben. Stattdessen wird verallgemeinert und aufgebauscht. Der Rekurrent ist ein poltern Älpler, der die Eigenschaft hat, zu sagen, was ihn bewegt und was er denkt. Die Notwendigkeit und Angemessenheit dieser Versetzung in den Hochsicherheitstrakt mit all den zusätzlichen Erschwerungen und Einschränkungen wären vom Strafvollzug darzutun. Mit andern Worten, es gibt keinen sachlichen Grund, welcher den Aufenthalt meines Klienten in diesem Sitrak II rechtfertigen könnte. Und alle Beteiligten wissen das. Die Chefin Vollzug, der Bereichsleiter Affolter wie auch der Fallverantwortliche Herter. Die Einweisung erfolgte wider besseres Wissen.
20 Da die JVA Lenzburg offensichtlich keine freien Plätze hatte, wir stützen uns auf das EMail der Chefin Vollzug JVA Pöschwies, Katharina Graf, konnte der Rekurrent offensichtlich nicht in den Normalvollzug in Lenzburg versetzt werden, weshalb er vorerst nach Thorberg verfrachtet wurde, einer Anstalt, die mit der Vermietung ihrer miesen Plätze an andre Kantone gutes Geld generierte. Die Vorinstanz führte zu einer solchen Versetzung nun aktuell aus, der Stellungnahme der JVA Lenzburg könne entnommen werden, dass aufgrund des bisherigen Verhaltens des Rekurrenten im Sitrak II die Einweisung in den Normalvollzug ausgeschlossen sei. Es gelte die Voraussetzungen für einen Übertritt in den Normalvollzug nach insgesamt sechs Monaten erneut zu prüfen.
21 Wir hätten uns brennend dafür interessiert, was denn der Rekurrent während seines Aufenthaltes im Sitrak II so falsch gemacht hat, dass eine Entlassung aus diesem Hochsicherheitstrakt nicht in Frage kommen kann. Mit einer allgemeinen Floskel können wir uns nicht zufrieden geben. So baten wir die Vorinstanz darum, uns den entsprechenden Bericht zu überlassen. Die Vorinstanz verweigerte uns die Herausgabe dieses Berichts und verwies uns auf die Vollzugsakten der JVA Lenzburg, welche uns bei unserer Nachfrage ganz einfach die Akteneinsicht verweigerte. Wir können uns also weder damit auseinandersetzen, weshalb sich der Rekurrent heute in diesem Sitrak II befindet noch damit, weshalb er nicht entlassen werden kann. Auch hier wieder eine krasse Verweigerung des rechtlichen Gehörs.
22 Was für einen Strafgefangenen bei den gegebenen Voraussetzungen allenfalls noch angehen könnte, muss bei einem Verwahrten nicht ebenfalls die Regel sein. Wenn der Rekurrent sich nach Auffassung der Strafvollzugsbehörde wegen einer besonderen psychischen Disposition in der Verwahrung befindet und verschiedene Persönlichkeitszüge als krankhaft oder nicht veränderbar angesehen werden, dann ist es widersinnig, ihn wegen der sich aus einer solchen Veranlagung ergebenden verbalen Impulsivität, Distanzlosigkeit und allenfalls Direktheit zu disziplinieren oder in einen Hochsicherheitstrakt zu werfen. Einen Kranken wegen seiner Krankheit zu bestrafen ist geradezu idiotisch und verstösst mit Bestimmtheit gegen das Folterverbot. Man kann Fusspilz auch mit Prügeln bekämpfen!
23 Es kann nicht sein, dass jemand für ein als lästig empfundenes Krankheitsbild mit harmlosen Ausmassen sanktioniert wird. Und um genau das geht es vorliegend. Es handelt sich bei dieser TourdeKnast, auf welche der Rekurrent geschickt wurde, um eine eigentliche Disziplinierung, einen massiven Eingriff in das ohnehin schon unzulässig eingeschränkte Verwahrtenleben des Rekurrenten in der Strafanstalt Pöschwies. Der Rekurrent braucht diesfalls nicht überfordertes Wachpersonal, das sich sofort betupft fühlt, wenn er etwas laut wird und poltert, sondern um professionelles Pflegepersonal, das mit solchen, als harmlos zu qualifizierenden verbalen Manifestationen umgehen kann. Wohlverstanden, der Rekurrent hat sich während seiner Verwahrung nie eines tätlichen Übergriffs schuldig gemacht.
24 Im Übrigen ist es so, dass der Rekurrent von gewissen Wärtern sehr oft ganz bewusst provoziert wird, weil mit einer lautstarken Reaktion gerechnet werden kann. Zuweilen werden echt fiese Spielchen getrieben. So verschwanden aus einem Brief an die Mutter des Rekurrenten kurz vor Weihnachten bei der Postkontrolle in der Zentrale der JVA Pöschwies Fr. 50-. und ein Foto, welches den Rekurrenten mit seiner Mutter zeigt, als er noch sehr klein war. Ein Bild aus glücklichen Tagen. Kurz nach Erstellung dieses Fotos wurde er damals seiner jenischen Mutter weggenommen und als Verdingkind auf eine Alp verfrachtet, wo er als Arbeitskraft ausgebeutet wurde und mehr mit den Tieren im Stall lebte als mit der Familie in der guten Stube.
25 Der Rekurrent hat seine leibliche Mutter nach über vierzig Jahren erst wieder vor einigen Monaten ausfindig machen können, sodass ihn dieser Verlust zutiefst traf, es ging ja um ein Geschenk an seine Mutter und das einzige Foto, das er als gemeinsame Erinnerung aus seiner Kindheit hatte. Dieser Verlust bewegte den Rekurrenten zu einer Strafanzeige, was die Situation eskalieren liess. Genau dafür wurde er letztlich sanktioniert. Er hatte sich erlaubt, sich gegen einen perfiden Übergriff zu wehren. Ich persönlich zweifle keinen Moment daran, dass es sich um eine bewusste Provokation handelte. Ein gewalttätiger Ausbruch wäre insofern erwünscht innig erwünscht sogar! als man endliche einen Grund hätte, den Rekurrenten zwangsweise mit hochpotenten Neuroleptika behandeln und zu sedieren.
26 Vollzugsrealität eben. Ich wäre gerne bereit, diesen Punkt noch zu vertiefen, was den Rahmen dieser Eingabe allerdings sprengen würde. Vielleicht noch zwei Beispiele für den Umgang mit dem Rekurrenten. Der Aufseher Dresely erstellte am 29. Januar 2014 folgende Aktennotiz: Als
der Gefangene HZ erfahren hatte, dass er in die Strafanstalt Thorberg versetzt wird, gab er laut von sich „Ich werde in ein bis zwei Monaten sowieso wieder hier sein“. Bei dieser Äusserung lachte er hämisch.“ Der Rekurrent soll hämisch gelacht haben! Die vorausgehende Provokation von Dresely wird selbstverständlich nicht erwähnt. Dieses Beispiel zeigt ein kindisches, gleichwohl aber besonders widerwärtiges und bösartiges Denunziantentum einer Aufsichtsperson.
27 Die von der Vollzugschefin verwendete Formulierung „Nun benötigt er dringend eine Luftveränderung“ zeigt, wie locker und leicht menschenverachtend und entwürdigend zugleich solche krassen Eingriffe in das Leben eines Verwahrten wahrgenommen und inszeniert werden. Luftveränderung als Codewort für eine krasse Strafaktion, die in einer Stallhaltung in Thorberg begann, mit einer grausamen Isolationshaft im Sitrak II in Lenzburg getoppt wurde und offenbar noch weitere sechs Monate dauern soll. So als Gefälligkeit unter Vollzugskollegen. Lieber Georges, hau du auch ein bisschen zu! Ist das der Klartext? Über den entsprechenden Mailverkehr mit Lenzburg verfügen wir nicht. Worte verraten hier jedenfalls mehr als nur eine befremdliche Gesinnung der Vollzugschefin, sie lassen unweigerlich die beunruhigende Frage nach der emotionalen Verfassung und einer möglichen sadistischen Einfärbung hoch kommen.
28 Jedes Land hat nun einmal sein Guantanamo. Und die Sprache ist immer verräterisch Ist zum Beispiel waterboarding eine pflegliche Mithilfe bei der Morgentoilette? Dass angesichts der gesamten Umstände die Vorstellung aufkommt und ziemlich konkret Gestalt annimmt, dass es sich bei dieser Strafaktion, für welche die Chefin Vollzug höchst persönlich verantwortlich zeichnet, um eine Form von Folter handeln kann, ist nachvollziehbar und einer vertieften Betrachtung wert. Die Frage nach dem Vorliegen von Amtsmissbrauch, Freiheitsberaubung und Nötigung wird jedenfalls ernsthaft zu
prüfen sein. Eine entsprechende Strafanzeige muss ich mir ausdrücklich vorbehalten.
29 Wie auch immer, im Sinne einer Sofortmassnahme rechtfertigt es sich, den Rekurrenten umgehend aus diesem Hochsicherheitstrakt der JVA Lenzburg zu entlassen und während des laufenden Verfahrens im Sinne einer Schadensminderung in den Normalvollzug zu versetzen. Zum einen weil es objektiv keine Gründe für eine solche Bestrafungsaktion gibt, zum andern, weil er als Verwahrter im Hochsicherheitstrakt einer Strafanstalt ganz einfach nichts zu suchen hat. Wenn sich im Kontext einer Verwahrung ein erhöhter Sicherheitsbedarf eingestellt hätte, was vorliegend bestritten wird, dann wäre ein solcher Vollzug nur gerade in einer speziellen Institution mit entsprechend ausgebildetem Personal zu vollziehen.
D. Unentgeltliche Rechtspflege
30 Dass dem Rekurrenten die unentgeltliche Prozessführung und in der Person des Unterzeichnenden der unentgeltliche Rechtsbeistand zu gewähren ist, liegt auf der Hand. Wie aus den Akten hervorgeht, ist der Rekurrent ohne Einkommen und ohne Vermögen, was nach einer Verwahrungszeit von 15 Jahren auch naheliegend ist. Das vorliegend angestrengte Verfahren ist mit Bestimmtheit nicht aussichtslos, nachdem die Chefin Vollzug ja selber festgestellt hat, dass ohne konkreten Gewaltvorfall eine Versenkung im Sitrak II keine zulässige Verlegung wäre). Dass diese Versenkung im Hochsicherheitstrakt unzulässig war, darf deshalb als erstellt betrachtet werden. Ich beantrage hier noch ausdrücklich die Einvernahme der Chefin Vollzug Katharina Graf.