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Email aus der Pöschwies:

Von: katharina.graf@ji.zh.ch – Mittwoch, 22. Januar 2014 09:49
Betreff: Gefangenentausch

Lieber Georges
Ich gelange mit einem relativ dringenden Ersuchen um einen Insassentausch an Dich: Es geht um unseren verwahrten GMP-Gefangenen HZ, geb. 1.7.1970. Er ist seit 2002 in der Pöschwies (seit 2004 im Normalvollzug) untergebracht, offenbar war er aber früher (1999-2001) schon mal 6 Monate in Lenzburg im SITRAK.

Nun benötigt er dringend eine Luftveränderung: Seit einiger Zeit verhält er sich gegenüber gewissen Aufsehern der Pöschwies sehr arrogant und verleumderisch, obwohl ihm um seinen Ansprüchen gerecht zu werden in den vergangenen Jahren mehr Freiheiten gewährt worden, waren als anderen. Es geht darum, dass er sich wieder mal in einem anderen Regime mit anderen Aufsichtspersonen und in einem grösseren Gruppengebilde einordnen muss. Ohne eine solche Neueinordnung ist zu befürchten dass das Fass bei uns demnächst überläuft wovon wir v.a. unser Aufsichts/ Betreuungspersonal verschonen wollen. Dies, obwohl seine Disziplinierungen sich in den letzten Jahren in erster Linie auf Verweigerung der Arbeitspflicht, Beschimpfungen und sonstiges unflätiges Benehmen etc. beschränkten. Ein Rekurs gegen die letzte Disziplinierung ist noch hängig, aber wohl mehr als aussichtslos ….

Leider hat mir Lenzburg nur einen Platz im Sitrak II anbieten können, was ohne konkreten Gewaltvorfall m.E. keine zulässige Verlegung ware.

Mit bestem Dank für Deine wohlwollende Prüfung und Deinen baldigen Bescheid
Katharina Graf, ic. jur. Justizvollzugsanstalt Pöschwies Chefin Vollzug Roostrasse 49 H81O5 Regensdorf


Aktennotiz: Als der Gefangene HZ erfahren hatte, dass er in die Strafanstalt Thorberg versetzt wird gab er laut von sich „Ich werde in ein bis zwei Monaten sowieso wieder hier sein“. Bei dieser Äusserung lachte er hämisch.


Verfügung vom 4. Juli 2014 Verwahrung gemäss Art. 43 Ziff. I Abs. 2 aStGB Gesuch um Versetzung in den Normalvollzug: Abweisung

1.1. HZ trat am 7. Mai 2002 in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Pöschwies ein. Ende 2003 nahm er beim Psychiatrisch-Psychologischen Dienst (PPD) eine freiwillige Therapie auf, welche im Sommer 2006 abgebrochen wurde. Mit Verfügung des Straf und Massnahmenvollzugs 3 (SMV3) vom 5. März 2014 wurde die bedingte Entlassung von HZ aus der Verwahrung gemäss Art. 64 Abs. 1 lit, a StGB letztmals abgelehnt. Aufgrund eines sich stetig verschlechternden Vollzugsverhaltens wurde HZ am 30. Januar 2014 in die Anstalten Thorberg versetzt. Dort fiel er weiter durch massive Störungen des Anstaltsbetriebs auf, was Ende März 2014 eine erneute Versetzung in den Sicherheitstrakt Il der JVA Lenzburg zur Folge hatte.

1.2. Mit Schreiben vom 23. Mai 2014 liess HZ sinngemäss ein Gesuch um Versetzung in den Normalvollzug bzw. eine Versetzung in die JVA Pöschwies stellen. Zur Begründung liess er ausführen, dass kein Grund für eine Einweisung in die Sicherheitsabteilung der JVA Lenzburg vorliege. Insbesondere liege keine Gefährlichkeit vor und HZ sei an einem seinem Status als Verwahrter geeigneten Platz unterzubringen.

1.3. Mit Schreiben vom 27. Mai 2014 bat der SMV3 die Justizvollzugsanstalt Lenzburg um Stellungnahme zum obengenannten Gesuch. Die Stellungnahme der genannten Institution vom 28. Mai 2014 wurde zur Einsicht und allfälligen erneuten Stellungnahme an den Rechtsvertreter von HZ weitergeleitet. Dieser äusserte sich wiederum mit Schreiben vom 2. Juli 2014 zur Stellungnahme der JVA Lenzburg.

2. 2.1. Gemäss § 126 und 127 der der Justizvollzugsordnung (JVJ) des Kantons Zürich und §7 der Hausordnung der JVA Föschwies kann der Gefangene bei erhöhter Fluchtgefahr, Gefahr der Gewaltanwendung gegenüber Dritten oder sich selbst sowie der Gefahr einer anderweitigen, schweren Störung von Ordnung und Sicherheit des Anstaltsbetriebs in die Sicherheitsabteilung der Strafanstalt eingewiesen werden. Gemäss dem Merkblatt des Strafvollzugskonkordats der Nordwest und Innerschweiz betreffend Vorgehen bei Einweisung in die Sicherheitsabteilung, welches für Gefangene in der JVA Lenzburg Anwendung findet, sind die Einweisungsgründe in die Sicherheitsabteilung deckungsgleich mit denjenigen der Hausordnung der JVA Pöschwies.

2.1.1. Gemäss dem obengenannten Bericht der JVA Lenzburg (s. Ziff. 13) sei grundsätzlich auf das Verhalten von HZ in den Anstalten Thorberg zu verweisen. Dieses sei als frech, fordernd und auflehnend zu beschreiben. Er sei nicht gewillt gewesen, sich an die Regeln der Anstalten zu halten oder Anweisungen der Betreuung entgegenzunehmen. Dies sei auch der Grund für die Einweisung in den Sicherheitstrakt li der JVA Lenzburg gewesen. Aufgrund des Verhaltens von HZ komme eine Versetzung in den Normalvollzug vor Ablauf der minimalen Aufenthaltsdauer von 6 Monaten nicht in Frage. Für die Versetzung in den Normalvollzug werde zudem ein Minimum anständigen Verhaltens vorausgesetzt.

2.1.2. Im obengenannten Schreiben vom 2. Juli 2014 (s. Ziff. 1.3.) liess HZ sinngemäss ausführen, dass grundsätzlich kein Grund vorliege, wieso er von der JVA Pöschwies in die Anstalten Thorberg und von dort in die JVA Lenzburg versetzt worden sei. Er sei ein lauter, polternder Bauer, der seine Freiheit zurückerlangen wolle. Angesichts der fehlenden Perspektive im Verwahrungsvollzug sei das Verhalten nachvollziehbar. Zudem lägen psychische Probleme vor, welche nicht mittels Disziplinierungen anzugehen seien, sondern durch eine Versetzung in ein entsprechendes Umfeld wie zum Beispiel den Normalvollzug einer Strafvollzugsinstitution. Es gelte nicht zuletzt, dass Trennungsgebot im Sinne von Art. 58 Abs. 2 StGB zu beachten, da sich HZ in einer Verwahrungsmassnahme befinde. Zudem erscheine es unverständlich, dass allfällige Berichte über HZ nicht einsehbar seien, bzw. nicht durch den SMV3 zugestellt werden. Dies stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar.

3. 3.1. Wie bereits in der Verfügung des SMV3 vom 5. März 2014 festgehalten, liess sich HZ im Vorfeld der Versetzung in die Anstalten Thorberg in der JVA Pöschwies zu wiederholten verbalen Entgleisungen hinreissen und zeigte in der Wohngruppe wie auch bei der Arbeit grenzüberschreitendes und konflikthaftes Verhalten. Um einer weiteren Eskalation vorzubeugen und zum Schutz der Betreuung der JVA Pöschwies wurde in der Folge die obengenannte Versetzung vorgenommen. Doch auch in den Anstalten Thorberg verbesserte sich das Vollzugsverhalten von HZ in keiner Weise. So verweigerte er unter anderem die Arbeit und es drohte eine Einweisung in den Arrest. HZ wurde demzufolge in den Sicherheitstrakt Il der JVA Lenzburg eingewiesen, wo er sich bis dato befindet.

Der aktuellen Stellungnahme der JVA Lenzburg kann entnommen werden, dass aufgrund des bisherigen Verhaltens die Einweisung in den Normalvollzug von HZ ausgeschlossen sei. Es gelte, die Voraussetzungen für einen Übertritt in den Normalvollzug nach insgesamt sechs Monaten erneut zu prüfen.
Bezüglich der Rüge der Nichteinhaltung des Trennungsgebots im Sinne von Art. 58 Abs. 2 StGB kann auf das Schreiben des SMV3 vom 16. April 2014 verwiesen werden, in welchem bereits darauf hingewiesen wird, dass es in der Schweiz für Verwahrte keine speziellen Abteilungen innerhalb der Institutionen gebe. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Es gilt lediglich zu bemerken, dass unter Art. 58 Abs. 2 StGB lediglich die therapeutischen Massnahmen zu subsumieren sind. Dem Vollzugsverlauf der letzten Jahre kann entnommen werden, dass HZ eine solche therapeutische Massnahme durchwegs ablehnte. Insofern erstaunt es, dass vorliegend die Nichteinhaltung des Trennungsgebots gerügt wird.
Seite 4/5. Demzufolge ist eine Versetzung von HZ in den Normalvollzug der JVA Lenzburg aktuell ausgeschlossen und der Verwahrungsvollzug ist auf dem Sicherheitstrakt il der genannten Vollzugseinrichtung einstweilen weiterzuführen.

3.2. In Bezug auf die monierte Verletzung des rechtlichen Gehörs kann auf das Schreiben des SMV3 vom 26. Mai 2014 verwiesen werden. Darin weist letzterer darauf hin, dass HZ Einsicht in die Vollzugsakten wie auch die Akten der jeweiligen Institutionen habe. Offenbar liess HZ nie davon Gebrauch machen, sondern empfindet den Verweis auf Einholung der Akten als Schikane. Dies ist nicht nachvollziehbar. Zudem wurde der Bericht der JVA Lenzburg vom 28. Mai 2014 HZ ebenfalls zur Stellungnahme unterbreitet. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist im vorliegenden Fall deshalb nicht ersichtlich.

4. Gestützt auf die obigen Ausführungen ist die Versetzung von HZ in den Normalvollzug derzeit ausgeschlossen, weshalb das Gesuch vom 23. Mai 2014 abzuweisen ist.

Der Straf und Massnahmenvollzug 3 verfugt:

I. Das Gesuch von HZ um Versetzung in den Normalvollzug vom 23. Mai 2014 wird abgewiesen.

II. HZ darf nur auf vorangehendes schriftliches Gesuch und nach ausdrücklicher Zustimmung des Straf und Massnahmenvollzugs 3 versetzt, beurlaubt oder entlassen werden.

III. Sämtliche Unregelmässigkeiten, die während des Massnahmenvollzugs auftreten, sind dem Straf und Massnahmenvollzug 3 sofort zu melden. Dies gilt speziell für Fluchten, Versetzungen in Spitäler oder Kliniken, Verletzungen von Auflagen und Weisungen, Alkoholoder Drogenmissbrauch, disziplinarische Vorfälle usw.

IV. Gegen diese Verfügung kann innert 30 Tagen, von der Mitteilung an gerechnet, bei der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, 8090 Zürich, schriftlich Rekurs eingereicht werden. Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen oder genau zu bezeichnen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen.


Rekurs des Anwalts


2 Der Rekurrent befindet sich seit rund 15 Jahren in Verwahrung, welche er im Wesentlichen in der JVA Pöschwies verbrachte. Wie die Vorinstanz ausführt, gibt es in der Schweiz offensichtlich keine für Verwahrte von Strafvollzugsanstalten unabhängig geführten, spezialisierten Institutionen und Anstalten (Ziff. 3.1 Abs. 3).

3 Dieser Zustand resp. die Haltung von Verwahrten in Strafanstalten verstösst gegen Art. 10 Abs. 2 und 3 BV. Der Strafvollzug ist grundsätzlich auf eine Bestrafung ausgerichtet und hat in der Organisation wie auch in der Regelung des Tagesablaufes wie auch der Behandlung der Insassen naturgemäss pönalen Charakter. Der Strafvollzug als solcher geht als Folge seines strafenden Charakters in seiner Einschränkung der persönlichen Freiheit über das hinaus, was sich zur blossen Sicherstellung der Insassen resp. ihrer zeitweiligen Fernhaltung von der Gesellschaft als notwendig erweist.

4 Die Verwahrung andererseits kann wiederum keine Einschränkungen der Lebensführung der Betroffenen mit sich bringen, welche über die Gewährung der Sicherheit der eigenen Person, des Aufsichtspersonals, der Mitinsassen und der Gesellschaft grundsätzlich hinausgehen. Sie kann so gesehen keinen pänalen Charakter haben, wie dies bei einer Strafvollzugsanstalt per definitionem der Fall ist. Die Verwahrung darf mit anderen Worten keine Einschränkungen mit sich bringen, die nicht durch den Verwahrungszweck selber gerechtfertigt sind.

5 Damit erweist sich die Haltung von Verwahrten in Strafvollzugsanstalten grundsätzlich schon als unzulässig. Es gibt in der Tat keinen einsichtigen Grund und keinerlei Veranlassung bei diesen immer langanhaltenden bis lebenslänglichen Verwahrungen, die Verwahrten einem durch seinen pönalen Charakter weitgehend bestimmten Vollzugsregime zu unterwerfen, zumal solche Verwahrungen in der überwiegenden Anzahl der Fälle aus Gründen einer besonderen Psychopathologie erfolgen. Lebenslange Bestrafung für was eigentlich? Gar für eine psychische Erkrankung?

6 Es liegt auf der Hand, bei der Haltung von Verwahrten in Strafanstalten einen Verstoss gegen Art. 10 Abs. 2 BV zu reklamieren. Insofern nämlich, als das Recht auf persönliche Freiheit und auf Bewegungsfreiheit durch den über den Verwahrungszweck hinausgehenden Strafcharakter ganz direkt eingeschränkt wird. Zudem wirkt sich eine jahre resp. jahrzehntelange pönalisierende Haltung von Verwahrten zwangsläufig auf deren körperliche und geistige Unversehrtheit aus. Es ist auch nicht einzusehen, inwiefern sich eine solche übermässige Einschränkung dieses Grundrechts im Sinne von Art. 34 und 35 BV rechtfertigen liesse.

7 Damit liegt automatisch und leicht ersichtlich ein Verstoss gegen Art. 10 Abs. 3 BV vor, welcher Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung verbietet. Desgleichen gegen die Folterkonvention im Sinne von Art. 3 EMRK und Art. 7 IPBPR. Der Entzug der persönlichen Freiheit über das durch den Verwahrungszweck bedingte Ausmass hinaus, verstösst zweifelsohne gegen die Folterkonvention, gerade deshalb, weil das Verwahrungsregime durch seine Einbettung in den Strafvollzug einen zusätzlichen pönalen Charakter erhält.

8 So gesehen müsste sich die Schweiz einmal fragen, ob sie sich im Umgang mit Verwahrten nicht der systematischen Folter schuldig macht. Der Umstand jedenfalls, dass keine entsprechenden Anstalten und geeignete Institutionen für Verwahrte in der Schweiz bestehen, vermag den bestehenden Zustand nicht zu rechtfertigen. Nicht die faktischen Verhältnisse bestimmen, ob die Menschenwürde ausreichend respektiert wird (Art. 7 By), die Achtung der Menschenwürde bestimmt, wie solche Institutionen auszusehen haben und wie ein Verwahrungsregime zu konzipieren ist.

Gemäss Definition der Folterkonvention (FK Art. 1) wird als Folter jede Handlung bezeichnet, durch die einer Person vorsätzlich grosse körperliche oder seelische Schmerzen zugefügt werden, u.a. auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, und von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes verursacht werden. Der Ausdruck erfasst selbstredend nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind. Dass die Gleichbehandlung von Verwahrten mit Strafgefangenen eine Diskriminierung darstellt, ist evident.

9 Es geht also nicht um die mit der Verwahrung automatisch einhergehenden seelischen Leiden und Schmerzen der Betroffenen, sondern um diejenigen Leiden und Schmerzen, die allein durch die mit dem strafenden Charakter des Strafvollzuges zusätzlich bedingten Einschränkungen der Freiheit und Behinderungen in der Lebensgestaltung zwangsläufig verbunden sind und das an sich schon triste Los der Verwahrten zusätzlich verschlimmern. Es geht noch etwas anders gesagt, um die Durchwirkung des Verwahrungsregimes mit unnötigen pönalen Elementen. Damit sind insbesondere die damit einhergehenden Langzeitschäden resp. Folgen gemeint.

10 Wie auch immer, jeder Staat hat gesetzgeberische, verwaltungsmässige und sonstige Massnahmen zu treffen, die Folterungen in welcher Form auch immer zu verhindern (FK Art. 2 Abs. 1). Es gibt keine Gründe, welche Folterungen rechtfertigen könnten (FK Art. 2 Abs. 2). Weisungen von Vorgesetzten oder einem Träger öffentlicher Gewalt dürfen nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden. Insofern können auch keine Gesetze oder Verordnungen Bestand haben, welche solche Folterregime aufrechterhalten. Folterhandlungen gelten als Straftaten (FK Art. 3 Abs. 2).

12 Im Kontext der Verwahrung den eigentlichen Folterbegriff zu diskutieren erscheint durchaus angebracht. Art. 64 Ziff. 4 StGB, welcher die Verwahrung auch in einer Strafanstalt vorsieht, verstösst nicht nur gegen die Verfassung, was mangels Verfassungsbeschwerde leider nicht überprüft werden kann, sondern auch gegen internationale Konventionen. Diese Regelung im Strafrecht, welche gemäss Gesetzestext eine Verwahrung in einer Strafanstalt zulässt, ist vor dem Hintergrund der verpflichtenden Normen der einschlägigen Konventionen als unbeachtlich zu betrachten.

13 Selbst wenn man vom engen Begriff der Folter absehen wollte, dann müsste eine solche Knasthaltung von Verwahrten zumindest als grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung betrachtet werden. Bei der dargelegten, banalen und jedem verständigen Bürger zugänglichen Betrachtungsweise ergibt sich automatisch, dass der Rekurrent aus dem Strafvollzug zu entlassen ist, in eine Institution, die ausschliesslich dem Verwahrungscharakter Rechnung trägt und darüber hinaus nicht noch pönalisierende Züge trägt. Wenn eine solche Institution nicht besteht oder umgehend geschaffen werden kann, ist der Rekurrent eben auf freien Fuss zu setzen.

C. Vorsorgliche Massnahme

14 Der Rekurrent befindet sich seit Ende März 2014 in der Sicherheitsabteilung der JVA Lenzburg mit dem Namen Sitrak II. Dort werden gemäss Justizvollzugsordnung (JVV) Schwerverbrecher, von denen die Gefahr einer Gewaltanwendung oder sonstwie die Gefahr einer anderweitigen, schweren Störung von Ordnung und Sicherheit des Anstaltsbetriebes ausgeht, eingewiesen. Wenn der Rekurrent grundsätzlich nicht in eine Strafanstalt gehört, gehört er noch weniger in die Sicherheitsabteilung einer solchen. Also ist er zu entlassen und in einer geeigneten Institution unterzubringen, sollte tatsächlich ein erhöhter Sicherheitsbedarf ausgemacht werden können.

15 Aus dem EMail der Chefin des Vollzugs in der Pöschwies, Katharina Graf, vom 22. Januar 2014 (Beilage 2) an den inzwischen wegen Korruptionsvorwürfen des Amtes enthobenen Direktor der JVA Thorberg, Georges Caviccio, gehen die Gründe für eine Verlegung aus der Pöschwies nach Thorberg und dann in die Sicherheitsabteilung Lenzburg unverblümt hervor. Die Vollzugschefin schreibt als Grund für die Verlegung wörtlich: „Nun benötigt er dringend eine Luftveränderung.“ Sie verweist gleichzeitig darauf, dass sich die Disziplinierungen während der letzten Jahre in erster Linie auf unflätiges Benehmen beschränkt haben. Eingeräumt wird also, dass keine Gewaltproblematik vorliegt. Selbstverständlich sind der Vollzugschefin die prekären Zustände in Thorberg bekannt.

16 Dieser total zynische Ausdruck „Luftveränderung“ heisst wohl nichts anderes als „weil es ihm gut tut“ und weiter „der Mann braucht dringend eine Lektion“. Am Schluss ihres Mails schreibt die Chefin Vollzug noch, dass ihr Lenzburg leider nur einen Platz im Sicherheitstrakt II habe anbieten können, was ohne konkreten Gewaltvorfall ihres Erachtens keine zulässige Verlegung wäre (EMail Abs. 3). Nach einem nur kurzen Aufenthalt auf Thorberg wurde
der Rekurrent dann in diesen Platz im Sitrak II eingewiesen, ohne dass es zu einem Gewaltvorfall gekommen wäre. Nimmt man die Vollzugschefin ernst, wären diese Einweisung und der Aufenthalt unzulässig. Für einen Strafgefangenen wohlverstanden, für einen Verwahrten ohnehin.

17 Da die JVA Thorberg einem modernen Strafvollzug gemäss Expertenberichten 25 Jahre hinterher hinkt – eine Thematik, die in den letzten Monaten in der Presse immer wieder behandelt wurde – hatte diese durch die Chefin Strafvollzug angeordnete Versetzung klar den Charakter einer Sanktion. Zuerst wurde der Rekurrent in einer Viererzelle gehalten, dann später in eine Einzelzelle im Dachgeschoss gesperrt oder besser gesagt eingelocht, welche ein Ausmass von rund acht Quadratmeter hatte. Der verbliebene freie Raum umfasste weniger Quadratmeter, als gemäss Tierschutzgesetz und einschlägigen Verordnungen für die Haltung eines männlichen Zuchtschweins vorgesehen sind. Auf unseren Protest hin wurde der Rekurrent in den Sitrak II nach Lenzburg verlegt, wo er gebrochen werden sollte. Damit wurde die Retorsionsschraube weiter gedreht.

18 Die Vorinstanz hält sich mit der Begründung dieser Einweisung in den Sitrak II bedeckt, was nachvollziehbar ist, da sich diese ja nicht rechtfertigen lässt. Zumindest wenn es nach der Chefin Vollzug geht, die es eigentlich wissen müsste. Da keine Gewaltvorfälle genannt werden können, wird ganz allgemein auf das Verhalten in der Pöschwies und auf dem Thorberg verwiesen. Die konkreten Verfälle werden jedoch nicht angesprochen, kein einziges signifikantes Beispiel wird diskutiert. Der von uns gerügten Verweigerung des rechtlichen Gehörs wird entgegnet, wir hätten uns ja selber um die Akten bemühen können. Das ist ein Witz, selbstverständlich können wir nicht darüber spekulieren, was für die Vorinstanz entscheidrelevant gewesen sein könnte. Was sollen wir in einem Wust von Vollzugsakten blättern. Die Gründe für die Einweisung gehören auf den Tisch.

19 Die Vorinstanz verweigert mit andern Worten in ihrer Verfügung einmal mehr das rechtliche Gehör, sehr wohl aus dem Wissen heraus, dass die geltend gemachten Grenzüberschreitungen und gelegentlichen Unflätigkeiten des Rekurrenten wenig ernsthaften bis lächerlichen Charakter haben. Stattdessen wird verallgemeinert und aufgebauscht. Der Rekurrent ist ein poltern Älpler, der die Eigenschaft hat, zu sagen, was ihn bewegt und was er denkt. Die Notwendigkeit und Angemessenheit dieser Versetzung in den Hochsicherheitstrakt mit all den zusätzlichen Erschwerungen und Einschränkungen wären vom Strafvollzug darzutun. Mit andern Worten, es gibt keinen sachlichen Grund, welcher den Aufenthalt meines Klienten in diesem Sitrak II rechtfertigen könnte. Und alle Beteiligten wissen das. Die Chefin Vollzug, der Bereichsleiter Affolter wie auch der Fallverantwortliche Herter. Die Einweisung erfolgte wider besseres Wissen.

20 Da die JVA Lenzburg offensichtlich keine freien Plätze hatte, wir stützen uns auf das EMail der Chefin Vollzug JVA Pöschwies, Katharina Graf, konnte der Rekurrent offensichtlich nicht in den Normalvollzug in Lenzburg versetzt werden, weshalb er vorerst nach Thorberg verfrachtet wurde, einer Anstalt, die mit der Vermietung ihrer miesen Plätze an andre Kantone gutes Geld generierte. Die Vorinstanz führte zu einer solchen Versetzung nun aktuell aus, der Stellungnahme der JVA Lenzburg könne entnommen werden, dass aufgrund des bisherigen Verhaltens des Rekurrenten im Sitrak II die Einweisung in den Normalvollzug ausgeschlossen sei. Es gelte die Voraussetzungen für einen Übertritt in den Normalvollzug nach insgesamt sechs Monaten erneut zu prüfen.

21 Wir hätten uns brennend dafür interessiert, was denn der Rekurrent während seines Aufenthaltes im Sitrak II so falsch gemacht hat, dass eine Entlassung aus diesem Hochsicherheitstrakt nicht in Frage kommen kann. Mit einer allgemeinen Floskel können wir uns nicht zufrieden geben. So baten wir die Vorinstanz darum, uns den entsprechenden Bericht zu überlassen. Die Vorinstanz verweigerte uns die Herausgabe dieses Berichts und verwies uns auf die Vollzugsakten der JVA Lenzburg, welche uns bei unserer Nachfrage ganz einfach die Akteneinsicht verweigerte. Wir können uns also weder damit auseinandersetzen, weshalb sich der Rekurrent heute in diesem Sitrak II befindet noch damit, weshalb er nicht entlassen werden kann. Auch hier wieder eine krasse Verweigerung des rechtlichen Gehörs.

22 Was für einen Strafgefangenen bei den gegebenen Voraussetzungen allenfalls noch angehen könnte, muss bei einem Verwahrten nicht ebenfalls die Regel sein. Wenn der Rekurrent sich nach Auffassung der Strafvollzugsbehörde wegen einer besonderen psychischen Disposition in der Verwahrung befindet und verschiedene Persönlichkeitszüge als krankhaft oder nicht veränderbar angesehen werden, dann ist es widersinnig, ihn wegen der sich aus einer solchen Veranlagung ergebenden verbalen Impulsivität, Distanzlosigkeit und allenfalls Direktheit zu disziplinieren oder in einen Hochsicherheitstrakt zu werfen. Einen Kranken wegen seiner Krankheit zu bestrafen ist geradezu idiotisch und verstösst mit Bestimmtheit gegen das Folterverbot. Man kann Fusspilz auch mit Prügeln bekämpfen!

23 Es kann nicht sein, dass jemand für ein als lästig empfundenes Krankheitsbild mit harmlosen Ausmassen sanktioniert wird. Und um genau das geht es vorliegend. Es handelt sich bei dieser TourdeKnast, auf welche der Rekurrent geschickt wurde, um eine eigentliche Disziplinierung, einen massiven Eingriff in das ohnehin schon unzulässig eingeschränkte Verwahrtenleben des Rekurrenten in der Strafanstalt Pöschwies. Der Rekurrent braucht diesfalls nicht überfordertes Wachpersonal, das sich sofort betupft fühlt, wenn er etwas laut wird und poltert, sondern um professionelles Pflegepersonal, das mit solchen, als harmlos zu qualifizierenden verbalen Manifestationen umgehen kann. Wohlverstanden, der Rekurrent hat sich während seiner Verwahrung nie eines tätlichen Übergriffs schuldig gemacht.

24 Im Übrigen ist es so, dass der Rekurrent von gewissen Wärtern sehr oft ganz bewusst provoziert wird, weil mit einer lautstarken Reaktion gerechnet werden kann. Zuweilen werden echt fiese Spielchen getrieben. So verschwanden aus einem Brief an die Mutter des Rekurrenten kurz vor Weihnachten bei der Postkontrolle in der Zentrale der JVA Pöschwies Fr. 50-. und ein Foto, welches den Rekurrenten mit seiner Mutter zeigt, als er noch sehr klein war. Ein Bild aus glücklichen Tagen. Kurz nach Erstellung dieses Fotos wurde er damals seiner jenischen Mutter weggenommen und als Verdingkind auf eine Alp verfrachtet, wo er als Arbeitskraft ausgebeutet wurde und mehr mit den Tieren im Stall lebte als mit der Familie in der guten Stube.

25 Der Rekurrent hat seine leibliche Mutter nach über vierzig Jahren erst wieder vor einigen Monaten ausfindig machen können, sodass ihn dieser Verlust zutiefst traf, es ging ja um ein Geschenk an seine Mutter und das einzige Foto, das er als gemeinsame Erinnerung aus seiner Kindheit hatte. Dieser Verlust bewegte den Rekurrenten zu einer Strafanzeige, was die Situation eskalieren liess. Genau dafür wurde er letztlich sanktioniert. Er hatte sich erlaubt, sich gegen einen perfiden Übergriff zu wehren. Ich persönlich zweifle keinen Moment daran, dass es sich um eine bewusste Provokation handelte. Ein gewalttätiger Ausbruch wäre insofern erwünscht innig erwünscht sogar! als man endliche einen Grund hätte, den Rekurrenten zwangsweise mit hochpotenten Neuroleptika behandeln und zu sedieren.

26 Vollzugsrealität eben. Ich wäre gerne bereit, diesen Punkt noch zu vertiefen, was den Rahmen dieser Eingabe allerdings sprengen würde. Vielleicht noch zwei Beispiele für den Umgang mit dem Rekurrenten. Der Aufseher Dresely erstellte am 29. Januar 2014 folgende Aktennotiz: Als
der Gefangene HZ erfahren hatte, dass er in die Strafanstalt Thorberg versetzt wird, gab er laut von sich „Ich werde in ein bis zwei Monaten sowieso wieder hier sein“. Bei dieser Äusserung lachte er hämisch.“ Der Rekurrent soll hämisch gelacht haben! Die vorausgehende Provokation von Dresely wird selbstverständlich nicht erwähnt. Dieses Beispiel zeigt ein kindisches, gleichwohl aber besonders widerwärtiges und bösartiges Denunziantentum einer Aufsichtsperson.

27 Die von der Vollzugschefin verwendete Formulierung „Nun benötigt er dringend eine Luftveränderung“ zeigt, wie locker und leicht menschenverachtend und entwürdigend zugleich solche krassen Eingriffe in das Leben eines Verwahrten wahrgenommen und inszeniert werden. Luftveränderung als Codewort für eine krasse Strafaktion, die in einer Stallhaltung in Thorberg begann, mit einer grausamen Isolationshaft im Sitrak II in Lenzburg getoppt wurde und offenbar noch weitere sechs Monate dauern soll. So als Gefälligkeit unter Vollzugskollegen. Lieber Georges, hau du auch ein bisschen zu! Ist das der Klartext? Über den entsprechenden Mailverkehr mit Lenzburg verfügen wir nicht. Worte verraten hier jedenfalls mehr als nur eine befremdliche Gesinnung der Vollzugschefin, sie lassen unweigerlich die beunruhigende Frage nach der emotionalen Verfassung und einer möglichen sadistischen Einfärbung hoch kommen.

28 Jedes Land hat nun einmal sein Guantanamo. Und die Sprache ist immer verräterisch Ist zum Beispiel waterboarding eine pflegliche Mithilfe bei der Morgentoilette? Dass angesichts der gesamten Umstände die Vorstellung aufkommt und ziemlich konkret Gestalt annimmt, dass es sich bei dieser Strafaktion, für welche die Chefin Vollzug höchst persönlich verantwortlich zeichnet, um eine Form von Folter handeln kann, ist nachvollziehbar und einer vertieften Betrachtung wert. Die Frage nach dem Vorliegen von Amtsmissbrauch, Freiheitsberaubung und Nötigung wird jedenfalls ernsthaft zu
prüfen sein. Eine entsprechende Strafanzeige muss ich mir ausdrücklich vorbehalten.

29 Wie auch immer, im Sinne einer Sofortmassnahme rechtfertigt es sich, den Rekurrenten umgehend aus diesem Hochsicherheitstrakt der JVA Lenzburg zu entlassen und während des laufenden Verfahrens im Sinne einer Schadensminderung in den Normalvollzug zu versetzen. Zum einen weil es objektiv keine Gründe für eine solche Bestrafungsaktion gibt, zum andern, weil er als Verwahrter im Hochsicherheitstrakt einer Strafanstalt ganz einfach nichts zu suchen hat. Wenn sich im Kontext einer Verwahrung ein erhöhter Sicherheitsbedarf eingestellt hätte, was vorliegend bestritten wird, dann wäre ein solcher Vollzug nur gerade in einer speziellen Institution mit entsprechend ausgebildetem Personal zu vollziehen.

D. Unentgeltliche Rechtspflege

30 Dass dem Rekurrenten die unentgeltliche Prozessführung und in der Person des Unterzeichnenden der unentgeltliche Rechtsbeistand zu gewähren ist, liegt auf der Hand. Wie aus den Akten hervorgeht, ist der Rekurrent ohne Einkommen und ohne Vermögen, was nach einer Verwahrungszeit von 15 Jahren auch naheliegend ist. Das vorliegend angestrengte Verfahren ist mit Bestimmtheit nicht aussichtslos, nachdem die Chefin Vollzug ja selber festgestellt hat, dass ohne konkreten Gewaltvorfall eine Versenkung im Sitrak II keine zulässige Verlegung wäre). Dass diese Versenkung im Hochsicherheitstrakt unzulässig war, darf deshalb als erstellt betrachtet werden. Ich beantrage hier noch ausdrücklich die Einvernahme der Chefin Vollzug Katharina Graf.

WICHTIGE MITTEILUNG

der IG „Fair-wahrt?“ und des „Fördervereins der IG-Fair-wahrt?“ betreffend

MITGLIEDSCHAFT IM „FOERDERVEREIN DER IG – FAIR-WAHRT?“

Um die Spendengelder effizienter einzusetzen, sprich: um kostspieligen ‚Blindversand‘ an Adressaten, welche darauf keinen besonderen Wert legen, künftig möglichst zu vermeiden, haben wir uns entschieden, ab sofort allgemein eine Passivmitgliedschaft im „Förderverein der IG – Fair-wahrt?“ anzubieten.

BEDINGUNGEN

Dies gilt in erster Linie für alle bisher als „Teilnehmende“ der Interessengemeinschaft „Fair-wahrt?“ (IG-Fw.) aufgeführten Massnahmegefangenen (Art.59 und Art.64 StGB). Es gilt auch für andere interessierte Personen, besonders auch für alle Gönnerinnen und Gönner unserer IG, unabhängig davon, ob diese uns bisher mit Spenden unterstützt haben oder nicht. Gönnerinnen und Gönner oder auch Angehörige und Bezugspersonen von Gefangenen und auch andere Drittpersonen können eine Aktivmitgliedschaft im Förderverein beantragen; wir suchen Helferinnen/Helfer, die aktiv im Verein mithelfen können, z.B. als Aktuar/in, für Schreib oder Kopierarbeiten, etc. Eine Aktivmitgliedschaft steht Insassen von geschlossenen Anstalten aus praktischen Gründen leider nicht offen (keine Möglichkeiten für Teilnahme an Versammlungen etc.).

Gleichzeitig mit diesem Beschluss wurde der Jahresbeitrag für Passivmitgliedschaft neu auf Fr. 25.- reduziert (bisher Fr. 100.-). Der Jahresbeitrag ist jährlich bis jeweils Ende März zum Voraus fällig. Wir sind weiter auch auf Jene angewiesen, die etwas spenden können!

Gefangene, die den Jahresbeitrag aus irgend einem Grunde nicht entrichten können, müssen dies spätestens bis zum Fälligkeitsdatum schriftlich mit kurzer Begründung mitteilen, damit wir Gewähr haben, dass die betreffende Person ernsthaft an der Mitgliedschaft interessiert ist und weiterhin auf der Empfängerliste für unseren Versand sein möchte (unkomplizierte Kulanzbereitschaft, ja – Rechtsanspruch, nein).

Passivmitglieder haben Anspruch auf Jahres-, Rechnungs- und allfällige Zwischenberichte sowie weiterhin auf alle unsere allgemeinen Zusendungen (Rundbrief, Beilagen, Bulletins). Ein Stimm und Wahlrecht und eine Teilnahme an Versammlungen besteht bei Passivmitgliedschaft nicht. Hingegen können schriftlich Anträge an den Vorstand und an die Jahresversammlungen gestellt werden, welche zur Kenntnis genommen und geprüft werden. Es besteht keine Gewähr für deren Umsetzung.

Siehe hierzu auch die beiliegenden Statuten des „Fördervereins der IG-Fair-wahrt?“

sowie den Verhaltenskodex und allgemeine Informationen.

Wir danken Euch für Euer uns bisher und künftig entgegengebrachtes Vertrauen und für Eure Treue und entbieten allen weiterhin unsere besten Wünsche

Im April 2014 für den „Förderverein der IG-Fair-wahrt?“ Laure Landwehr , Präsidentin
für die IG „Fair-wahrt?“ Beat Meier


Statuten

A Allgemeines

Förderverein der IG-FAIR-WAHRT?

Alle Formulierungen sind in ihrer Funktion zu verstehen, sie beziehen sich auf beide Geschlechter.
1. Mit dem Namen „Förderverein der Interessen-Gemeinschaft Fair-wahrt?“ besteht ein Verein gemäss Art. 60 if ZGB, folgend mit Kürzel „FV“ bezeichnet.
Wohnsitz der Präsidentin ist zugleich Sitz des Vereins.

2. Zweck ist die finanzielle Förderung der IG „Fair-wahrt?“ folgend mit Kürzel „lG“ bezeichnet, welcher seinerseits faire Verfahren und Lebensbedingungen in allen Belangen der Sicherheitsverwahrung und präventiver Haft erzielen will. Siehe Anhang.

3. Der FV verfolgt seine Ziele durch sammeln von Spenden, die er einzig zu Gunsten der IG verwaltet und ihrer Weisung gemäss einsetzt. Der FV vergütet Auslagen der IG und begleicht ihre Rechnungen durch Überweisung soweit es die Mittel des Spendenkontos erlauben. Die IG hat jederzeit das volle Einsichtsrecht in die Finanzen des FV.

B Mitglieder

4. Der Verein besteht aus Aktiv- und Passivmitgliedern.

5. Aktivmitglieder sind natürliche Personen, sie bemühen sich aktiv um den Vereinszweck.

6. Als Passivmitglieder können natürliche und juristische Personen aufgenommen werden, die sich an der Verfolgung des Vereinszwecks durch materielle Beiträge regelmässig beteiligen.
Einmalig oder unregelmässig unterstützende Personen gelten als Gönner, sie haben keinen Mitgliedstatus.

C Beginn und Ende der Mitgliedschaft

7. Die Mitgliedschaft entsteht nach Beitrittserklärung unter Kenntnis und Annahme der Statuten mit dem Aufnahmebeschluss der Vereinsversammlung von mindestens 4/5 der abgegebenen Stimmen. Der FV definiert generell die angestrebte Mitgliederzahl und kann Aufnahmen ohne Begründung ablehnen.

8. Die Mitgliedschaft erlischt durch Austritt, Ausschluss oder Tod bzw. Auflösung der juristischen Person.
Der Austritt muss dem Vorstand schriftlich mitgeteilt werden. Das austretende Mitglied bleibt für das laufende Vereinsjahr beitragspflichtig.

Mitglieder, die den Verein materiell oder immateriell schädigen, müssen vom Vorstand ermahnt werden. Bleibt die Mahnung unwirksam, kann der Vorstand den Ausschluss verfügen, welcher dem ausgeschlossenen Mitglied sofort schriftlich mitzuteilen ist. Ausgeschlossene können an die nächste Vereinsversammlung rekurrieren; deren Beschluss ist endgültig. Das Erlöschen der Mitgliedschaft hat den Verlust aller Mitgliedschaftsrechte zur Folge.

D Rechte und Pflichten der Mitglieder

9. Die Aktivmitglieder sind verpflichtet,
a) sich an den Tätigkeiten des Vereins aktiv zu beteiligen, die Interessen des Vereins nach Kräften zu wahren und seine Bestrebungen zu fördern,
b) die von der Vereinsversammlung festgesetzten Beiträge zu entrichten.
Die Aktivmitglieder sind an Vereinsversammlungen stimm und antragsberechtigt.

10. Die Passivmitglieder haben den von der Vereinsversammlung festgesetzten Jahresbeitrag zu entrichten. Sie haben Anrecht auf Informationen über das Vereinsgeschehen, haben jedoch kein Stimmrecht.

E Organe

11. Die Organe des Vereins sind:

– Die Vereinsversammlung
– Der Vorstand
– Die Revisoren

12. Das oberste Organ des Vereins ist die Vereinsversammlung der Aktivmitglieder. Passivmitglieder erhalten ein Protokoll der Versammlung. Es steht dem Vorstand frei, die Passivmitglieder zu Versammlungen einzuladen.

13. Der Vereinsversammlung steht die Behandlung der folgenden Geschäfte zu:

I. Als jährliche ordentliche Geschäfte:

1. Wahl der Stimmenzähler
2. Genehmigung des Protokolls der letzten Vereinsversammlung
3. Genehmigung des Jahresberichtes des Vorstands
4. Genehmigung der Jahresrechnungen des Vereins
5. Entlastung des Vorstands
6. Festsetzung der Jahresbeiträge
7. Genehmigung des Voranschlags
8. Wahlen
a) des Präsidenten
b) des Rechnungsführers
c) weiterer Vorstandsmitglieder
d) der Rechnungsrevisoren

II. sowie bei Vorliegen entsprechender Anträge:

• Beschlussfassung über Anträge des Vorstandes und der Mitglieder
• Statutenänderung
• Rekursentscheid gegen eine Ausschlussverfügung
• Auflösung des Vereins

14. Die ordentliche Vereinsversammlung findet jährlich im ersten Vierteljahr statt. Das Datum ist für eine möglichst vollzählige Beteiligung optimal zu wählen.
Auf Beschluss des Vorstandes oder auf schriftliches Begehren (unter Nennung der Traktanden) von mindestens 1/5 der stimmberechtigten Mitgliedern ist innert acht Wochen eine ausserordentliche Vereinsversammlung einzuberufen.
Die Einladung zur Vereinsversammlung mit Bekanntgabe der zu behandelnden Geschäfte hat mindestens 14 Tage vorher schriftlich zu erfolgen.

15. Die Vereinsversammlung wird vom Präsidenten geleitet. Bei Verhinderung bestimmt der Vorstand oder in letzter Instanz die Vereinsversammlung eine stellvertretende Versammlungsleitung.

16. Bei Abstimmungen über Sachgeschäfte entscheidet das einfache Mehr der abgegebenen Stimmen
(Art. 22 und 23 bleiben vorbehalten), bei Stimmengleichheit der Stichentscheid der Versammlungsleitung.
Bei Wahlen entscheidet im ersten Wahlgang das absolute Mehr, im zweiten das relative Mehr der abgegebenen Stimmen.
Abstimmungen und Wahlen finden offen statt.

17. Der Vorstand besteht aus mindestens 2 Aktivmitgliedern: der Präsidentin und dem Rechnungsführer.
Nach Möglichkeit wählt die Vereinsversammlung weitere Mitglieder in den Vorstand: Der Vorstand konstituiert sich im weiteren selbst.
Die Amtsdauer aller Vorstandsmitglieder beträgt ein Jahr, bei unbeschränkter Wiederwählbarkeit.

18. Der Vorstand hat das Recht und die Pflicht, den Verein zu leiten und die Angelegenheiten des Vereins zu besorgen.
Der Vorstand führt Buch über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage des Vereins. Er verfügt zur Erfüllung seiner Aufgaben über alle Kompetenzen, die nicht einem anderen Vereinsorgan vorbehalten sind.
Der Vorstand vertritt den Verein nach aussen, er regelt die Unterschriftsberechtigungen. Der Vorstand ist befugt, über im Voranschlag nicht vorgesehene Ausgaben bis zur Höhe von 10 % des Vereinsvermögens zu beschliessen.

19. Der Vorstand tagt auf Einladung des Präsidenten, so oft es die Geschäfte erfordern. Mitglieder des Vorstandes können schriftlich die Einberufung einer Sitzung verlangen, die innert Monatsfrist stattfinden muss.
Die Vorstandssitzungen werden vom Präsidenten oder vom Vizepräsidenten geleitet.
Der Vorstand ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit seiner Mitglieder, worunter der Präsident oder der Vizepräsident, anwesend ist.
Beschlüsse erfolgen durch die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Der Vorsitzende stimmt mit. Bei Stimmengleichheit fällt er den Stichentscheid.
Beschlussfassung per Korrespondenz ist möglich, sofern kein Vorstandsmitglied eine Zusammenkunft verlangt.

20. Die Vereinsversammlung wählt einen oder zwei Rechnungsrevisoren. Ihnen obliegt die Prüfung der Vorstandsarbeit insbesondere der Rechnungsführung des Vereins. Sie haben über ihren Befund der Vereinsversammlung schriftlich Bericht zu erstatten und Antrag zu stellen. Ihre Amtsdauer beträgt ein Jahr, die Wiederwahl ist möglich.
Fehlen dem FV Revisoren, so übernimmt die Vereinsversammlung die Revisionsaufgabe. Die Kasse ist in diesem Falle komplett mit allen Belegen vorzulegen. Steigt das Vereinsvermögen auf mehr als CHF 25000.-, so ist eine professionelle Revision beizuziehen.

F Schlussbestimmungen

21. Statutenänderungen sind nur erlaubt a) mit Zustimmung der IG im Einzelnen, b) ohne Zustimmung der IG, wenn diese handlungsunfähig geworden ist.
Statutenänderungen bedürfen des Beschlusses einer Vereinsversammlung mit einer Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen Stimmen. Die IG kann einen stimmberechtigten Vertreter in die Versammlung delegieren.

22. Die Auflösung des Vereins bedarf des Antrags des Vorstandes oder der Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder. Sie kann nur an einer speziell hierfür einberufenen ausserordentlichen Vereinsversammlung beschlossen werden. Der Beschluss zur Auflösung erfordert die Zustimmung von mindestens vier Fünftel der abgegebenen Stimmen.
Die IG kann einen stimmberechtigten Vertreter in die Versammlung delegieren.
Mit der Auflösung beschliesst die Vereinsversammlung ferner uneingeschränkt und unwiderruflich über die Verwendung des Vereinsvermögens, und zwar: a) im Sinne des Vereinszwecks, b) zu Gunsten einer vertrauenswürdigen Menschenrechtsorganisation, falls dem Vereinszweck nicht konkret und sachdienlich geholfen werden kann.

23. Diese Statuten sind von der Gründungsversammlung des FV vom 24. Februar 2012 angenommen worden und treten sofort in Kraft.

Hombrechtikon, 24. Februar 2012
Tagespräsident: M J
Protokollführerin: L L

Anhang – so formuliert die IG-Fair-wahrt? selbst ihre Ziele:

1. Aufklärung der Öffentlichkeit.
2. Begrenzung der Verfahrensdauer.
3. Keine jahrelangen Sistierungen der periodischen Überprüfungen.
4. Seriöse, unabhängige Überprüfungen, periodisch umfassend, detailliert und genau!
5. Obligatorische Rechtshilfe auch bei Überprüfungen.
6. Stopp dem Einfluss durch die ‚politische Stimmungslage‘ auf die Gerichte.
7. Stopp der Beeinflussung von Gutachten durch Medien und öffentlichen Druck.
8. Zulassung und Mitberücksichtigung von privaten Gutachten.
9. Wo immer möglich, vermehrte Anwendung von Alternativen zur Verwahrung: entsprechend strukturierte Wohnheime, elektronische Fussfesseln, wo nötig rund um die Uhr Betreuung durch geschulte Bezugspersonen.
10. Gewährung aller dem Verwahrungszweck nicht zuwiderlaufenden Menschenrechte, nur die wirklich notwendigen Einschränkungen für Sicherheitsverwahrte: Keine Unterbringung in Strafanstalten. Beschränkung einzig auf Freiheitsentzug, keine Verwahrten-Zusatz-Strafe. Freier Brief, Telefon und Mailverkehr (Internet), nur die notwendigen Kontrollen.
Vermehrte Besuchsmöglichkeiten, Familienkontakte (Privatsphäre). Zugang zur Natur, (gesicherte) begleitete Ausflüge/Urlaube, Bademöglichkeit. Zulassung von eigener Verköstigung, eigene Kochmöglichkeit.
Keine Behinderung von Lektüre, Musik, Unterhaltung, Wissensaneignung, Zugang zu Weiterbildung, Kursen, Hobbys.
Sinnvolle und möglichst individuell angemessene Arbeitsmöglichkeiten.
Gerechte Entlöhnung. Freie Arztwahl. Keine Zwangsarbeit für verwahrte IV-Bezügerlnnen, Rentnerinnen.
11. Stopp der Diskriminierung von Verwahrten gegenüber Strafgefangenen!

Donnerstag, 09. Juni 2011 (BM)
Interessengemeinschaft Fair-wahrt?: Teilnehmer ‚der ersten Stunde‘ Beat Meier (BM), G.V., M.D., A.H.†, J.S., HZ., A.F.

Jörg Künzli
Prof. Dr. iur., Ordinarius für Staats- und Völkerrecht am Institut für öffentliches Recht der Universität Bern, Themenbereichsleiter Polizei und Justiz des SKMR
Anja Eugster
Lic. iur., Assistentin am Institut für öffentliches Recht der Universität Bern und wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Themenbereich Polizei und Justiz des SKMR
Maria Schultheiss
Mlaw, Rechtsanwältin, Assistentin am Institut für öffentliches Recht der Universität Bern und wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Themenbereich Polizei und Justiz des SKMR

Diese Studie gibt die Meinung der Autorinnen und Autoren wieder und bindet nur das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte.


Verzeichnis der kantonalen und konkordatlichen Rechtsgrundlagen (Auszug)

Kanton St. Gallen
Einführungsgesetz zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung vom 3. August 2010 (EG StPO-SG), sGS 962.1.
Strafprozessverordnung vom 23. November 2010 (StPV-SG), sGS 962.11.
Kanton Tessin
Legge sull’esecutione delle pene e delle misure per gli adulti del 20 aprile 2010 (SMVG-TI), RL 4.2.1.1.
Regolamento sull’esecuzione delle pene e delle misure per gli adulti del 6 marzo 2007 (SMWTI), RL 4.2.1.1.1.
Kanton Uri
Verordnung über den Straf- und Massnahmenvollzug vom 20. Dezember 2006 (VSMV-UR), RB 3.9321.
Kanton Waadt
Loi sur l’exécution des condamnations pénales du 4 juillet 2006 (LEP-VD), RSV 340.01. Règlement sur le statut des condamnés exécutant une peine privative de liberté et les régimes de détention applicables du 24 janvier 2007 (RSC-VD), RSV 340.01.1.
Kanton Wallis
Verordnung über die Rechte und Pflichten von Gefangenen vom 18. Dezember 2013 (GeN-VS), SGS 340.100.
Kanton Zürich
Justizvollzugsverordnung vom 6. Dezember 2006 (JW-ZH), LS 331.1. Hausordnung JVA Pöschwies, Ausgabe 2009 (H02009-Pöschwies).
Kanton Zug
Hausordnung JVA Bostadel vom 30. August 2011 (H02011-Bostadel).
Konkordat der Nordwest- und lnnerschweiz
Strafvollzugskonkordat der Nordwest- und lnnerschweiz, Konkordatsvereinbarung vom 5. Mai 2006 (01.0) (Konkordat-NWI).
Konkordatsreglement der Nordwest- und lnnerschweiz vom 24. April 2008 (KonkordatsreglementNWI).
Richtlinien über die Ausgangs- und Urlaubsgewährung vom 19. November 2012 (09.0) (RL Ausgang und Urlaub-NWI).
Richtlinien für die Verlegung in freier geführte Institutionen oder Abteilungen; die externe Beschäftigung; den Vollzug des Wohn- und/oder Arbeitsexternats im Straf- und Massnahmenvoll- 76Verzeichnis der kantonalen und konkordatlichen Rechtsgrundlagen
zug; die Anforderungen an durchführende Institutionen vom 3. November 2006 (10.0) (Externatsrichtlinien-NWI).
Konkordat der Ostschweiz
Konkordat der ostschweizerischen Kantone über den Vollzug von Strafen und Massnahmen vom 29. Oktober 2004 (Konkordat-OST).
Richtlinien der Ostschweizerischen Strafvollzugskommission für die Vollzugsplanung vom 7. April 2006 (RL Vollzugsplanung-OST).
Richtlinien der Ostschweizerischen Strafvollzugskommission über die Gewährung des Arbeitsexternats und des Wohnexternats sowie über die Beschäftigung von eingewiesenen Personen bei einem privaten Arbeitgeber vom 7. April 2006 (RL Arbeits- und Wohnexternat-OST).
Konkordat der lateinischen Schweiz
Konkordat vom 10. April 2006 über den Vollzug der Freiheitsstrafen und Massnahmen an


 

HAFTBEDINGUNGEN IN DER VERWAHRUNG

Menschenrechtliche Standards und die Situation in der Schweiz

SAMMLUNG WICHTIGER ZITATE
IG „Fairwahrt?“ – 2019

Erklärungen:
S .1: , S, 2: etc: = Verweise auf entsprechende Seite im Originaldokument =
1, 2, 3, etc. = Fortlaufende Nummerierung der Zitate
Asterix: * = Hinweis auf Fussnoten zum Thema – s. Originaldokument
#Abc#= Vor und nach Zwischeneinschüben; Ersatz für Eckklammern

S.1:

Zusammenfassung

1 „Personen im Verwahrungsvollzug sind in aller Regel in den gleichen Institutionen und unter den gleichen Bedingungen inhaftiert wie solche im Strafvollzug.“
2 (Im #schweiz.# politischen und medialen Umfeld wird die Verwahrung als „die härteste Strafe für Schwerstkriminelle (…) bezeichnet und es werden regelmässig weitere Verschärfungen in ihrem Vollzug gefordert.“
3 „Personen im Verwahrungsvollzug sind nach Ablauf einer allfälligen Haftstrafe nicht mehr zur Abgeltung einer begangenen schweren Straftat inhaftiert, sondern einzig infolge ihrer Gefährlichkeit und damit einzig aus präventiven Gründen.“
4 (Gemäss des deutschen Bundesverfassungsgerichts) „erbringen zu einer solchen Massnahme verurteilte Personen gegenüber der Gesellschaft ein Sonderopfer.“
5 „Menschenrechtliche Standards, und insbesondere die Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte EGMR und des UNO-Menschenrechtsausschusses, aber auch das Prinzip der Verhältnissmässigkeit verlangen, dass sich der Verwahrungsvollzug infolge des rein präventiven Zwecks dieser Massnahme deutlich vom Strafvollzug zu unterscheiden hat.“
6 „Zweck der Massnahme und damit einzige Rechtfertigung dieses massiven Eingriffs in die Freiheitsrechte betroffener Personen, die ihre Strafe abgesessen haben, ist einzig der Schutz der Öffentlichkeit.“
7 „Unter Gewährleistung eines adäquaten Schutzes nach aussen und der Ordnung und Sicherheit der Anstalt ist der Verwahrungsvollzug im Übrigen möglichst freiheitlich auszugestalten, d.h. er hat denLebensrealitäten ausserhalb einer Anstalt soweit möglich zu entsprechen,“
S.2:
8 „Dieses europäisch und universell verankerte Differenzierungsgebot muss auch für Staaten wie die Schweiz gelten … “
9 „Diese Grundrechtsbeschränkungen haben aber dem Verhältnismässigkeitsprinzip zu genügen und dieses wiederum kann nahelegen, dass für gewisse Kategorien Inhaftierter, wie Verwahrte, lebenslang oder alte Inhaftierte, die Annäherung an die Verhältnisse ausserhalb der Vollzugseinrichtung weiterzugehen hat als für die ’normale‘ Gefangenenpopulation.“

Menschenrechtlich gebotene Rechtsstandards für den Verwahrungsvollzug:

10 ( … )“Während dem Verwahrungsvollzug (ist) stets ein Ausgleich zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit der Öffentlichkeit und den Rechten der einzelnen Person zu suchen. Der anwendbare Sicherheitsstandard nach Aussen ist daher etwa bei alten und gebrechlichen Inhaftierten zu senken.“
S.3:
11 ( … ) „Einzelhaft oder andere Haftverschärfungen dürfen( … ) auch gegenüber Verwahrten nur bei einer konkreten Gefährdung von Leib und Leben anderer Personen angeordnet werden und keinesfalls ausschliesslich gestützt auf die angeordnete Sanktion.“
12 „Gemäss Praxis des EGMR ist die Anordnung einer zeitlich unbgrenzten Haft ohne Möglichkeit, ihre Beendigung durch eigenes Verhalten mitzubestimmen (durch Resozialisierungsmassnahmen, Vollzugsplanung, die den Zugang zu sinnvollen Tätigkeiten und geeigneten Programmen ermöglicht) EMRK-widrig.“
13 „Bei der Arbeitszuteilung ist( … ) im besonderen Masse auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Insassen einzugehen. ( … ) In der Verwahrung ist die Arbeit besser zu entlöhnen als im Strafvollzug.
( … ) Die Arbeitspflicht endet mit Erreichen des Pensionsalters. Auch älteren Verwahrten ist aber Arbeit anzubieten … “ (Siehe aber auch hiernach unter 21)
14 „Ein grundrechtsorientierter Vollzug setzt( … ) auch die Einräumung einer möglichst grossen Autonomie in der Tagesgestaltung, die Ermöglichung von möglichst vielen Sozialkontakten und von längeren Aufenthalten im Freien voraus.“
15 „Der sich einzig am Schutz der Öffentlichkeit ausrichtende Haftzweck legt auch nahe, den Gebrauch moderner Kommunikationsmittel zuzulassen, soweit dies die Sicherheit nicht gefährdet.“
16 „Auch Langzeitinhaftierte und Verwahrte sollen – soweit es Sicherheitserwägungen erlauben – gemäss Europäischen Standards von Vollzugslockerungen profitieren können.“
17 „Nach dem Äquivalenzprinzip hat die Gesundheitsversorgung und Pflege in Haftsituationen denselben qualitativen Ansprüchen zu genügen wie ausserhalb dieser Institutionen. ( … )Stellteine Person mit eng begrenzter Lebenserwartung aufgrund körperlicher Umstände keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit dar, ist sie zwingend aus der Haftsituation zu entlassen.“
18 „Den Verwahrten (sollte) die Wahl eingeräumt werden, ob sie in einer Spezialabteilung (für Verwahrte) inhaftiert werden wollen.“
19 „Verwahrte leben gegenwärtig in aller Regel im strafrechtlichen Normalvollzug; ein Umstand, der kaum mit den Vorgaben des UNO-Pakts II und der EMRK vereinbar ist.“

Gegenwärtige Rechtslage und Praxis in der Schweiz:

20 „In jüngster Vergangenheit werden Verwahrte nur noch in Ausnahmefällen entlassen. Damit stellt die (‚gewöhnliche‘) Verwahrung in der Realität oft einen lebenslang dauernden Freiheitsentzug dar.“( … ) „(Es) besteht die grosse Gefahr, dass Verwahrte in der Praxis ‚aufgegeben‘ werden, d.h. ihr lebenslanger Aufenthalt in einer Haftsituation hingenommen wird.“
21 „(Es) erhöht sich das Risiko, dass die (Verwahrungs-) Sanktion als unmenschliche Strafe i.S.v. Art. 3 EMRK zu qualifizieren ist.“
22 „Verwahrte unterliegen in der Schweiz der gleichen Arbeitspflicht wie Personen im Strafvollzug. Diese gilt – wie vom Bundesgericht in bewusster Abweichung von den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen festgelegt – auch für Verwahrte über das Pensionsalter hinaus.“
23 „Keine Privilegien gegenüber Personen im Strafvollzug wird Verwahrten in der Praxis (u.a.) auch im Bereich von Kontakten nach Aussen gewährt.“
(Anm.d.Schreibers: Ausnahme: mehr Telefonate für die IG „Fair-wahrt?“!)
24 „Im Verwahrungsvollzug findet sich ein vergleichsweise besonders grosser Anteil von Personen mit schwersten psychischen Erkrankungen, die einen Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung erfordern, soll die Haft keine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen.“ (Anm.d.Schreibers: Nicht bekannt ist, ob hierbei auch z.B. folgende psychischen Erkrankungen mitgemeint sind: Formen von Klaustrophobie; häufig beobachtbare schwere Depressionen; schwerwiegendes psychisches Leiden als Folge von Mobbing – besonders bei Urteilen wegen Sexualstraftaten, nicht selten durch nicht-verwahrte Mitgefangene und gar noch häufiger durch einen Teil des JVA-Personals)
25 In der Realität leben viele so erkrankte Inhaftierte aber unter Missachtung der Vorgaben von Art. 3 EMRK in Haftanstalten( … ) und damit ohne eine den Umständen angemessene medizinische Pflege.“
26 „Die Forderung nach möglichst grosszügigerer Handhabe von mit der öffentlichen Sicherheit zu vereinbarenden Vollzugslockerungen ist im gegenwärtigen politischen Klima chancenlos. Vielmehr sind weitere Einschränkungen in diesem Bereich wahrscheinlich.“
27 „(Verbesserungen für die Haftsituation von Verwahrten) … die grossmehrheitlich bis zu ihrem Tod inhaftiert bleiben wird, werden damit noch drängender.“

I. EINFÜHRUNG

1. Auftrag

28 „Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte SKMR, Themenbereich Polizei und Justiz wurde durch den Bund( … ) beauftragt, eine Studie zu den menschenrechtlichen Standards in der Verwahrung zu verfassen.“
29 „Die Studie soll grund- und menschenrechtliche Standards zu den Haftbedingungen in der Verwahrung herausarbeiten und die geltenden Regelungen auf Bundes-, Konkordats- und Kantonsebene analysieren.“

2. Ausgangslage: Warum besondere Haftbedingungen für Verwahrte?

30 ( … ) „Im Unterschied zu einer Strafe dient (die Verwahrung) aber nicht der Schuldabgeltung einer begangenen Tat … „( … )*
31 „Die Verwahrung ist nur als ultima ratio anzuordnen, wenn der Rückfallgefahr nicht anders begegnet werden kann.“*
S.7:

Ansätze für Unterschiede des Verwahrungshaftregimes gegenüber dem Strafvollzug:

32 „Personen in einer Verwahrung gehören (meist) zu Kategorien von Inhaftierten, welche gemäss internationalen Standards( … ) anders als ’normale‘ Gefangene zu behandeln sind.“
33 „Es befinden sich (daher) viele Personen in einer Verwahrung, die psychisch krank, aber nicht therapierbar sind.“*
(Anm.d.Schreibers: … oder angeblich nicht therapierbar sind, denn: etwa in Zürich bietet der Psychiatrisch-Psychologische Dienst PPD #als für Personen in Haftanstalten grundsätzlich einzig zugelassene psychologische oder psychiatrische Instanz# Verwahrten in Strafanstalten, wenn überhaupt!, ausschliesslich „deliktorientierte Therapie“ an – und hat selbst dafür bei weitem ungenügende Kapazitäten; andere psychische Leiden und Krankheiten werden, auf Wunsch und in vielen Fällen auch zwangsweise, ausschliesslich mit Psychopharmaka unterdrückt)
34 “ … hat etwa das Deutsche Bundesverfassungsgericht für diesen präventiven Freiheitsentzug (in D genannt Sicherungsverwahrung) das sogen. Abstandsgebot entwickelt, wonach der Vollzug dieser Form des Freiheitsentzugs deutlich liberaler auszugestalten ist als der Strafvollzug.“*
3 (enthält statistische Informationen)
S.8:
4 (erklärt kurz den Aufbau der hier behandelten Publikation)
S.9:

II. DIE VERWAHRUNG IN DER.SCHWEIZ: TERMINOLOGIE UND ABGRENZUNG

1. Begriff ‚Verwahrung‘

35 „Andere Rechtssysteme kennen ebenfalls nicht-punitive Freiheitsentzüge zum Zwecke der Sicherheit der Gesellschaft (z.B. Deutschland, Frankreich, Neuseeland). Daneben gibt es Staaten die eine solche Form des Freiheitsentzuges ausdrücklich nicht vorsehen, z.B. Slovenien.“*
S.10:
2. (Betr. Einordnung im schweizerischen Sanktionensystem)
S.11:
2.1. (Erklärung des zweispurigen Systems von Strafen und Massnahmen)
2.2. (Betr. Unterschied ‚gewöhnliche‘ zu ‚lebenslange‘ Verwahrung)
2.3. (Betr. Abgrenzung ‚gewöhnliche‘ Verwahrung zu stationärer therapeutischer Massnahme #sogen. ‚kleine‘ Verwahrung#)
36 „Das erstinstanzliche Gericht kann die ‚kleine‘ Verwahrung( … ) zur Behandlung von psychisch Kranken für höchstens fünf Jahre anordnen. Danach kann sie jedoch beliebige Male wiederum für fünf Jahre verlängert werden( … )“*
S.12:

III. MENSCHEN- UND GRUNDRECHTLICHE VORGABEN ZUR VERWAHRUNG

„Besonders folgende grund- und menschenrechtliche Standards tangiert:“

1. Recht auf persönliche Freiheit( … ):

37 „Art. 5 EMRK und Art. 9 UNO-Pakt II sowie( … ) Art. 10 Abs. 2 und Art. 31 der (schweiz.) Bundesverfassung (BV) schützen das Recht auf Freiheit und Sicherheit.“
38 „(Bei der Verwahrung) wiegt der Eingriff (des Freiheitsentzugs) umso schwerer, als die Dauer der Verwahrung ( … ) keine Obergrenze kennt.“
39 „(u.a.) Art. 5 EMRK wird auch verletzt, wenn während einer an sich rechtmässigen Verwahrung zwischen dem Haftgrund und der Art, dem Vollzugsort und den Bedingungen der Haft kein genügender Bezug besteht.“*
S .13:
40 „Auch der UNO-Menschenrechtsausschuss (teilt diese Auffassung): Ein Freiheitsentzug kann willkürlich i.S.v. Art. 9 UNO-Pakt II sein, wenn sich Art und Weise der Behandlung von Gefangenen nicht auf den Zweck der Inhaftierung beziehen. Zudem betont der Ausschuss in seinen Allgemeinen Bemerkungen zu diesem Artikel ausdrücklich, dass sich die Haftbedingungen beim Vollzug einer Verwahrung als nicht-punitive Massnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit von denjenigen des Strafvollzugs unterscheiden müssen. Sie dürfen einzig auf die Rehabilitation und Reintegration der betroffenen Personen ausgerichtet sein.“*

2. Menschenwürdige Haftbedingungen und das Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung

41 „Kerngehalt der persönlichen Freiheit ist das Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung, das folglich absolut gilt und keine Eingriffe zulässt.* Diese Garantie findet sich in Art. 10 Abs. 3 BV sowie in Art. 3 EMRK, Art. 1 und 16 FoK und Art. 7 UNO-Pakt II“
42 „Die Frage der Vereinbarkeit mit dieser Garantie kann sich im Zusammenhang mit einer Verwahrung sowohl bei der Ausgestaltung der Haftbedingungen als auch bei ihrer Anordnung stellen.“
43 „Für die Beurteilung massgebend sind die gesamten Umstände des Einzelfalls, namentlich die Dauer, die körperlichen und seelischen Auswirkungen sowie Aspekte wie der Gesundheitszustand, das Alter oder das Geschlecht der betroffenen Person.“*
44 “ … zudem (verankert auch) Art. 10 Abs. 1 UNO-Pakt II das Recht auf menschenwürdige· Haftbedingungen, das für alle Personen gilt, denen die Freiheit entzogen ist.“*
45 „Diese Garantie verlangt u.a., dass die Würde von inhaftierten Personen im gleichen Mass wie bei Personen in Freiheit gewährt werden muss und ihre Rechte nicht weitergehend eingeschränkt werden dürfen, als dass es der Freiheitsentzug mit sich bringt.“*
S.14:

3. Soft Law

46 (Quellen der konkreten und ergänzenden Beschlüsse u. Empfehlungen von Organen internationaler Organisationen – sog.’Soft law‘):* „des Ministerkomitees des Europarats zu verschiedenen Themenbereichen* und die dazugehörigen Kommentare* und im Besonderen die sog. Europäischen Strafvollzugsgrundsätze, die ‚CPT-Standards‘ des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (CPT)* sowie verschiedene Resolutionen der UNO-Generalversammlung*.“

4. Geltung der Rechtsgrundlagen für die Verwahrung

47 „Grund- und menschenrechtliche Vorgaben, die für Personen im Strafvollzug gelten, sind auch für Personen im Massnahmevollzug massgebend.“
S.15:

IV. GESETZLICHE GRUNDLAGEN ZUR VERWAHRUNG IN DER SCHWEIZ

1. Bundesebene
1.1. Gesetzgebungskompetenz

48 (Kompetenz liegt beim Bund, der diese jedoch) „nur rudimentär ausgeübt hat.“
49 „Es finden sich im StGB nur einige wenige grundsätzliche Vorgaben zum Justizvollzugsrecht.“
50 „Mangels eines eigentlichen eidgenössischen Strafvollzugsgesetzes ist der Straf- und Massnahmenvollzug daher weiter eine Domäne des kantonalen Rechts.* Die Kantone haben sich indes zu drei Strafvollzugskonkordaten zusammengeschlossen und so den Straf- und Massnahmevollzug bis zu einem gewissen Grad vereinheitlicht.“*

1.2. Anordnung der Verwahrung

51 „Nach Art. 56 Abs. 2 StGB darf “der #mit einer Massnahme# verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Täters im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten nicht unverhältnismässig“ sein. Die Bedeutung des Verhältnismässigkeitsprinzips bei Anordnung strafrechtlicher Massnahmen wird dadurch besonders hervorgehoben.“*
S.16:
52 „Für die Beurteilung der Schwere des Eingriffs in die Rechte des Täters oder der Täterin sind die Dauer des Freiheitsentzuges und die Ausgestaltung des Vollzuges zu berücksichtigen.“*

1.3. Vollzug der Verwahrung

53 „Art. 74 StGB enthält zwei verfassungsrechtliche Grundsätze, präzisiert für den Straf- und Massnahmevollzug: Die Menschenwürde der Eingewiesenen ist zu achten. Deren Rechte dürfen nur so weit beschränkt werden, als der Freiheitsentzug und das Zusarrnnenleben in der Vollzugseinsrichtung es erfordern.“
54 „Die Gesetzessystematik macht deutlich, dass die Art. 75-89 StGB, welche die Grundsätze des Strafvollzugs kodifizieren, nicht für den Massnahmevollzug gelten sollen.“*
55 „Der Gesetzgeber nahm damit in Kauf, dass für den Massnahmenvollzug auf Bundesebene eine weit tiefere Regelungsdichte als für den Strafvollzug vorgesehen ist.“*
56 Er rechtfertigte das damit, dass( … ) die ärztlich geleiteten Massnahmeeinrichtungen den Kontrollen der Gesundheitsbehörden unterständen.“* (Anm.d.Schreibers: das sind, nebst wenigen Ausnahmen, fast ausschliesslich, zumeist ausgelastet, Psychiatrische Kliniken – mit Tagespreisen pro Person in ihren Sicherheitsabteilungen in drei bis dreieinhalbfacher Höhe gegenüber jenen in Strafanstalten)
57 Diese Vorbringen sind für den Verwahrungsvollzug nicht durchwegs überzeugend, findet dieser doch regelmässig in geschlossenen Strafvollzugseinrichtungen statt* und selbst Massnahmeeinrichtungen unterstehen nur sehr selten der Kontrolle der Gesundheitsbehörden.“*
S.16/17:
58 „Es drängt sich deshalb auf, gewisse Strafvollzugsgrundsätze des StGB sinngemäss auch auf den Vollzug der Verwahrung anzuwenden. #s. dazu aber hiernach unter 57)-62)!#11
59 Nicht explizit vorgesehen ist die sinngemässe Anwendung von Art. 75 StGB für den Verwahrungsvollzug, Praxis und Lehre gehen jedoch von der Geltung dieser Grundsätze auch für den Verwahrungsvollzug aus.*“
S.17: ( … )
60 „Eine allfällige Schlechterstellung von verwahrten Personen, die sich aufgrund einer mangelnden Anwendbarkeit dieser Grundsätze ergeben könnte, lässt sich jedenfalls kaum begründen.“ 61 „Nach Art. 75 Abs. 1 StGB hat der (Straf-)Vollzug das soziale Verhalten der eingewiesenen Person zu fördern, insbesondere die Fähigkeit, straffrei zu leben. Deshalb hat er den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit als möglich zu entsprechen, die Betreuung des Gefangenen zu gewährleisten, schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken ..• “
62 „Der zweite Satz von Art. 75 Abs. 1 StGB konkretisiert das fundamentale Vollzugsziel der Resozialisierung und Wiedereingliederung ( … )“*
63 „Nach dem Normalisierungsgrundsatz ist eine möglichst geringe Diskrepanz zwischen Vollzugswirklichkeit und den allgemeinen Lebensverhältnissen zu schaffen.“*
64 „Als Gegenstück zum Normalisierungsprinzip sieht das Entgegenwirkungsprinzip vor, dass schädliche Folgen der durch den Freiheitsentzug entstehenden Isolation zu vermeiden sind.“*
65 „Das Betreuungsprinzip auferlegt der Vollzugsinstitution eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber den eingewiesenen Personen, deren Handlungsfähigkeit durch den Freiheitsentzug eingeschränkt ist …. „*
S.18: ( … )
66 „Unter dem siebenten Teil des StGB finden sich weitere für den Verwahrungsvollzug relevante Bestimmungen, insbesondere die Pflicht der Kantone, Anstalten für Gefangene in den verschiedenen Vollzugsarten (u.a. im Massnahmevollzug) zu errichten und zu betreiben, gegebenenfalls unter Führung spezieller Abteilungen für besondere Gefangenengruppen.“*

2. Konkordatsebene

67 (Drei regionale Strafvollzugskonkordate: ‚das Ostschweizer- #worunter u.a. auch der Knt. Zürich fällt#, das Zentralschweizer- #mit u.a. Basel, Luzern, Bern# und das Lateinischschweizer-Konkordat #mit Romandie und Tessin#)
68 (Die Konkordate regeln) „auch den Vollzug der Verwahrung.“* (Dazu gehören) „die Pflicht der Kantone zur Bereitstellung der Einrichtungen für die Verwahrung nach Art. 64 Abs. 4 StGB.* Die (Regelung der) Einweisungsmodalitäten (und die) Ausgangs- und Urlaubsgewährung (sowie die) Gewährung des Arbeits- und Wohnexternats und (die) Vollzugsplanung“.
69 „Einzig das Ostschweizer Konkordat formuliert spezifische Empfehlungen für den Vollzug der Verwahrung … “
70 (das Ostschweizer Konkordat) „gewichtet( … ) die Individualinteressen der verurteilten Person und den Wiedereingliederungsauftrag geringer als den Schutz der öffentlichen Sicherheit. ( … )“
S.18/19
71 Gleichzeitig verweist die Empfehlung auf das Verhältnismässigkeitsgebot der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze* und von Art. 74 stGB. ( ••. ) Der Vollzug sei durch möglichst grosse Freiheit innerhalb der Vollzugseinrichtung menschenwürdig zu gestalten.“
72 Insbesondere sei der notwendige Sicherheitsstandard im Einzelfall aufgrund der Persönlichkeit der verwahrten Person zu bestimmen. Es bedürfe nicht für jede verwahrte Person den Sicherheitsstandard einer geschlossenen Strafanstalt.“*
S.19:

3. Kantonale Ebene

73 „Regelmässig finden sich in den kantonalen Einführungsgrundsätzen ( … ) keine expliziten Regelungen zum Verwahrungsvollzug.“
S.19/20:
74 „(u.a. regeln Kantonale Verordnungen) den Vollzugsort*, die Aufhebung und Entlassung*, ( … ) Vollzugslockerungen***, den Umgang mit besonders vulnerablen Gruppen*, das Verhältnismässigkeitsprinzip im Vollzug* … Auch hier ist zu beachten, dass diese Regelungen meist für den Vollzug im Allgemeinen gelten.“
S.20:
75 „(Es) finden sich kaum verwahrungsspezifische Vorgaben oder solche zu älteren oder Langzeitinsassen.“*
76 (In den Hausordnungen, Weisungen und Merkblättern der Anstaltsleitung oder des zuständigen Amtes finden sich) „auch kaum spezifische Anordnungen zum Vollzug der Verwahrung oder zu verwandten Fragestellungen.“
77 „Auch scheint oft wenig geklärt, ob der( … ) regelmässig verwendete Begriff des Massnahmenvollzugs sich nur auf stationäre therapeutische Massnahmen i.S.v. Art. 59 ff. StGB (sogen. ‚kleine‘ Verwahrung) bezieht, oder auch auf die (sogen. ‚gewöhnliche‘) Verwahrung.“
S .21:

V. EIN BESONDERES HAFTREGIME FUR DEN VERWAHRUNGSVOLLZUG?

78 „Die Verwahrung stellt einen sicherheitsbedingten und rein präventiven Freiheitsentzug dar, d.h. losgelöst von punitiven Charaktermerkmalen.“

1. 1. Internationale Vorgaben

79 „Der UNO-Menschenrechtsausschuss fordert in seiner Allgemeinen Bemerkung zu Art. 9 UNO-Pakt II ausdrücklich, dem nicht-punitiven Charakter einer Verwahrung sei mittels einer unterschiedlichen Ausgestaltung der Haftbedingungen im Vergleich zum Strafvollzug Rechnung zu tragen. („nicht-punitiv“ = „nicht-strafend“)* „Die Verwahrung als Massnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit müsse einzig.auf die Rehabilitation und Reintegration der betroffenen Person ausgerichtet sein.“*
80 „Die EGMR hat( … ) im Urteil M. gegen Deutschland die Sicherungsverwahrung als Strafe i.S.v. Art.7 Abs.1 EMRK eingestuft.“*
81 „Soll eine Massnahme daher keine Strafe darstellen, ist damit auch gemäss EGMR dieser Tatsache etwa durch eine Modifikation der Vollzugsbedingungen Rechnung zu tragen. 11
82 „Unter Bezugnahme auf dieses Urteil hält auch ( … ) der Europarat fest, bei einem Freiheitsentzug zum Schutz der Öffentlichkeit vor zukünftigen Delikten, der über die normale strafrechtliche Sanktion hinaus andauert, sollten die Vollzugsmodalitäten erträglich und wenn irmmer möglich besser sein als in ‚ordentlichen‘ Gefängnissen“*.

1.2. Exkurs: Situation in Deutschland

83 „(Deutschland sei besonders konform) So fordert das deutsche Bundesverfassungsgericht, dass über ‚den unabdingbaren Entzug der ‚äusseren‘ Freiheit hinaus weitere Belastungen vermieden werden‘ sollen und dem besonderen Charakter der Verwahrung ‚durch einen freiheitsorientierten und therapeutischen Vollzug Rechnung getragen werden #muss#, der den allein präventiven Charakter der Massregel sowohl gegenüber dem Untergebrachten als auch gegenüber der Allgemeinheit deutlich macht( … ‚Abstandsgebot‘ … )'“*
84 „(für die Sicherungsverwahrung sei… ) mit dem Ziel ( … ) auf diese Weise die Dauer der Freiheitsentziehung auf das unbedingte erforderliche Mass zu reduzieren.“*
85 „(Der … ) Eingriff wiege äusserst schwer, da ( … er) im Interesse
der Allgemeinheit ein ‚Sonderopfer‘ abverlange, da der Freiheitsentzug nicht auf bewiesenen begangenen Taten beruht, sondern nur auf einer notwendigerweise mit Unsicherheiten behafteten Gefährlichkeitsprognose.“*
86 „(Das Deutsche Bundesverfassungsgericht fordert,) dass sich der Vollzug der Sicherungsverwahrung( … ) deutlich vom Strafvollzug zu unterscheiden hat, d.h. hinsichtlich der Unterkunft und der übrigen Haftbedingungen grosszügiger ausgestalten muss.“*
S.23:
87 „das Abstandsgebot wurde in Deutschland in §66c des deutschen Strafgesetzbuches rechtsatzmässig verankert.“*

1.3. Situation in der Schweiz

88 „Weder die Rechtsgrundlage noch die schweizerische Vollzugspraxis unterscheiden aufgrund der unterschiedlichen Rechtsnatur von Strafen und Verwahrungen zwischen dem Vollzug dieser Sanktionen. Verwahrte Eingewiesene erfahren in den Justizvollzugsanstalten daher grundsätzlich dieselbe Behandlung wie Personen im Strafvollzug oder umgekehrt formuliert, sie erhalten wegen ihres Status als Verwahrte keine Begünstigungen.“
89 „(ältere oder kranke und gebrechliche Verwahrte), häufig Insassen von Sonderabteilungen (in JVA), profitieren als Reflex( … ) daher oft dennoch von liberaleren Vollzugsmodalitäten“
(Anm.d.Schreibers: in der Pöschwieser „AGE“ #sogen. Altersabteilung# ist davon, ausgenommen längere Zellenöffnungszeiten und leicht kürzerer Arbeitszeit, wenig zu spüren – vielmehr werden die Haftbedingungen zunehmend verschärft und wird das Personal z.T. unprofessionell und zuweilen schikanös in seinen Aufsichts- und Betreuungstätigkeiten und in Einzelfällen zudem als unbestreitbar vorurteilsbeladen erfahren. Von der Abt. „60+“ in der JVA Lenzburg hört man diesbezüglich zwar von deutlich besseren Erfahrungen, jedoch war diese ursprünglich als Untersuchungsgefängnis konzipiert und ist baulich daher gerade für Verwahrte ungeeignet und wirkt, u.A. aufgrund der Sichtbeschränkungen #keine freie Sicht aus den Zellen# und dem vielen Beton, deprimierend.)
90 „Eine Empfehlung des Ostschweizer Konkordats fordert generell, den Verwahrungsvollzug innerhalb der Vollzugseinrichtung durch Einräumung möglichst grosser Freiheit menschenwürdig zu gestalten.“*
S.24:

1.4. Fazit

91 „Nicht nur völkerrechtlich verbriefte Menschenrechte, sondern auch das Verbot unverhältnismässiger Eingriffe in das Grundrecht der persönlichen Freiheit legen nahe, dass zu einer Verwahrung Verurteilte spätestens nach Verbüssung ihrer Freiheitsstrafe einem weniger rigiden ( … ) Regime unterstehen sollten.“
93 „Die internationalen Vorgaben haben in der kantonalen Gesetzgebung bisher keinen Niederschlag gefunden.“
94 “ … die nach wie vor entsprechend den Regeln des Strafvollzugs erfolgende Verwahrung (stellt) den Normalfall (dar) und (entspricht) daher kaum den völker- und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen.“
S.25:

VI. STANDARDS ZUR AUSGESTALTUNG DES VERWAHRUNGSVOLLZUGS

1. Allgemeine Vorgaben für den Vollzug der Verwahrung

95 „Die Haftbedingungen sind verhältnismässig auszugestalten. ( … und müssen) die Menschenwürde wahren.“*
96 „Es soll in jedem Einzelfall die individuellen Bedürfnisse und das Risikoverhalten festgehalten und der Vollzug entsprechend ausgestattet werden.“*
S.26:

1.2. Normalisierungsprinzip

97 „Das Leben in einer Vollzugseinrichtung soll nach dem Grundsatz der Normalisierung so weit wie möglich demjenigen in der Gesellschaft entsprechen.* ( … ) Die Behandlung der inhaftierten Personen soll nicht ihren Ausschluss aus der Gesellschaft, sondern ihre weitere Zugehörigkeit dazu betonen.“*
98 „(die Inhaftierten) sollten ( … ) im täglichen Leben in der Vollzugseinrichtung Möglichkeiten haben, eigenverantwortlich zu handeln.“*
99 „Das soziale Verhalten (des Verwahrten) und deren Wiedereingliederungschancen sollen gefördert werden.“*

1.3. Entgegenwirkungsprinzip

100 „Die Behandlung inhaftierter Personen hat den negativen Auswirkungen eines Freiheitsentzuges – v.a. wenn dieser wie bei der Verwahrung von langer Dauer ist – entgegenzuwirken.“*
101 „Zu den möglichen schädlichen Folgen können laut dem Ministerkomitee des Europarats Institutionalisierung, Passivität, Verlust des Selbstwertgefühls und Depressionen gehören … „*
S.27:
102 „Die inhaftierten Personen sollen über ihre Rechte und Pflichten sowie die Anstaltsordnung und den Tagesablauf in der Vollzugseinrichtung informiert sein, und in möglichst vielen Bereichen des täglichen Lebens eigene Entscheidungen treffen können.“
103 Das CPT fordert ein Haftregime, das in positiver und proaktiver Weise einen Ausgleich anstrebt und nennt mögliche Massnahmen, um negative Wirkungen der Institutionalisierung von Langzeitinsassen abzuschwächen: ( … ), die Möglichkeit zu einer gewissen selbstbestimmten Wahl der Alltagsgestaltung ( … ), individuelle Vollzugspläne und geeignete psychosoziale Unterstützung.“*

1.4. Grundsatz der Individualisierung und Klassifizierung

104 “ … die unterschiedlichen persönlichen Eigenschaften der inhaftierten Personen (sollen) berücksichtigt werden … „* „zu den zu beachtenden Eigenschaften gehören etwa Alter, intellektuelle Fähigkeiten, Bildungsniveau, soziale Herkunft, soziale Umstände, Persönlichkeit und typische Denkweisen und Verhalten.“*
S.28:

2. Schutz nach Aussen und Innen

2.1. Allgemeines

S.29

2.2. „Gefährliche“ Inhaftierte

2.2. 1. Internationale Vorgaben

108 „Zur Kategorie der gefährlichen Täter und Täterinnen zählt das Ministerkomitee des Europarates Personen, die aufgrund eines schweren Sexual- oder Gewaltdeliktes ( … ) verurteilt wurden und mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erneut eine solche Tat begehen.“*
S.30:
106 „Die Behörden sind gemäss Europarat zudem angehalten, einer allfälligen Diskriminierung und Stigmatisierung von gefährlichen Inhaftierten entgegenzuwirken.“*

2.2.2. Situation in der Schweiz

07 „Die Beurteilung der Gemeingefährlichkeit hat sich( … ) auf eine umfassende Prüfung, m.a.W. auf eine willkür- und rechtsfehlerfreie Risikokalkulation zu stützen“* Die forensische Begutachtung ( •.. hat) die psychische Verfassung der zu beurteilenden Person( … ) abzuklären und prognostisch einzuschätzen; die Behörde darf sodann von der fachgutachterlichen Beurteilung nicht ohne triftige Grunde abweichen.“*
S.31:
108 ( … ) „Fehleinschätzungen können sich dabei als ‚false negative'(= Gefährlichkeit unterschätzt) oder ‚false positive‘ (= fälschlicherweise von einer Gefährlichkeit ausgegangen) herausstellen.“*
109 „(Es ist) „gesetzlich vorgesehen, dass das Gericht eine Massnahme in der Regel nur anordnet, wenn eine geeignete Einrichtung zur Verfügung steht,* und dass eine Massnahme, fur welche die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, aufzuheben ist.“*

2.3. Sicherheit gegen aussen

S.32:

2.3.2. Situation in der Schweiz

110 „In der Praxis ist der Vollzugsort für die grosse Mehrheit der verwahrten Personen eine geschlossene Justizvollzugsanstalt; meist im Normalvollzug aber bei Vorliegen grosser Fluchtgefahr oder bei Drittgefährdung allenfalls auch im Sicherheitsvollzug; lediglich 13% der Verwahrten sind in offenem Massnahmeeinrichtungen oder anderweitigen Einrichtungen untergebracht.“*

2.4. Sicherheit gegen innen

S.33:

2.4.2. Situation in der Schweiz

111 „Einzelhaft ist( … ) nur dann zulässig, wenn dies für den Schutz der betroffenen Person oder Dritter notwendig ist, als vorübergehende therapeutische Massnahme oder kurzfristig als Disziplinarsanktion.“*
S.34:

2.5. Fazit

112 „Ob ( … ) alte und gebrechliche Verwahrte weiterhin in Anstalten mit höchsten Sicherheitsstandards festgehalten werden müssen, erscheint zumindest fragwürdig.“

3. Vollzugsplanung und Behandlung

3.1. Internationale Vorgaben

113 „Die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze ermpfehlen, ein besonderes Augenmerk auf die Vollzugsplanung bei Personen mit einer lebenslangen Haftstrafe und sonstigen Langzeitinhaftierten zu legen.* Nach der Empfehlung des Ministerkomitees über die Behandlung (solcher Inhaftierten) gelten als Langzeitinhaftierte bereits Personen mit einer oder mehreren Freiheitsstrafen von einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren.“*
114 „(Nach dem Grundsatz der Individualisierung) soll ein strukturiertes Haftregime die Zeit im Freiheitsentzug zudem nutzbringender (more constructiv) machen.*( … ) Progression kann ein wichtiges Mittel gegen den geistigen Abbau und bei der Vorbeugung von schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges im Allgemeinen sein … „*
S.35:
115 „Gemäss CPT-Standards soll das Haftregime bei Langzeitinhaftierten anstreben, in positiver und proaktiver Weise die entsozialisierenden Auswirkungen der Langzeithaft (z.B. Institutionalisierung, Entwicklung von psychischen Problemen) auszugleichen.“*
116 „Diejenigen Täter und Täterinnen, die fUr eine unbestimmte Zeit inhaftiert sind, befinden sich in einer ausserordentlichen Stresssituation, da kein genaues Entlassungsdatum feststeht.“
117″Bei Personen, die möglicherweise ihr gesamtes künftiges Leben in einer Vollzugseinrichtung verbringen werden, soll mit besonderer Aufmerksamkeit eine dynamische Planung erfolgen, die den Zugang zu sinnvollen Tätigkeiten und geeigneten Programmen ermöglicht.“*
118 „(Gemäss verschiedenen Soft-Law-Empfehlungen und auch in der Rechtssprechung des EGMR ..• sollen) Verwahrte die reelle Chance haben, die Gefährlichkeit zu vermindern, die Grund ihres Freiheitsentzuges ist.“*
S.36:
119 „(Das EGMR) erachtete es angesichts der unbestimmten Dauer der Sicherungsverwahrung (D) zudem einerseits als notwendig, dass besondere Bemühungen zur Unterstützung der Betroffenen unternommen werden, da diese regelmässig nicht in der Lage seien, durch eigene Anstrengungen Fortschritte in Richtung Entlassung zu machen.* Andererseits bedurften verwahrte Personen in besonderer Weise psychologischer Betreuung und Unterstützung.“*

3.2. Situation in der Schweiz

120 „Verwahrte Personen sind zu einem Freiheitsentzug verurteilt, der an keine Obergrenze gebunden ist und damit lebenslang dauern kann. ( … ) Am Stichtag 31. Dezember 2013 (befanden sich) 97 von 144 Personen mit einer Verwahrung nach Art.64 StGB bereits seit über zehn Jahren im Vollzug; weitere 36 verwahrte Personen befanden sich seit über fünf Jahren im Freiheitsentzug.* Verwahrte in der Schweiz sind daher stets Langzeitinhaftierte im Sinne der internationalen Vorgaben.“
S.37:
121 „(Die Gesetze über Straf- und Massnahmevollzug*) oder die entsprechenden Verordnungen*( … ) enthalten( … ) keine spezifischen Bestimmungen zur Ausgestaltung von Vollzugsplänen für ältere oder für auf lange Dauer Eingewiesene.“

3.3. Fazit

122 „In der Praxis dürfte (in den Schweizer Kantonen) angesichts des oft kaum absehbaren Fernziels in Richtung Entlassung oder auch einer Umwandlung in eine andere Massnahme die Festsetzung von Zielen, welche Fortschritte in Richtung Entlassung ermöglichen, kaum realistisch sein.“
123 „Die Gefahr, dass damit die Vollzugsplanung auch angesichts der oft nur rudimentären psychiatrischen Behandlung von Personen im Verwahrungsvollzug zu einer Alibiübung wird, ist daher nicht von der Hand zu weisen.“

4. Resozialisierung und Wiedereingliederung*

4.1. Internationale Vorgaben

124 „Als besonders geeignet zur Wiedereingliederung von ausgewählten Inhaftierten nennen die Nelson Mandela Rules offene Vollzugseinrichtungen, bei denen die Sicherheit nicht mittels physischer Sicherheit gegen Fluchten, sondern gestutzt auf die Selbstdisziplin der betroffenen Personen sichergestellt wird.“*
S.38:
125 „Gerade mit Blick auf den in der Regel lange dauernden Freiheitsentzug bei einer Verwahrung gilt es, eine sorgfältige Vollzugsplanung vorzunehmen, um die Gefahr von Haftschäden möglichst zu minimieren.“*
126 „Den betroffenen Personen soll eine schrittweise Rückkehr in die Gesellschaft ermöglicht werden.“*
127 „Eine wichtige Rolle spielt dabei der Kontakt zur Aussenwelt, da es kaum zielführend wäre, eine Person etwa aus einer Hochsicherheitsabteilung direkt in die Freiheit zu entlassen.“*
128 „Die EGMR hält in seiner Rechtsprechung fest, es sei kaum mit der Menschenwürde vereinbar, wenn eine Person ohne Möglichkeit auf Wiedererlangung der Freiheit inhaftiert werde. ( … ) So werde denn mittlerweile sowohl im europäischen als im internationalen Recht anerkannt, dass auch lebenslang Inhaftierte die Möglichkeit für eine Rehabilitation und die Aussicht auf eine Entlassung, wenn diese erreicht ist, haben sollen. „*

4.2. Die Situation in der Schweiz

S.39:
129 „In der Praxis sind spezifische Resozialisierungsmassnahmen für verwahrte Personen ( … ) kaum existent: Bei Personen im Verwahrungsvollzug ist von fehlender Therapierbarkeit auszugehen; sie werden daher i.d.R nicht in Massnahme-, sondern in Strafvollzugsanstalten festgehalten* und auf psychotherapeutische Massnahmen wird weitgehend verzichtet.“

4.3. Fazit

130 „Der aus Art. 3 EMRK abgeleiteten Verpflichtung, auch bei lebenslang oder auf unbestimmte Zeit Inhaftierten eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft anzustreben, wird in der Schweiz kaum nachgelebt, obwohl die rechtlichen Grundlagen den internationalen Vorgaben an sich Rechnung tragen.
S.39/40:
131 „(die Verwahrung stellt) heute in aller Regel eine ausweglose Endstation dar. Dieser Praxis wohnt indes ein hohes Risiko einer Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit wie auch auf das Verbot unmenschlicher Behandlung inne: Denn je länger eine Präventivhaft dauert, desto mehr muss der Staat nachweisen, dass er alles in seiner Möglichkeit Stehende unternorrmen hat, damit die betroffene Person wieder in die Gesellschaft integriert wird.“
S.40:
132 „Kapitulieren staatliche Behörden aber vollends und stellen jegliche Bemühungen um Resozialisierung und damit um eine mögliche Beendigung dieser Massnahme ein, bestehen starke Indizien für eine Verletzung des Verbots unmenschlicher Behandlung.“

5. Arbeit

5. 1. Internationale Vorgaben

133 „Der Europarat empfiehlt( … ) den Wegfall der Arbeitspflicht nach Erreichung des Rentenalters.“
134 „Die Arbeit in einer Vollzugseinrichtung ist so auszugestalten, dass sie die Fähigkeiten der inhaftierten Personen bewahrt oder steigert.“*
135 „Die Arbeitsbedingungen müssen möglichst denjenigen ausserhalb des Freiheitsentzuges entsprechen und damit dem Normalisierungsprinzip Rechnung tragen.“*
S .41:
136 “Die Interessen der inhaftierten Personen und ihre Berufsausbildung sind ( … ) nicht dem Zweck einer Gewinnerzielung unterzuordnen*. Innerhalb der durch die Einrichtungsadministration, Disziplin und Auswahl eines geeigneten Berufs vorgegebenen Grenzen sollen die inhaftierten Personen die Art der Arbeit selber wählen können.“*

5.2. Situation in der Schweiz

137 „Das Bundesgericht hält( … ) dafür, dass die Arbeitspflicht bei einer verwahrten Person im Rentenalter weiterhin besteht.* Es betont, die Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates begründeten keine subjektiven Rechte und Pflichten. Sie seien ’nicht in der Weise völkerrechtlich verbindlich, dass deren Missachtung für sich allein als Verstoss gegen verfassungsmässiger Rechte der Bürger# … # angefochten werden könnte‘ und sie konkretisierten lediglich den Normalisierungsgrundsatz, der bei älteren Inhaftierten jedoch in den Hintergrund rücke.* Der EGMR bestätigte mit Urteil vom 9. Februar 2016, dass Ziff. 105.2 der europäischen Strafvollzugsgrundsätze nicht zwingend als absolutes Verbot der Arbeitspflicht für Eingewiesene im Rentenalter zu verstehen sei. Mangels Konsens der Mitgliedstaaten der EMRK über die Zulässigkeit einer Arbeitspflicht für Eingewiesene im Rentenalter stehe den schweizerischen Behörden bei der Regelung dieser Frage ein Ermessenspielraum zu.*( … ) Auf die besondere rechtliche Situation
von verwahrten Personen im Rentenalter ging das Gericht nicht ein.“
(Anm.d.Schreibers: der vorliegende Punkt 139) bezieht sich gänzlich auf den – entbehrungsreichen und doch gescheiterten – Versuch des Schreibers, für pensionierte Gefangene künftig lediglich ein Arbeitsangebot, jedoch keine Arbeitspflicht mehr zu erstreiten.)

5.3. Fazit

138 „(Nach Ansicht der Verfasser der Forschungsarbeit} sollte (bei Verwahrten im Pensionsalter) die Arbeit zugunsten rehabilitativer, sozialer und freizeitorientierter Aspekte in den Hintergrund treten“*
S.42:
139 … ‚pensionierten‘ Verwahrten sollte aber (auf deren Wunsch) selbstverständlich Arbeitsmöglichkeiten geboten ( … ) werden.
S.43:

6. Aktivitäten und Beschäftigung

6. 1. Internationale Vorgaben.

140 „Allgemein sollen die speziellen Bedürfnisse von älteren Personen berücksichtigt werden: Aktivitäten sollen an ihre Fähigkeiten angepasst werden und auf die Erhaltung ihres physischen und psychischen Wohlbefindens ausgerichtet sein.“*
141 „Um ein Gefühl von Autonomie und Selbstverantwortung zu entwickeln, soll ihnen eine gewisse Wahl in der Tagesgestaltung eingeräumt werden.

6.2. Situation in der Schweiz

S.44:
142 „Spezielle Vorgaben für verwahrte oder ältere Eingewiesene( … ) kennt das kantonale Recht hingegen nicht. Ein Bericht zu älteren Personen im Straf- und Massnahmenvollzug des Amts fUr Justizvollzug des Kantons Zürich bestätigt aber, dass sich der Vollzugsalltag älterer Eingewiesener durch altersgerechte Betreuung und Pflege sowie gemeinschaftsfördernde Aktivitäten und Archidektur auszeichnen sollte.* (Empfehlung von Beschäftigungs- und Freizeitangeboten) unter Anpassung des Verhältnisses zwischen fremdbestimmter Zeit und Dispositionszeit an das altersbedingte Bedürfnis nach Rückzug und Ruhe.“*
143 „(Neben der Abt. 60+ in der JVA Lenzburg) Ein anderes Beispiel einer speziellen Abteilung für ältere eingewiesene Personen kennt die JVA Pöschwies, in deren Gruppe ‚Alter und Gesundheit‘ gegenwärtig 30 Personen untergebracht sind, welche u.a. längere Zellenöffnungszeiten und die Möglichkeit grosszügigerer Hofbenutzung als im sonstigen Vollzug geniessen.“ (Siehe aber dazu auch die Anm.d.Schreibers oben unter 86.)

6.3. Fazit

144 „Je länger die Haft und je weniger realistisch eine Entlassung in die Freiheit erscheint, desto zentraler ist die Möglichkeit, dass einer inhaftierten Person auch innerhalb einer Haftsituation Lebensperspektiven ermöglicht werden.“
S.45:

7. Kontakt zur Aussenwelt

7. 1. Internationale Vorgaben

145 „Kontakte zur Aussenwelt sind von grosser Bedeutung, um schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken.*
146 „Um der Wichtigkeit der Aufrechterhaltung von sozialen und familiären Bindungen Rechnung zu tragen, ist der Vollzugsort möglichst in der Nähe von Angehörigen zu wählen.“*

7.2. Situation in der Schweiz

S.46:
147 „Weder auf Bundes- noch auf kantonaler Ebene finden sich Rechtsgrundlagen, die spezielle Bestimmungen für verwahrte, ältere oder für längere Dauer eingewiesene Personen vorsehen wurde.“

7.3. Fazit

148 „Kontakte nach Aussen stellen für jahrzehnte- oder gar lebenslang Inhaftierte(,,,) ohne realistische Entlassungsperspektive zeitlich unbegrenzt die einzige Kontaktmöglichkeit in die Aussenwelt.“
149 „(Bei Verwahrten) sind die Behörden aber auch gehalten, den durch den Freiheitsentzug an sich massiv tangierten persönlichen Beziehungen möglichst keine weiteren Schranken aufzuerlegen.
150 „Verwahrten sind ( … ) grosszügigere Telefon-, Brief- und Besuchsregelungen einzuräumen oder allenfalls auch gesicherte Kontakte via Skype u.ä. zu erlauben, soweit einem solchen Vorhaben nicht klare Sicherheitsbedenken entgegenstehen.“*

8. Vollzugslockerungen

8.1. Allgemeines

8 1.1. Internationale Vorgaben

151 „Die Empfehlung des Europarats zu Langzeitinhaftierten hält fest, dass die individuelle Planung eine fortlaufende Entwicklung durch das Vollzugssystem hindurch sicherstellen soll.* Bei Personen mit einem längeren Freiheitsentzug ist im Besonderen dafür zu sorgen, dass eine schrittweise Rückkehr in die Gesellschaft möglich ist.“*
S.46/47:
152 „Dies kann durch ein Entlassungsvorbereitungsprogramm in der Vollzugseinrichtung erreicht werden oder durch eine bedingte Entlassung unter Aufsicht und verbunden mit einer sozialen Unterstützung.“*
S.47:
153 „Für verwahrte Personen empfiehlt das Ministerkomitee den zuständigen Behörden, die Reduktion von Freiheitseinschränkungen und eine Entlassung aus der Verwahrung als Ziel zu verfolgen … „*
154 „Das CPT führte nach seinem Besuch in der Schweiz im Jahr 2011 aus: ‚Verwahrte Personen sollten erkennen können, dass Fortschritte bis hin zu ihrer Entlassung möglich sind, und insbesondere Gelegenheit erhalten, ihre VertrauenswUrdigkeit im Rahmen von Erleichterungen beim Massnahmenvollzug (Urlaub etc.) unter Beweis zu stellen …. „*

8.1.2. Situation in der Schweiz

155 „Es ist (in der Schweiz) vorgesehen, dass für die Bewilligung von Vollzugsöffnungen die Bestimmungen zum Strafvollzug sinngemäss auf den Massnahmenvollzug anwendbar sind.* Auch der Massnahmenvollzug hat folglich grundsätzlich auf eine Progression ausgerichtet zu sein.* (gefolgt vom Hinweis, dass hierzulande für Verwahrte vorgängig „die Gemeingefährlichkeit beurteilt“*wird)
S.48:
156 „Gemäss der Ostschweizer Strafvollzugskommission für den Vollzug der Verwahrung sind auf Wiedereingliederung ausgerichtete Vollzugsöffnungen nicht sinnvoll, da sich der Verwahrungsvollzug nicht auf die bedingte Entlassung ausrichte.* Sie seien zwar nicht – wie beim Vollzug der lebenslänglichen Verwahrung (nach Art.64 lbis StGB) – grundsätzlich ausgeschlossen, sie kämen jedoch nur in begründeten Ausnahmefällen in Frage;* … unbegleitete Vollzugsöffnungen seien nicht zu gewähren.“*
S.49:

8.2. Ausgang und Urlaub

8.2.1. Internationale Vorgaben

157 „Das Ministerkomitee des Europarats empfiehlt, Urlaube von inhaftierten Personen ‚aus medizinischen, erzieherischen, beruflichen, familiären und anderen sozialen GrUnden möglichst grosszügig zu gewähren‘.“* Es soll ihnen ( … ) z.B. gestattet werden, (…) erkrankte Verwandte zu besuchen, an einer Beerdigung teilzunehmen „*
158 „(Urlaube können) als Testfelder dienen: zum einen für die betroffene Person selber; zum anderen als Anhaltspunkt für die Behörden beim Entscheid, ob die inhaftierte Person für eine Entlassung geeignet ist.“*
159 „Auch die Empfehlung über die Behandlung von Strafgefangenen mit langen Freiheitsstrafen hält fest, dass ein Ausgang ’nicht als Hafterleichterung, sondern als integrierenden Bestandteil des Behandlungsprogranrns‘ zu gewähren ist.“*
160 „Die Urlaubsgewährung bei Tätern und Täterinnen mit einer ’sichernden Massnahme‘ ( … ) ist ebenfalls zu erwägen.“*

8.2.2 Situation in der Schweiz

S.50:
161 „Bei der Gewährung von Urlaub steht den kantonalen Behörden ein weiter Ermessensspielraum zu: eine Verweigerung erfordert jedoch ernsthafte und objektive Gründe.“*
162 „In einem jüngeren Entscheid hielt das Bundesgericht Überdies fest, dass das StGB keine Ausgänge aufgrund rein humanitärer Überlegungen kenne.“
163 „Die Richtlinien des Strafvollzugskonkordats der Nordwest- und der Innerschweiz zu Ausgangs- und Urlaubsgewährung sind auch auf die ordentliche Verwahrung anwendbar.* Gemäss diesen dienen Ausgang und Urlaub u.a. der Aufrechterhaltung des Bezugs zur Aussenwelt und zur Strukturierung eines langen Vollzugs.“*

8.3. Versetzung in eine offene Einrichtung, Arbeits-, Wohnexternat

8.3.1 Situation in der Schweiz

164 „Die erste Stufe einer Vollzugslockerung besteht i.d.R. im Übertritt (…) in eine offene Einrichtung … aus
Art. 77a Abs. 2. 1.V.m. Art.90 Abs.2bis StGB ergibt sich (…) dass diese Möglichkeit (auch für eine verwahrte Person) vorgesehen ist.“
S.51/52:
165 „(Ebenso ist auch ein Arbeits- und Wohnexternat für verwahrte Personen möglich) …dafür sind wiederum die Bestimmungen des Strafvollzugs anwendbar.“
S.52:

8.4. Bedingte Entlassung

8.4.1. Internationale Vorgaben

S.52/53:
166 „(Das CPT – Europäisches Komitee zur Verhutung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung) … forderte die Schweiz (nach seinem Besuch hier im Jahr 2011) auf, das Konzept der Verwahrung ‚auf Lebzeiten‘ zu überdenken, da es nach seiner Ansicht unmenschlich ist, eine Person ohne echte Hoffnung auf Entlassung lebenslänglich einzusperren.“*
(Anm.d.Schreibers: Beim hier erwähnten Besuch 2011 konnte dieser ausführlich mit der Leiterin der Delegation sprechen. Dabei verwies er auch auf die schon damals zunehmende Tendenz, die ‚gewöhnliche‘ Verwahrung nach Art.64 StGB in der Realität der ‚lebenslänglichen‘ Verwahrung nach Art.64 lbis anzugleichen, indem einerseits die sogen. jährlichen ÜberprUfungen meist nur noch als Alibiübung ohne jegliche Einzelfallprüfung ‚abgehakt‘ oder oft gleich ganz darauf verzichtet wurde. In der Folge bediente der Schreiber die CPT über die Jahre regelmässig brieflich mit Berichten über die Situation von Verwahrten hier. Das CPT würdigt und verdankt die „wichtigen Beiträge und Informationen“.)
S.53:
167 „Der Gerichtshof (EGMR) hält ( … ) fest, dass es nicht mit der Menschenwürde vereinbar wäre, einer Person die Freiheit zu entziehen ohne zumindest die Möglichkeit vorzusehen, eines Tages wieder aus der Haft entlassen zu werden.“*
168 „Zu Beginn eines Vollzugs soll eine inhaftierte Person, entweder den Zeitpunkt einer vorgesehenen Entlassung von Rechts wegen, oder den möglichen Zeitpunkt der Bewilligung einer bedingten Entlassung und die dafür massgeblichen Kriterien kennen.“* ( … ) Massgebend sind
nicht die Verhältnisse im Zeitpunkt der Anordnung der Sanktion, sondern die aktuellen Umstände.“*
S.54:

8.4.2. Situation in der Schweiz

169 „Das StGB sieht die bedingte Entlassung sowohl aus der ordentlichen* (‚gewöhnlichen‘) wie auch der lebenslänglichen* Verwahrung vor … ) .. (Die zuständige Behörde) prüft von Amtes wegen mindestens einmal jährlich ( … ), ob und wann der Täter aus der Verwahrung bedingt entlassen werden kann … „*
170 „Sie stützt ihren Entscheid dabei auf einen Bericht der Anstaltsleitung, eine unabhängige, sachverständige Begutachtung im Sinne von Art. 56 Abs.4 StGB, die Anhörung der kantonalen Kommission i .S.v. Art. 62d Abs.2 StGB wie auch auf die Anhörung des Täters.“* S.55:

8.5. Fazit

171 „Da die bereits heute (Stand 2016) rigide Anwendung der Regeln zu Vollzugslockerungen künftig weiter verschärft werden dürfte, wird der Bereich Vollzugslockerungen in der Realität verwahrter Personen kaum eine nennenswerte Option darstellen. Ob diese Tatsache mit menschenrechtlichen Vorgaben kollidiert, kann nur mit Bezug auf einen konkreten Einzelfall beantwortet werden.“
172 „Vor dem Hintergrund einer Haftrealität, die sich für Personen im Verwahrungsvollzug im Regelfall bis zu ihrem Lebensende ununterbrochen hinter Gefängnismauern abspielt, ist daher die Ausschöpfung aller Möglichkeiten gefordert, den Haftalltag so freiheitlich auszugestalten wie es sicherheits- und anstaltsbedingt möglich erscheint.“

9. Gesundheitsversorgung

9. 1. Staatliche Schutz- und Fürsorgepflichten Bereich Gesundheitsversorgung

9. 1. 1. Internationale Vorgaben

73 „Die Behörden ( … ) sind verpflichtet, eine angemessene Gesundheitsfürsorge bereitzustellen und dafür zu sorgen, dass der Freiheitsentzug die Gesundheit der Betroffenen nicht wesentlich beeinträchtigt.“*
S.56:
174 „Die medizinische Versorgung hat dabei nach dem sogenannten Äquivalenzprinzip innerhalb des Justizvollzugs gleichwertig zu sein wie diejenige ausserhalb.* Dies gilt gleichermassen für die somatische wie auch die psychiatrische Versorgung. (Für spezialisierte Behandlung oder Operation) soll (die inhaftierte Person) in eine Spezialeinrichtung oder in ein ziviles Krankenhaus verlegt werden.“*

9. 1.2. Situation in der Schweiz

175 „(Nach Schweizer…Recht ist obiges auch vorgesehen) Es ist hierbei insbesondere (u.a. auch) an die Bereitstellung gesunder Nahrung sowie Bewegungsmöglichkeiten zu denken.“
S.57:
176 “ … Das (Schweizer) StGB ermächtigt den Bund ausdrücklich dazu, spezifische Bestimmungen zum Vollzug von Strafen und Massnahmen an kranken, gebrechlichen und betagten Personen zu erlassen.* Von dieser Kompetenz hat er bis heute nicht Gebrauch gemacht.“
(Anm.d.Schreibers: zwei Beispiele, welche hierbei teils gravierende Mängel zumindest in dieser JVA (Pöschwies) aufzeigen sollen:
1. Ein verwahrter Afroamerikaner #“versuchte Vegewaltigung“#, der deutschen Sprache nicht mächtig, wurde als untherapierbar erklärt, weil er unter Aphasie (Sprachverlust) leidet. Nach einer bedingten Grundstrafe, verhängt vor ca. ca. 18 Jahren, bleibt er verwahrt und erhält keine therapeutische Hilfe für seine Aphasie, obwohl der Schreiber an seiner Statt die Verantwortlichen auf die Existenz entsprechender Therapieansätze und -Experten ‚ausserhalb‘ hingewiesen hatte.
2. betrifft des Schreibers Zwiebelallergie: Trotz entsprechender Empfehlung des JVA-Arztdienstes und einer herangezogenen Ernährungsberaterin scheint die JVA für dieses Problem keine halbwegs befriedigende Lösung zu ermöglichen. Entweder muss der Schreiber immer wieder auf häufig Zwiebeln enthaltende Beilagen wie Gemüse, Fleisch, Saucen etc. verzichten, oder er muss auf die sogenannte ‚leichte Kost‘ ausweichen, die regelmässig viel zuwenig Gemüse enthält, wovon der Schreiber aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme auf Drängen des Arztes gerade reichlich zu sich nehmen sollte. Dabei verbietet ihm aber die strikte durchgesetzte Hausordnung strikt jegliches Nachschöpfen aus dem (Gemüseteil des) Normalkostangebots, egal wieviel dann entsorgt werden muss.)

9.2. Gesundheitsversorgung bei psychisch Kranken

9.2.1. Internationale Vorgaben

177 „Personen mit einer psychischen Erkrankung sind gemäss den internationalen Vorgaben entweder in einer allgemeinen psychiatrischen Klinik oder in einer speziellen Einrichtung innerhalb des Justizvollzugssystems unterzubringen, die über eine Ausstattung und qualifiziertes Personal verfügt, um eine angemessene Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.“*
(Anm.d.Schreibers: Hier nochmals den Hinweis, dass es – jedenfalls im Kanton Zürich – auch für Langzeit- und verwahrte Gefangene nebst der „Deliktorientierten Therapie“ und der ausschliesslich psychopharmazeutischen Versorgung des PPD grundsätzlich keine therapeutischen Hilfen für jegliche anderen persönlichen psychischen Krankheiten oder Probleme der Gefangenen gibt.)
178 „Bei Personen mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung sollte die Einweisung in Einzelhaft verboten werden, wenn ihre Bedingungen dadurch verschlechtert würden.“*
179 „Der EGMR erachtet es als notwendig, dass Verwahrte aufgrund des möglicherweise unbegrenzten Freiheitsentzuges in besonderer Weise psychologische Betreuung und Unterstützung erhalten.“*
180 „Das CPT hält in seinen Standards fest, dass Langzeitinhaftierte über das ‚Institutionalisiert-werden‘ viele psychische Probleme – wie etwa den Verlust der Selbstachtung oder den Abbau sozialer Fertigkeiten – entwickeln können. Das Haftregime soll in positiver und proaktiver Weise anstreben, diese Auswirkungen auszugleichen.“*
S.58:

9.2.2. Situation in der Schweiz

181 “(Weil Verwahrte nach Art. 64 StGB als „nicht therapierbar“ gelten) sieht das Bundesrecht für (diese) keine Psychotherapien vor die auf Heilung und Resozialisierung ausgerichtet sind.“*

9.3. Gesundheitsversorgung bei körperlich behinderten Personen

9.3.1 Internationale Vorgaben

182 „(Die Behörden haben) bei Notwendigkeit besondere Vorrichtungen anzubringen um den Bedürfnissen dieser Personen gerecht zu werden, so dass diese ein möglichst normales Leben führen können und nicht von den übrigen Inhaftierten getrennt sind.“*

9.3.2. Situation in der Schweiz

183 „In den schweizerischen Rechtsgrundlagen zum Straf- und Massnahmenvollzug finden sich keine spezifischen Bestimmungen zu eingewiesenen Personen mit körperlicher Behinderung ( … )“
(Anm.d. Schreibers: Für Betagte und Kranke steht in der sogen. „Altersabteilung“ der JVA Pöschwies kein Pflegepersonal zur Verfügung und die Aufseher sind weder für Pflege ausgebildet noch zuständig. Zudem wird das nach Hausordnung geltende „Hifeverbot für Insassen untereinander“ auch
dort strikte durchgesetzt. Z.B. darf, unter Bussen-Androhung, etwa einem älteren, unter Gliederschmerzen leidenden Gefangenen, bei der Zellenreinigung oder anderen solchen Dingen, von einem empathischen fitteren Kollegen, ungeachtet einer allf. bekannten guten sozialen Kompetenz und auch eines ggf. als sehr gut bekannten Verhältnisses zwischen diesen nicht geholfen werden.)
S.59:

9.4. Gesundheitsfürsorge bei älteren Personen

9.4. 1. Internationale Vorgaben

184 „( … ) Das Haftregime soll besonderen Anforderungen an die Gesundheitsversorgung dieser besonders verletzlichen Gruppe von Inhaftierten Rechnung tragen“*( … )
185 „Durch die Bereitstellung von Diätmahlzeiten sollen ihre besonderen Ernährungsbedürfnisse Berücksichtigung finden .. „* ( … )

9.4.2. Situation in der Schweiz

186 „Bei älteren Personen im Verwahrungsvollzug auferlegen das Entgegenwirkungsprinzip und das Prinzip der Fürsorge dem Staat eine besondere Betreuungspflicht.* Diesem Anliegen kommt bei älteren Personen im Straf- und Massnahmenvollzug Vorrang vor Resozialisierungs- und Sicherungsinteressen zu.“*
S.60:

9.5. Gesundheitsversorgung bei unheilbar Kranken Personen und am Lebensende

9.5.1. Internationale Vorgaben

187 „( … ) Ein entsprechender Entschluss (z.B. Sterbehospiz oder Entlassung zwecks Ermöglichung würdevollen Sterbens) soll gestützt auf medizinische Gründe getroffen werden.“*

9.5.2. Situation in der Schweiz

188 „Art. 92 StGB erlaubt den Unterbruch des Vollzus von Strafen und Massnahmen ‚aus wichtigen Gründen‘. Im Falle eines 89-jährigen, krebskranken Täters mit einer Lebenserwartung von acht bis zehn Monaten, welcher zu einer 10-jährigen Freiheitsstrafe verurtelt wurde, erachtete das Bundesgericht in Abwägung der Schwere der begangenen Delikte und der erst zu einm kleinen Teil abgesessenen Freiheitsstrafe diese Voraussetzung als nicht erfüllt.*( … ) Bestimmungen, welche die allgemeinen Vorgaben des StGB konkretisieren, finden sich weder auf konkordats- noch auf kantonaler Ebene.“
189 „( … ) Auf parlamentarische Anfrage befand der Bundesrat, dass ( … ) die Beurteilung im Einzelfall einen Ermessensspielraum darstelle).“*

9.6. Fazit

190 „( … ) Das Recht auf Freiheit und Sicherheit von EMRK und UNO-Pakt II wie auch die entsprechenden Vorgaben der Verfassung verlangen ( … ) soweit zeitlich möglich die Entlassung (von sterbenden Inhaftierten)* oder zumindest ihre Verlegung in eine Pflegeeinrichtung ausserhalb des Vollzugskontextes.“
S.62:

10. Vollzugsort und Unterbringung

10. 1. Allgemeines

10. 1. 1. Internationale Vorgaben

191 „(Aus dem Recht auf menschenwürdige Haftbedingungen und aus den Nelson Mandela Rules geht nicht hervor) Ob die international geforderte Unterschiedlichkeit der Haftbedingungen im Straf- und im Verwahrungsvollzug eine Unterbringung in getrennten Abteilungen oder gar Anstalten erfordert ( … ).“

10. 1.2. Situation in der Schweiz

192 „Nach Art. 56 Abs. 5 StGB ordnet das Gericht eine Massnahme in der Regel nur dann an, wenn eine geeignete Einrichtung zur Verfügung steht. Die Bestimmung verlangt von den Gerichten, die Ausgestaltung, Tragweite und Realisierbarkeit einer anzuordnenden Massnahme zu kennen und über die Anordnung entsprechend zu entscheiden.“*
193 „In seiner Botschaft zur Revision des Allgemeinen Teils des StGB befand der Bundesrat, die Unterbringung in einer Strafanstalt komme nur bei einer Verwahrung von schuldfähigen, psychisch gesunden Straftätern in Frage.“
S.64:
194 „Das Ostschweizer Konkordat betont, der Vollzug der Verwahrung sei durch möglichst grosse Freiheit innerhalb der Vollzugseinrichtung menschenwürdig zu gestalten ( … ). Es bedürfe daher nicht für jede verwahrte Person den Sicherheitsstandard einer geschlossenen Strafanstalt.“*
195 „In der Praxis werden ( … ) heute Verwahrte in aller Regel und zunehmend in geschlossene Institutionen meist des Straf- und ausnahmsweise des Massnahmevollzugs eingewiesen.“
S.65:

10.2. Besondere Einrichtungen für ältere Inhaftierte?

196 „Ältere Personen bedürfen oft nicht mehr des gleichen Sicherheitsstandards wie bei ihrer Inhaftierung. Damit die Vollzugsmodalitäten angemessen sind, sollte dies Berücksichtigung finden.“*
197 „Da auch den weiteren Bedürfnissen Rechnung zu tragen ist, ist die Bereitstellung von spezialisierten Vollzugseinrichtungen in Erwägung zu ziehen.“
S.66:
198 „Art. 80 Abs. 1 lit.a StGB erlaubt, dass zugunsten der eingewiesenen Person von den üblichen Vollzugsbestimmungen abgewichen werden kann, wenn dies deren Gesundheitszustand verlangt.“*
199 „Im Jahr 2015 erarbeitete ein Projektteam zuhanden des Amts für Justizvollzug des Kantons Zürich das Positionspapier ‚Alt werden im Justizvollzug’*. Darin wird vorgebracht, dass bei älteren Eingewiesenen mangels Gefährlichkeit oder Fluchtgefahr der Vollzugsalltag nicht mehr primär von Sicherungsgedanken geleitet werden muss, … “
200 „Die Projektgruppe bringt weiter vor, die Zellen älterer Eingewiesener sollten eine Grundfläche von mindestens 15 Quadratmetern aufweisen, rollator- bzw. rollstuhlgängig sein, zumindest teilweise die Installation eines Pflegebetts erlauben und seien grundsätzlich tagsüber nicht abzuschliessen. ( … ) „*

10.3. Besondere Einrichtungen für Langzeitinhaftierte?

201 “Auf Bundesebene erlaubt Art. 377 Abs.2 lit.c StGB den Kantonen die Errichtung von Abteilungen für besondere Gefangenengruppen, und damit auch für Gefangene mit sehr langen Strafen. Soweit ersichtlich bestehen zurzeit aber schweizweit keine derartigen Einrichtungen.“

10.4. Besondere Einrichtungen für Verwahrte Personen?

202 „Der UNO-Menschenrechtsausschuss hält in seinen allgemeinen Bemerkungen zu Art. 9 UNO-Pakt II fest, die Haftbedingungen hätten sich bei einer Verwahrung ( … ) von derjenigen des Strafvollzugs zu unterscheiden.* Er äusserst sich dabei aber nicht dazu, ob dies z.B. auch die baulichen Massnahmen betreffen müsse oder ob etwa gar spezielle Einrichtungen für verwahrte Personen zu schaffen wären.“
203, die Planung von speziellen, je nach Gefährdungspotenzial gesicherten Abteilungen für verwahrte Personen sei ‚rechtzeitig anzugehen‘. ( … )* Begründet wird dies damit, dass es fraglich sei, ob die zurzeit vielerorts ‚aus Opportunitätsgründen erfolgte Gleichbehandlung‘ von verwahrten Personen mit Strafgefangenen rechtsstaatlichen Grundsätzen genüge.“
204 „Auch eine Empfehlung des Ostschweizer Konkordats fordert, den Verwahrungsvollzug ( … ) durch Einräumung möglichst grosser Freiheit menschenwürdig zu gestalten.“*
S.67:
205 „Auch diese Forderung lässt sich wohl einzig mittels Errichtung besonderer Einrichtungen fUr Verwahrte in die Realität umsetzen. Bis heute existieren in der Schweiz indes keine besonderen Abteilungen für Verwahrte. ( … )“

10.5. Fazit

206 „(Es wird sich) ein menschenrechtlich gefordertes freiheitlicheres Regime nur mit grossen praktischen Schwierigkeiten innerhalb einer Abteilung des Strafvollzugs führen lassen.“
207 „Die Schaffung gesonderter Abteilungen oder Anstalten für den Verwahrungsvollzug ist daher angezeigt. Eine Aufnahme in Institutionen für diese Klientel, sollte aber nur freiwillig erfolgen.“


Schlussbemerkungen des Schreibers:

Nach einem der sogen. ‚Katalogdelikte‘ Verurteilte – umfassend u.a. eine Reihe von Gewalt- und Sexualdelikten und letztlich auch „alle Delikte welche mit einer Höchststrafe von fünf Jahren oder mehr bedroht sind“ – gelten grundsätzlich als „gemeingefährlich“. Liegt dann ein Gutachten vor, welches die angeklagte Person als „untherapierbar“ einstuft und spricht der Richter nebst einer Grundstrafe die Verwahrung nach Art. 64 StGB aus – wobei dies auch nach einer um sehr viel kürzeren als die gesetzlich für das Delikt vorgesehenen Höchststrafe möglich ist – dann sind für sie die Chancen,
noch zu Lebzeiten aus dieser Verwahrung entlassen zu werden, äusserst gering, es sei denn, es gelingt dem oder der Verwahrten im Verlaufe der Zeit, sich doch noch als therapierfähig und -willig zu erweisen und eine Umwandlung in eine geschlossene therapeutische Massnahme nach Art. 59. StGB zu erkämpfen.
Stritt eine solche Person jedoch bis zuletzt, also bis zur Rechtskraft des Urteils eine Schuld am ihr oder an den ihr zur Last gelegten Delikt(en) ab und bleibt dabei, wird sich diese Möglichkeit ihr wohl definitiv verschliessen, es sei denn, ein neuer Beweis taucht auf und es käme zu einem Revisionsverfahren. Dazu darf „der Beweis dem Gericht seinerzeit nicht bekannt gewesen sein und er muss geeignet sein, zu einem Freispruch oder einer deutlich geringeren Strafe zu fuhren“. Eine Revision wird, im Kanton Zürich zumindest, jedoch nur äusserst selten zugelassen und es sind kaum Fälle bekannt, bei denen eine Person so letztlich doch noch zu einem Freispruch kam und wohl noch nie gelang dies einer verwahrten Person.
Bei gewissen Delikten wie Sexualdelikten durften nach Meinung des Schreibers Fehlurteile nicht so selten sein, wie man glauben möchte. Denn:
Angesichts
– des reinen Empfehlungscharakters von Gerichtsgutachten,
– der sich regelmässig „zwingend an die Expertenmeinung gebunden“ erklärenden Richter,
– der seit den 90er Jahren immer lauter werdenden populistischen Forderungen nach immer mehr Härte im Straf- und insbesondere auch im Massnahmenvollzug, sowie
– dem weitgehnden Fehlen von Geschworenengerichten wie auch eines schweizerischen Verfassungsgerichts
will bei der Verwahrung kaum ein Gerichtsgutachter oder eine Gerichtsgutachterin noch Verantwortung für eine günstige Prognose oder auch kaum ein Richter noch Verantwortung für unpopuläre Entscheide übernehmen.
Es kommt zunehmend zu ‚false-positive‘-Beurteilungen, aber auch vermehrt zu Fehlurteilen. Wie Viele dabei Opfer einer solchen psychiatrischen ‚false-positiv‘-Beurteilung wurden, also in Tat und Wahrheit eben nicht als „gefährlich“ gelten sollten, wie Viele tatsächlich entgegen ihrer Einstufung sehr wohl therapiebeduftig, -fähig und -willig sind, und letztlich wie viele kategorisch nicht-Geständige tatsächlich Opfer eines Fehlurteils
sind und dennoch oder gerade deswegen höchstwahrscheinlich in Strafanstalten den Rest ihres Lebens fristen; darüber weiss man nichts.

Und nichts dürfte sich daran ändern, solange wie Verwahrungsüberprüfungen irmmer wieder kaum mehr als Alibiübungen bleiben,
– solange wie die populistische Hetze gegen Ausgegrenzte und im Besonderen gegen Verwahrte weitergeht,
– solange wie vertiefte Untersuchungen über die genauen Umstände, die jeweils im Einzelfall zu einer solchen Verwahrung führten, ausbleiben,
– solange wie einige Populistlnnen dem Volk eine „100%-ige Sicherheit“ als erstrebenswert predigen, und solange wie die Gesellschaft weiterhin im Glauben gelassen wird, die – eigentlich als „ultima ratio-Massnahme“ geltende – Verwahrung würde zweifellos nur dann verhängt, wenn ihr die wirklich allerschlimmsten Verbrechen zugrunde lägen (was so bei Weitem nicht inmer die Realität widerspiegelt) und die Gemeingefährlichkeit des Individuums sei in solchen Fällen mit Sicherheit immer über jeden Zweifel erhaben und es läge dem Urteil eine garantiert unfehlbare Begutachtung zugrunde.
Solange wird es wohl weiterhin zu Fehlbeurteilungen und Fehlurteilen kommen und für die obigen Fragen auch keine Antworten geben können.
Inzwischen wurden hierzulande schon Rufe von solchen Politikerinnen nach strafrechtlicher Verfolgung von Richtern laut, wenn ein solcher einer verwahrten Person Haftlockerungen gewährte und es daraufhin trotz guten Prognosen irgendwann zu einem Rückfall kam. Was wohl, sollte ein solches Unterfangen Realität werden, den Anfang vom Ende der Rechtsstaatlichkeit hierzulande bedeuten würde.
Noch besteht Hoffnung, dass es endlich zu Anpassungen in unserem Strafrecht an die von internationalen Institutionen vorgeschriebenen menschenrechtlichen Mindeststandards kormnen wird, denn auch die Schweiz hat sich diesen vertraglich verpflichtet. Es wäre höchste Zeit, auch angesichts eines doch schon erkennbar erodierenden Rufes unseres Landes auf dem internationalen Parkett. Der Ruf eines Landes misst sich bekanntlich nicht zuletzt daran, wie es mit seinen schwächsten Bewohnern umgeht).

Montag, 6. Februar 2017,18 Uhr c/o Schule für Sozialbegleitung, Ausstellungsstr. 36 in Zürich

Präsidentin L.L. eröffnet um 18:10 die Hauptversammlung und begrüsst die eingetroffenen Mitglieder und Gäste überaus freundlich.
B.M. verfasste zuhanden der Versammlung eine herzliche Grussbotschaft, welche U.H. vorzutragen übernimmt.

Präsent:
Aktivmitglieder L.L., Präsidentin, L.L. Beisitzer W.S. Versandchef, U.L. Kassier & Aktuar a.i., B.R. RA, Fachperson, UH., PM, Fachperson H.M., PM
A.Z., PM, Betroffener, M J., PM, Helfer, J.S. PM, Helferin, S.B. (WOZ)
Entschuldigt: B.M., IG-Leiter, er delegiert sein Stimmrecht an W.S., M.B. RA

Traktanden

1. Auf die Wahl von Stimmenzählern wird verzichtet.
Stimmberechtigte anwesend 5+1 Vertretung = 6, absolutes Mehr = 4

2. Das Protokoll der letzten Vereinsversammlung wurde mit einem Rundschreiben verschickt. Den anwesenden Gästen wird ein Ausdruck gegeben.
Das Protokoll der HV 2016 wird diskussionslos und einstimmig genehmigt.

3. Der Jahresbericht des Vorstands wurde von B.M. verfasst und wird von U.L. vorgelesen. Nach einigen zustimmenden und ergänzenden Voten wird der Jahresbericht einstimmig und anerkennend genehmigt.

4. Die Erfolgsrechnung mit Bilanz wurde der Einladung zur HV beigelegt.
Den Gästen wird die Jahresrechnung jetzt ausgeteilt.
Da wir leider keine GPK haben, erfolgt die Kontrolle der Belege durch die anwesenden Aktivmitglieder – gemäss Art. 21 der Statuten.
Die Kontrolle ergibt Korrektheit der Rechnung mitsamt Belegen.
Die Rechnung wird einstimmig genehmigt und verdankt.

5. Die formelle Entlastung des Vorstands erfolgt durch die anwesenden Aktivmitglieder einstimmig und in gegenseitigen Dank.

6. Statutenrevision
Der Statutenentwurf wurde mit der Einladung versandt, den Gästen wird eine Kopie abgegeben.
U.L. erläutert die wichtigen Änderungen:
Art. 8. Mit der Schaffung einer neuen Mitglied-Kategorie soll Menschen in Haft, die bis anhin nur Passivmitglied sein konnten, eine aktivere Rolle ermöglicht werden. Es sind neu die „Betroffenen Mitglieder“. Ihnen soll das briefliche Stimmrecht gegeben werden, nicht aber das Wahlrecht, weder aktiv noch passiv. Auch das briefliche Stimmrecht ist begrenzt, da die Vereinsversammlung das höchste Organ des Vereins ist und bleibt, hat diese „das letzte Wort“ und kann im (seltenen) Bedarfsfall die brieflichen Stimmen missachten. Dies ist eine unschöne aber notwendige Begrenzung des brieflichen Stimmrechts der Betroffenen Mitglieder, da sie an den aktuellsten Verhandlungen der Versammlung nicht teilhaben können.
Art. 9 (ersetzt Art 8) regelt die Mitgliedschaft einfacher und zwar in der Kompetenz des Vorstandes. Die Anrufung der Vereinsversammlung bleibt natürlich erhalten (Art 10).
Die beantragte Statutenrevision wird ohne Änderung einstimmig genehmigt.
Nun sind nach den sofort gültigen neuen Statuten die 6 brieflichen Stimmen gültig.
Präsent ist ein „Betroffenes Mitglied“ nun stimmberechtigt, also 7 Stimmen.

7. Mutationen:
Zwei Passivmitglieder haben ihren Austritt erklärt (Z. und R.).
16 Passivmitglieder mutieren zu „Betroffenen Mitgliedern“.
Die HV ernennt U.H. & E.H., sowie B.R. zu Ehrenmitgliedern.
B.R. bedankt sich für die Ehre, bleibt aber lieber einfaches Aktivmitglied.
Bestand aktuell:
12 Aktivmitglieder, davon 3 Ehrenmitglieder;
16 Betroffene Mitglieder;
20 Passivmitglieder.
Neu sind stimmberechtigt 8 plus die delegierte Stimme = Total 9, absolutes Mehr 5.

8. Die Anerkennung der IG-Leitung wird mit lobenden Worten für den sehr aktiven und kompetenten B.M. begleitet. Erfreut sind alle, dass es ihm gesundheitlich wieder wesentlich besser geht. Die Anerkennung des IG-Leiters erfolgt einstimmig.

9. Festsetzung der Jahresbeiträge auf Antrag des Vorstands:
Aktivmitglieder: 100.00 (zuvor 250.00) angenommen inkl. 5 briefliche, 1 Enthaltung.
Passivmitglieder: 40.00 (zuvor 25.00) angenommen inkl. 6 briefliche, 2 Gegenstimmen.
Betroffene Mitglieder: 25.00 einstimmig angenommen, briefliche gab es nicht (?).
Weiterhin gilt in der Kompetenz des Vorstandes:
Der Vorstand kann (Art. 13) bedürftigen Mitgliedern den Jahresbeitrag erlassen.
Der Vorstand befreit sich selbst vom Jahresbeitrag als Anerkennung seiner Arbeit,
Entschädigungen werden hingegen keine erstattet.
Kenntnisnahme und allgemeines Einverständnis.

10. Wahlen, es liegen weder Demissionen noch Bewerbungen vor:
• Präsidentin L.L. wird freudig und einstimmig wieder gewählt
• Rechnungsführer U.L. ebenso
• Aktuarin, Aktuar bleibt leider vakant
• Beisitzer L.L. sich ermutigen im Vorstand zu bleiben und wird einstimmig bestätigt.
• Die Rechnungsrevision bleibt leider vakant.

11. Antrag der IG-Leitung:
Der Vorstand klärt die Möglichkeiten zur Schaffung eines Fonds für Anwaltshonorare zu Gunsten von mittellosen „Betroffenen Mitgliedern“. Er stellt entsprechend Antrag an die HV 2018.
Es wird über die Chancen und Schwierigkeiten diskutiert, nicht ganz ohne Skepsis. RA B.R. will sich an Abklärungen beteiligen.
Der Antrag wird inklusive 6 brieflichen Ja, bei einer Gegenstimme angenommen.

12. Ausblick und Aktivitäten 2017
Es wird der Wunsch nach einer Beratungsstelle geäussert. Leider liegt dieses berechtigte Anliegen ausserhalb den Möglichkeiten unsres Vereins.
Ferner werden die Werbemöglichkeiten durch Zeitungsbeilagen (WOZ) oder Inserate als teuer und wenig erfolgreich eingeschätzt.

13. Erfahrungs-Austausch mit betroffenen und engagierten Menschen
A.Z. – „Betroffenes Mitglied“, seit kurzem wieder in Freiheit – berichtet über den Ablauf seiner Freilassung. Auf die Freilassung und das Leben danach gäbe es weder Vorbereitung noch Unterstützung. Es scheint sogar, dass die Behörden Rückfälligkeiten als Bestätigung pessimistischer Prognosen gerne sähen und deshalb passiv förderten.
Dieses passive Zulassen der Behörden bestätigt auch W.S., der seit nun zwei Jahren ein unbescholtenes Leben in Freiheit führt. Allgemein wird betont, wie wichtig gerade deshalb ein „gutes Leben danach“ ist. Dankbar und sehr anerkennend wird W.S. ermutigt, so weiter zu machen.
Wegen der schon sehr fortgeschrittenen Stunde wird die Gesprächsrunde beendet.

Die Präsidentin schliesst die Versammlung um 21:09 Uhr
Präsidentin L.L. Protokollführer U.L.


Kommentar des Vorstandes (U.L):

Keine „Fair-Justiz“ am Tag unserer Hauptversammlung

Liebe Mitglieder,
Liebe Gönnerinnen und Gönner,
Liebe Freunde der IG „Fair-wahrt?“,

„Jede Regierung lügt“. Dieser provokante Titel trägt eine ARTE-Doku mit und von Oliver Stone. Es erstaunt, dass Arte als französisch-deutscher Staats-Kultur-Sender eine solche Doku überhaupt machen und senden darf! Chris Hedges, US-Journalist mit Pulitzerpreis sagt in diesem Film: „es gibt nur zwei Arten von Reporter, die mit Gewissen und die ohne, die meisten haben keines…“ Eine happige Recherche, hier zu sehen: youtube.com/watch?v=Gc1E2KujMGE

Objektive Wahrheit kann man nicht besitzen, wir können uns aber für sie interessieren und ihr näherkommen, was durchaus anstrengen kann.
Der Tagi titelt: Bekennender Pädophiler lädt in Zürcher Gefängnis Pornos herunter.
Im Text heisst es weiter: Da nicht bewiesen werden kann, ob Meier die pornografischen Manaa- Comics selbst heruntergeladen und gespeichert hat, ist er nur wegen des Besitzes schuldig. (sda). 06.02.2017
Weshalb schreibt die sda nicht, dass Meier vom herunterladen verbotener Zeichnungen frei gesprochen wurde?
Der Tagi-Titel ist gelogen
! Ähnlich berichteten andere Medien.
Heruntergeladen Nein – besessen Ja? Ein widersprüchlicher, unverständlicher Gerichtsentscheid!

Tatsächlich ist ungeklärt, wer diese Zeichnungen heruntergeladen hatte. Das USB Modem blieb nach Beschlagnahmung längere Zeit bei der Vollzugsbehörde, wo es vermutlich „ausprobiert“ wurde, 23 mal wurde eingelogt und es wurden etwa 2 GB Daten auf de Stick geladen!
Korrekterweise hätte das Konfiskat versiegelt werden müssen und die Expertise hätte von der Staatsanwaltschaft angeordnet werden müssen. RA Bernard forderte die Klärung von Dritteinwirkung und kritisierte weitere Verfahrensmangel.
Erstinstanzlich wurde gedeutelt, es sei „abwegig“ zu erwägen, die Zeichnungen seien nach der Konfiskation auf den Speicher geladen worden. Es wäre „abwegig“, Dritteinwirkung zu prüfen??
Das Obergericht hatte dann ähnlich gedeutelt, es sei „lebensfremd“, Dritteinwirkung zu prüfen.
Der Wahrheit verpflichtet? – deuteln anstatt prüfen – im Zweifel gegen den Rekurrenten.
Während unsrer Versammlung erfuhren wir durch einen Anruf von B.M. den „lebensfremden“ und widersprüchlichen Gerichtsentscheid, was uns alle natürlich sehr traurig stimmte.

Ansonsten war die Versammlung informativ und angeregt. Sehr erfreulich war der Besuch von WOZ-Redaktorin Susan Boos, welche einen Bericht über unsren Verein verfasste, hier zu lesen: woz.ch/1707/ig-fair-wahrt/alltaegliche-details-die-wehtun

Mit freundlichen und hoffnungsvollen Grüssen. Herzlichen Dank für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung, ganz speziellen Dank natürlich dem IG-Leiter!
Der Vorstand des Fördervereins der IG „Fair-wahrt?“ (U.L.)

Liebe Mitglieder, liebe Gönnerinnen und Gönner, Liebe Freunde der IG „Fair-wahrt?“, Sehr geehrte Damen und Herren

Am vergangenen 7. März konnte in einem kleinen gemieteten Saal in der „Helferei“ in Zürich die erste Hauptversammlung des Fördervereins der IG „Fair-wahrt?“ ausserhalb der Mauern abgehalten werden. Hierfür hatten wir über 40 Einladungen versandt: Nebst den Aktivmitgliedern auch alle in Freiheit lebenden Passivmitglieder. Dazu noch einzelne inhaftierte, aber urlaubsberechtigte Mitglieder, unsere Gönnerinnen und Gönner sowie einige ausgewählte Fachpersonen.

Aus verschiedenen, nicht vorhersehbaren Gründen konnten wir die meisten Einladungen diesmal erst relativ spät zum Versand bringen. Dies war sicherlich ein wesentlicher Grund für die äusserst spärliche Teilnahme an der HV. Das Schreiben wurde zwar, statutenkonform, gut zwei Wochen vor dem Anlass versandt – an die stimmberechtigten Mitglieder noch deutlich früher. Wir wollen uns aber vor künftigen solchen Anlässen wesentlich frühzeitiger vorbereiten.

Immerhin gewannen wir ein weiteres Aktivmitglied, welches sich auch gleich für das bislang vakante Amt des Aktuars anerbot. Schon dadurch kann die diesjährige HV letztlich, trotz des .scheinbar geringen Interesses daran, als erfolgreich bezeichnet werden. Zudem verzeichneten wir drei weitere Neumitglieder. Diesen und vor allem auch unserem neuen Aktuar danken wir für das Vertrauen und heissen sie alle herzlich willkommen.

Ihnen/Euch allen wieder unsere besten Wünsche und ganz herzliche Griisse,

Beat Meier

4. Hauptversammlung Förderverein IG „Fair-wahrt?“

Montag, 7. März 2016 Kulturhaus Helferei Zürich

Protokoll

Unsere Präsidentin eröffnet die Hauptversammlung und begrüsst die spärlich eingetroffenen Mitglieder und Gäste nach etwas vergeblichem Abwarten sehr herzlich und familiär.

Präsent sind:
Aktivmitglieder: L.L. Präsidentin / L.L. Beisitzer / U.L. Kassier & Aktuar a.i.
Gäste: H.M. / J.S. / E.B.E.
Entschuldigt haben sich: B.M. IG-Leiter / I.S. RA, Passivmitglied / Prof. F.R. Gast&Fachperson / U.H. Fachperson, Passivmitglied / H. & E.N. Passivmitglieder / S.B. RA, Gast&Fachperson

Traktanden

1. Auf die Wahl von Stimmenzählern wird verzichtet.
Stimmberechtigt sind: 3 absolutes Mehr: 2

2. Das Protokoll der letzten Vereinsversammlung wurde mit einem Rundschreiben verschickt. Den anwesenden Gästen wird ein Ausdruck gegeben.
Es werden keine Korrekturen oder Ergänzungen gewünscht.
Das Protokoll der HV 2015 wird einstimmig genehmigt und verdankt.

3. Der Jahresbericht des Vorstands wurde von B. M. verfasst und wird allen Anwesenden ausgeteilt. Nach stiller Lektüre folgt das Gespräch über die Vorkommnisse und Probleme. Nach erschöpfter Diskussion wird der Jahresbericht ohne Änderung einstimmig genehmigt und verdankt.

4. Jahresrechnung, Erfolgsrechnung und Bilanz wurden der Einladung zur HV beigelegt. Den Gästen wird die Jahresrechnung jetzt ausgeteilt.
Da wir leider keine GPK haben, erfolgt die Kontrolle der Belege durch die anwesenden Aktivmitglieder gemäss Art. 21 der Statuten.
Die Kontrolle ergibt Korrektheit der Rechnung mitsamt den Belegen.
Die Rechnung wird einstimmig genehmigt und verdankt.

5. Entlastung des Vorstands erfolgt durch die anwesenden Aktivmitglieder einstimmig und im gegenseitigen Dank.

6. Mutationen
Wir freuen uns über zwei Bewerbungen für die Aktivmitgliedschaft: -M.B. und – E.B E. Namen und Adressen siehe Mitgliederliste.
Für die Aufnahme von Mitgliedern verlangen die Statuten ein Quorum von 4/5.
Beide Bewerber werden freudig und mit der vollen Stimmenzahl in unseren Verein aufgenommen. Der anwesende E.B.E. ist ab sofort stimmberechtigt.

Stimmberechtigt sind jetzt: 4 , absolutes Mehr: 3

Wir dürfen uns auch über zwei Bewerbungen für die Passivmitgliedschaft freuen:
– C. S., Abt. IG in der „Pöschwies” und – B. B., Abt. AGE “Pöschwies”
Beide sind direkt betroffen, ihnen gilt das Bestreben unseres Vereins. Die Aufnahme erfolgt für beide Personen einstimmig. Personalien siehe Mitgliederliste.

7. Anerkennung der IG-Leitung
B. M. wünscht die Leitung IG “Fair-wahrt?“ abzugeben, bzw auf Personen in Freiheit zu übertragen bzw. auszudehnen.
Er begründet seinen Wunsch mit den technischen Einschränkungen in der „Pöschwies”, ebenso mit seinem Alter und mit seiner angeschlagenen Gesundheit.
Wir möchten die Zukunft der IG sichern indem die Leitung auf mehrere Personen übertragen.
Im Dezember durfte der Vorstand, zusammen mit Fachpersonen D.G., G.M. und M.B., Möglichkeiten besprechen. Auch W.S. war dabei. Sein Bericht über „Verwahrung-Internas“ und fehlende Unterstützung bei der Resozialisierung gab wichtige Einblicke in die herrschenden Mängel.
Eine konkrete Lösung für den Umbau der IG-Leitung konnte erwartungsgemäss noch nicht erarbeitet werden.
Es folgt eine Diskussion über Möglichkeiten, die aktuell alle an personellen Fragen scheitern. Völlig klar ist das Bestreben, die IG-Leitung mit Texten und weiteren Arbeiten zu unterstützen.
Der Vorstand beantragt die Bestätigung des IG-Leiters B. M., diese erfolgt durch die Versammlung einstimmig.

8. Festsetzung der Jahresbeiträge
Der Vorstand möchte die Jahresbeiträge unverändert belassen:
Aktivmitglieder: CHF 250.00, Passivmitglieder CHF 25.00
Der Vorstand erlässt (Art. 11) einigen bedürftigen Passivmitgliedern den Jahesbeitrag. Der Vorstand befreit sich selbst vom Jahresbeitrag als Anerkennung seiner Arbeit, Entschädigungen werden hingegen keine erstattet.
Diskussion wird nicht genutzt, dem Antrag des Vorstandes wird einstimmig entsprochen.

9. Voranschlag. Auf ein Budget wird mit dem Hinweis auf die Statuten Art. 3 verzichtet. Das wird von der Versammlung einstimmig gutgeheissen.

10. Wahlen
a) Präsidentin L. L. stellt sich der Wiederwahl und wird mit grosser Freude und einstimmig wieder gewählt.
b) Rechnungsführer U. L. wird ebenso wieder gewählt.
c) Beisitzer L. L. wird ebenso wieder gewählt.
d) Unser neues Aktivmitglied E. B. E. ist aufgrund der Bitte des Vorstandes willens, als Aktuar mitzuwirken. Einstimmig und freudig wird er gewählt.
E. B. E. verzichtet auf die Befreiung vom Jahresbeitrag. Danke!
e) Die Rechnungsrevisoren bleiben weiterhin vakant.

11. Die allgemeine Umfrage wird nicht benutzt, da der Informations-Austausch unter den Anwesenden schon reichlich stattgefunden hat.

Die Präsidentin schliesst die Versammlung um 21:00 Uhr

Präsidentin L. L. Protokollführer U. L.

(Übersetzung aus www.bbc.co.uk vom 18.09.12 von BM)

Täter auf unbestimmte Zeit in Haft zu behalten ohne korrekten Zugang zu Rehabilitationskursen verstosse gegen die Menschenrechte, entschieden Europäische Richter. Das Europäische Menschenrechtsgericht beklagte „fehlende Recourcen“ als Grund dafür, dass drei Männer auf solche Kurse warten mussten, bevor ihre Entlassung geprüft werden konnte. Sie erhielten zwischen £12’OOO und £16’OOO für Kostenvergütung und Entschädigung.Die Regierung, welche die Urteile aufhob, wird gegen den Gerichtsentscheid appellieren.

Der Justizsekretär Chris Grayling sagte im Unterhaus: „Ich bin vom Entscheid sehr enttäuscht. Das ist kein Thema, bei dem ich den Willen des Gerichts, Entscheide zu fällen, begrüsse.“ Über 6’OOO Gefangene in England und Wales sind wegen solcher Urteile in Haft. Mehr als 3’500 darunter sind schon über die Zeit ihrer ursprünglichen Strafe in Haft und viele davon könnten nun für Entschädigungen berechtigt sein.

Risiko in Betracht gezogen

Im Jahre 2005 wurde gegen drei Männer Haft auf unbestimmte Zeit zum Schutze der Öffentlichkeit angeordnet (sogenannte IPPs) Diese (Art) Urteile, welche durch die Labour‑Regierung 2003 eingeführt wurden, sind für Straftäter gedacht, bei denen man davon ausgeht, dass sie solange hinter Gittern bleiben sollten, bis sie keine Gefahr mehr darstellen, selbst wenn sie dadurch länger als ihre ursprüngliche Strafe eingesperrt bleiben. Allerdings gab letztes Jahr die Regierung bekannt, dass sie diese (Art) Urteile wieder aufheben wird.

Straftäter sitzen eine Mindestdauer der durch das Gericht ausgefällten Strafe ab, wonach sie bei der zuständigen Behörde („Parole Board“) vorzeitige Entlassung beantragen können. Diese wird nur dann gewährt, wenn der Täter nicht länger für gemeingefährlich erachtet wird. Die drei Männer klagten beim EMRK, dass ihr Recht auf Freiheit verletzt worden sei, indem sie (zu lange) nicht zu einem Kurs zugelassen wurden, bei dem sie Veränderung ihres Verhaltens hätten aufzeigen können. Zuvor war ihre Sache durch das Oberhaus (House of Lords) zurückgewiesen worden.

Brett James, verurteilt zu 2 Jahren wegen vorsätzlicher schwerer Körperverletzung, war wegen Schlägerei, Rowdytum, ordnungswidrigem Verhalten, Rassismus und Tätlichkeiten mit Verletzungsfolge vorbestraft.
Nicholas Wells wurde nach Verletzung von Auflagen in die Haft zurückversetzt. Er hatte 12 Monate kassiert für versuchte Beraubung eines Taxichauffeurs.
Jeffrey Lee bekam 9 Monate Gefängnis für Sachbeschädigung unter Alkoholeinfluss in einer Wohnung, in welcher sich seine Ex‑Frau und seine Kinder aufhielten. Er war wegen Tätlichkeiten mit Verletzungsfolge und Sachbeschädigung vorbestraft.

„Drakonische Massnahmen“

Die Richter in Strasbourg sagten: „Es ist klar, dass die Verzögerungen (der Zulassung zu Rehabilitationskursen) auf mangelnde Ressourcen zurückzuführen sind.“ Sie fanden, dass die ungenügenden Ressourcen „die Konsequenz sind aus der Einführung drakonischer Massnahmen; Haft auf unbestimmte Zeit, ohne die dafür nötige Vorplanung und ohne realistische Beachtung der Folgen solcher Massnahmen“. Die Dauer der Überhaft sei „erheblich“, indem die Kläger ohne Zugang zu den nötigen Programmen (Kursen) etwa 2½ Jahre über die Strafdauer inhaftiert blieben.

Das Gericht in Strassburg verpflichtete die Regierung in England zudem zur Zahlung von insgesamt £14’000 für Entschädigung und fast £30’000 für Kosten und Spesen.

Ein Sprecher des Justizministeriums sagte: „Der Schutz der Öffentlichkeit wird nicht geschmälert ‑ das Urteil sagt nicht, dass Haft auf unbestimmte Zeit ungesetzlich sei und es bedeutet nicht, dass Gefangene, welche heute in einer IPP (Haft auf unbestimmte Dauer) sind, entlassen werden müssen“. „Die Regierung hat schon bekannt gegeben, dass das komplexe IPP‑System durch ein neues Regime mit hartem, fixem Strafrahmen ersetzt werde. Dies wird für gefährliche Kriminelle lebenslange und für andere längere Haftstrafen mit härteren Bedingungen für vorzeitige Entlassung bringen.“

Juliet Lyon vom Gefängnis‑Reform‑Fonds verlangt vom Justizsekretär Grayling, die Fälle der 3’500 Menschen in Oberhaft zu überprüfen. „Es ist beschämend, dass so viele Menschen inhaftiert sind, nicht für etwas, das sie getan haben, sondern für etwas, das sie vielleicht in Zukunft tun könnten“, sagt Frau Lyon weiter.

„Viele dieser Gefangenen verbringen in jahrelanger Ungewissheit während sie in tristem Dasein in überfüllten Gefängnissen irgendwie ihre Ungefährlichkeit beweisen können sollen.“

Gegen das Urteil aus Strassburg kann innert 3 Monaten Rekurs erhoben werden.