Bulletin 2

July 1, 2011

Bisher: Unser Name: Der neue, nun definitive Name unserer IG ist auf Ratschläge Aussenstehender zurückzuführen, welche den ursprünglichen Namen ‚Schlüssel zum Loch‘, zu Recht, für plakativ und zu wenig seriös hielten. Man schlug vor, etwas mit dem Wort ‚Fairness‘ oder ‚fair‘ zu finden. Es gälte, die Bevölkerung darauf zu sensibilisieren, dass gerade auch bei der Verwahrung ein faires Verfahren immens wichtig sei. Und bei einem Verwahrungsurteil müssten auch für dessen Vollzug die Grundregeln der Fairness beachtet werden. So entstand unser Name „FAIR-WAHRT?“

Versand: Am 20. Juni versandten wir erstmals die definitive Version unseres lnfomaterials. Wir erhielten inzwischen unter anderem ein wertvolles Angebot zur Redaktion und Korrektur unserer Drucksachen, was wir dankend angenommen habenl
Es erreichten uns zudem erste konkrete Rückmeldungen; bislang (Stand 6. Juli 2011) zählen wir 13 Teilnehmende (erstmals auch welche von anderen Anstalten, und die erste weibliche Teilnehmerin) und 9 Gönnerinnen und Gönner, derzeit also 22 total. Zusätzlich sind noch diverse weitere Anfragen nach Info-Unterlagen eingetroffen, welche ich vorweg bearbeite.
Eine vielleicht vielversprechende Reaktion auf unseren ersten Briefversand kam schon am 23. Juni von einem Rechtsprofessor an einer Westschweizer Universität. Dessen Anfrage nach Info-Unterlagen habe ich natürlich umgehend beantwortet und erfüllt.

Elektronische Aussenkontakte sind jetzt uneingeschränkt möglich, man kann uns also nun telefonisch (zeitlich eingeschränkt), per E-Mail oder über den Blog auf unserer Homepage erreichen. Natürlich wären insbesondere diese Bemühungen ohne die uneigennützige Hilfe durch Freunde ausserhalb der Anstaltsmauern völlig undenkbar gewesen. Auch ihnen danken wir von Herzen für ihre selbstlose und engagierte Hilfel

Diskussions-Blog: Unsere Homepage, verfügt inzwischen auch über einen Blog, welcher von einem Freund mit dem Pseudonym „FUCHUR“ betreut wird, der auch die Homepage schuf.
Ebenfalls FUCHUR ist es, der einstweilen auch die Email-Adresse betreut.

Homepage: Da unsere Helfer von Anbeginn gleich zwei Domainnamen bezahlten und reservieren liessen, www.verwahrung.ch und www.fairwahrt.ch, gelangt man bei Eingabe der einen wie der anderen Adresse auf die gleiche Homepage.
Nun sind, unter anderem, alle unsere veröffentlichten Schriften, so auch dieses, wie alle künftigen Bulletins und ebenfalls die schon versandte Nr.1, zum Herunterladen abrufbar.
Leider sind bekanntlich Verwahrte in aller Regel vom Internet gänzlich ausgeschlossen*. Dies ist mehr als bedauerlich und wird auch in unseren Zielen zum Thema gemacht. So bleiben IG- Teilnehmern in Haft – inklusive den Betreibern der Anlaufstelle – vorerst einzig der briefliche, telefonische und gelegentlich (bei Besuchen) direkte mündliche Weg um Informationen auszutauschen. Mittels des allen Teilnehmern kostenlos verteilten Bulletins, wollen die Betreiber versuchen, den mangelnden Internetzugang für verwahrte Teilnehmer, so weit praktikabel, wettzumachen und dies auch, indem wir zusätzlich sporadisch von Helfern ausserhalb erhaltene Ausdrucke, wenigstens zusammenfassend, per Briefpost übermitteln.
*in einigen Strafanstalten, wie auch hier in der Pöschwies, gibt es für wenige Glückliche eingeschränkte und zensierte Internetzugänge, etwa einmal alle vierzehn Tage für vielleicht eineinhalb Stunden. 

Online-Formular, Links: damit kann sich fortan jedermann/frau übers Internet als TeilnehmerIn oder GönnerIn eintragen lassen. Überdies werden wir Interessierte u. a. mittels Hinweisen und Links auf allerlei andere wissenswerte sachbezogene Veröffentlichungen und Sites leiten.

Telefonnummern: Für deren Betreuung haben wir just dieser Tage einen ersten ehrenamtlichen Helfer gefunden: eine menschenfreundliche Person mit idealen Voraussetzungen – auch hinsichtlich Lebenserfahrung! 

Postcheckkonto: Vorderhand darf unsere IG ein schon vorhandenes Postcheckkonto eines seit Jahren tätigen, sachverwandten Komitees mitbenutzen (siehe Kontonummer am Ende dieses Bulletins).

Aktuelles:
Die Medien publizierten tagelang sensationslüsterne Berichte über einen Verwahrten, der im Kanton Neuenburg einsass und auf einem lediglich durch zwei Anstaltsbetreuer gesicherten Spaziergang ausserhalb der Mauern flüchtete. Dazu die Meinung des Schreibers: 

Meine Meinung zum jüngsten „Justizskandal“:
Das war nicht gerade Werbung für unsere noch junge IG. Ich bin sicher, dass ich im Sinne mindestens der überwiegenden Mehrheit unserer Teilnehmer spreche, wenn ich dieses Vorkommnis sehr bedauere. Nicht, dass wir nicht jedem Verwahrten mal einen Spaziergang in der freien Natur gönnen möchten. Aber es wäre natürlich wünschenswerter gewesen, wenn einem solchen Menschen aufgrund zufriedenstellend verlaufener mehrmaliger solcher Ausgänge und Urlaube schliesslich der Gang in die Halbfreiheit und später bedingt in die Entlassung hätte gewährt werden können. Indem die weiteren Lockerungen ebenso zufriedenstellend verlaufen wären, wie die drei Ausgänge, die er schon vor seiner Flucht genossen hatte. 
Inzwischen hat der Mann scheint’s seinen ganz persönlichen Alleinspaziergang durch Wald und Flur wieder beendet und sich müde, hungrig, durstig und frierend, aber lammfriedlich, in der nächstbesten Beiz eingefunden, hat zunächst ein Bierchen bestellt (wohl das erste und einzige seit 40 Jahren), offenbar jedoch ohne wirklich zu erwarten, bedient zu werden, da er sich dann ja dem Wirt gegenüber zu erkennen gab und ihn freundlich um Verständigung der Polizei gebeten hat. Laut dem Wirt bekam er sodann ein Glas Wasser.
Nun frage ich:
Verhält sich auf diese Weise ein (immer noch) „extrem gefährlicher Gewalt- und Sexualstraftäter“, wie sich Politiker, Amtspersonen, Medien und Andere in ihren Titulierungen überbieten?
Ist es denn nicht so, dass auch wer schlimmste Verbrechen begangen hat, irgendwann nicht mehr als „der Gewaltverbrecher soundso“ oder „der Vergewaltiger XY“ oder „der Straftäter sowieso“, sondern wieder einmal, als Mensch gelten sollte?
Das fragt nun nicht „ein Verwahrter“, sondern eben auch ein Mensch, einer, der selber diese Meinung vertritt und glaubt, damit auch nicht allein zu sein, und der findet, dass dies ganz grundlegender Anstand wäre. Ich halte es für riskant, was sich da in den letzten Jahren abzeichnet.,..

Heraus gepickt:

„Humanitär“, bald neues ‚Schimpfwort‘? Ausgang aus „humanitären Gründen“, „falsch verstandene Humanität,“ Verbot „humanitärer“ Ausgänge. Schlagworte in diversen Zeitungsberichten der letzten Tage. „Humanitär“ in Anführungszeichen oder „falsch verstanden“. Etwas, das dem Leser leicht als Synonym für das moderne ‚Schimpfwort‘ „Kuscheljustiz“ vorkommen kann und wahrscheinlich soll. Soll da wohl der inhumarie ‚Verwahrungstrafvollzug‘ salonfähig oder gar Pflicht werden? Immer mehr hierzulande, scheinen dies anzustreben. Einzig ein Minimum an materiellem Glanz darf, knapp, noch sein: der „inhumane ‚goldene Käfig’“ Und dann – natürlich in anderen Zusammenhängen, etwa bei der Asylpolitik oder bei den Waffenexporten, pardon, wollte sagen den Hilfslieferungen in gewisse Länder – immer wieder die hoch gepriesene Rede von der „humanitären schweizerischen Tradition“ (hier für einmal nun auch in Anführungszeichen). 

Urlaube, – welche Urlaube? „Müssen Hafturlaube von Verwahrten strenger geregelt werden?“ fragt die Überschrift eines Beitrags im Tages- Anzeiger am 1. Juli (kurz bevor sich der Flüchtige selber friedlich stellte). Wir fragen zurück:
Welche Hafturtaube von Verwahrten?
Man kann nämlich schwerlich etwas noch strenger regeln, was ohnehin keiner bekommt. 

Neue Art von Sippenhaft? „Einen generellen Stopp von Ausgängen und Urlauben im geschlossenen Strafvollzug“ fordert Nationalrätin Nathalie Rickli gemäss Tages-Anzeiger vom 1. Juli in bekannter SVP-Stimmenfangmanier und zwar solange, bis u. a. geklärt sei, wie viele Verwahrte in den letzten Jahren entlassen und wie viele davon rückfällig geworden seien. Können wir von der lG-„FAIR-WAHRT?“ beantworten, zwar nicht präzise, so doch wahrscheinlich zufriedenstellend, werte Frau Rickli:
Entlassungen: Nahezu null Prozent der Verwahrten,
Rückfälle bis dato: wohl noch etwas weniger.

So. — Dürfen jetzt die Strafgefangenen wieder ihre Urlaube zurück haben?

– Was haben denn Strafgefangene mit der Flucht nach vierzig Jahren Haft eines Verwahrten zu tun? Bei einem Inhaftierten mit festem spätestem Efltlassungsdatum ist im Hinblick auf möglichst klagfreie Wiedereingliederung (gerade auch zum Schutze der Gesellschaft vor Rückfälligkeit) logischerweise eine Vorbereitung auf die Zeit nach der Entlassung unerlässlich. Aber Sie sind ja nicht derart unbedarit, werte Frau Rickli, um dies alles nicht sehr wohl zu wissen, gerade auch, wenn Sie, wieder, gemäss genanntem Tages Anzeiger-Artikel, „am liebsten alle Verwahrten ihr Leben lang wegsperren“ würden, also die ohnehin beispiellos radikale Volksinitiative für lebenslange Verwahrung extrem gefährlicher Gewalt- und Sexualstraftäter gleich auf sämtliche Verwahrten ausdehnen würden. Was nicht nur für uns Bände spricht über Ihre wahren Motive zu ihren allzu oft sehr nach Volksaufhetzung klingenden Forderungen!
– Verwahrte indes sitzen keine Strafe ab. Sie leben bekanntlich nur wegen dem Mangel an geeigneten Verwahrungsinstitutionen in einer Strafanstalt und zwar im vorsorglichen Freiheitsentzug infolge einer gerichtspsychologischen Gefährlichkeitsprognose. Von solchen ist immerhin anzunehmen, dass sie sich mehrheitlich irren, denn laut diversen Studien muss von einer sehr hohen sogenannten ‚falsepositives‘-Rate ausgegangen werden. Das heisst nichts anderes, als dass die Mehrheit der
Verwahrten in Tat und Wahrheit zu Unrecht hinter Schloss und Riegel schmoren.

Äpfel mit Birnen verwechselt? Da wird entweder von lwan Städler etwas durcheinander gebracht, dem Autoren eines der hier relevanten Tages Anzeiger-Berichte, oder von Daniel Jositsch, welcher in Städlers Artikel über Konsequenzen aus der Flucht beim Ausgang eines Verwahrten davon spricht, dass man „den Strafvollzug durchaus auf nationaler Ebene klarer regeln“ könnte. Weshalb der Strafvollzug klarer geregelt werden sollte, wenn ein Verwahrter flieht, der seine Strafe längst abgesessen hat und schon gar nicht in einen Strafvollzug gehörte, ist nicht nachvollziehbar.
Wenn der Anstaltsdirektor seine Gefangenen beurteilt: Erstaunlich, wie gut Lenzburg-Anstaltsdirektor Marcel Ruf ’seine‘ verwahrten Häftlinge kennt, besonders jedenfalls deren Gefühle und deren voraussichtlichen (Un-) Fähigkeiten im Falle einer Freilassung: „Sie würden sich in der Freiheit nur schwer wieder zurecht finden (…) wären geistig überfordert (…) würden wohl schon innerhalb einer Stunde wieder zurück in der Strafanstalt sein“ und: „Viele Verwahrte haben sich jedoch mit ihrem Schicksal abgefunden, sie schaffen es, sich mit dem Wenigen zufrieden zu geben, das ihnen bis zum Lebensende bleibt. Wenn man dreissig Jahre am gleichen Ort gelebt hat, kann das Gefängnis auch zu einem Zuhause werden“ – Zitate aus einem Interview im Tages-Anzeiger vom 1. Juli. Gewiss nicht wenige Verwahrte finden das schon etwas anmassend. Ich jedenfalls komme mir bei solchen Behauptungen ein wenig vor wie irgendein Tier, das man völlig unartgerecht für immer in einem Käfig mit kleinem Auslauf hält und über das ein Zoodirektor auf die besorgte Frage eines tierliebenden Zoobesuchers beschwichtigende Ausreden labert. Und das natürlich ohne das Tier um seine Meinung gefragt zu haben.

„Einer weniger, der Brot frisst.“ Richtig beschämend klingt jedenfalls in mir die Art und Weise nach, wie beiläufig und scheinbar empfindungslos Herr Ruf über die Suizidgefahr bei Verwahrten spricht. Man fühlt sich an irgendein Gemüse erinnert, über dessen mögliche vorzeitige Verderbung sich der Ladenbesitzer äussert.
Nicht „besser“, sondern „vollzugsgerechter“. Und ich verstehe nicht ganz, werter Herr Ruf: wenn es in Holland „spezielle Anstalten für Verwahrte mit zum Teil erleichterten Haftbedingungen“ gibt. Wie sind diese denn entstanden? Wollen Sie damit sagen, dass die Schweiz so etwas nicht auf die Reihe kriegen würde? Sind wir dazu unfähig? Fehlt es uns am technischen Können? Oder am politischen (sprich: parteipolitischen) Willen?
Jedenfalls halten Sie das in der Schweiz „für unrealistisch“ und wollen nicht von „besseren“, sondern von „vollzugsgerechteren“ Bedingungen sprechen. Ja, wenn man im Fernsehen die kargen Beton- und Stahl-Tresore sieht, welche offenbar Menschen bis zu deren Tod als Behausung dienen sollen, dann glaube ich zu wissen, was Sie mit „vollzugsgerechter“ meinen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie zu jenen Schweizern gehören, welche nichts halten von einer „falsch verstandenen Humanität“.
Wie würden Sie Humanität richtig verstanden wissen?
Aber ja, Sie zeigen es am Schluss des Interviews auf: Sie wollen keine falschen Hoffnungen wecken. Wie edelmütig…

Nun sind wir öffentlich…

Unter dem Titel „Verwahrte fordern Privilegien“ wurde am 30. Juni 2011 erstmals öffentlich über unsere Interessengemeinschaft berichtet. Der Artikel erschien im Tages-Anzeiger, nachdem wir dessen Redaktion unsere Unterlagen mit einem kurzen Begleitbrief gesandt hatten. Hier abgedruckt: 

Perspektiven eines „Verwahrten“? Im Tages-Anzeiger vom 28. Juni 2011 erschien ein grösserer Bericht, in welchem angeblich ein Veiwahrter in der ‚Abteilung für Sucht und Pensionäre“ (ASP) der Strafanstalt Pöschwies über seine Gefühle und Gedanken und über „Perspektiven“ für die Zeit nach der Haft berichtete. Dazu sandte der Schreiber am nächsten Tag einen Leserbrief ein und bat um Richtigstellung: Der Betreffende – ein Zellennachbar des Schreibers – ist nämlich in Wahrheit nicht veiwahrt. Dabei wollen wir keineswegs seine Äusserungen kritisieren, im Gegenteil: wir anerkennen seinen Mut und seine Offenheit und wünschen ihm für seine Zukunft Kraft und Glück.

Ein Kränzehen winden möchte der Schreiber Pöschwies-Direktor Ueli Graf. In einem Interview auf der gleichen Seite erkannte dieser an, dass „Menschen in Haft schneller altern“. Der Mensch sei nicht dafür gemacht, eingesperrt zu sein. Die Hälfte der Insassen würden Medikamente benötigen, um Ängste zu bewältigen oder durchschlafen zu können. „Entgegen dem Vorwurf der Kuscheljustiz“ widerspricht Herr Graf diesem Klischee. „Der Vollzug macht alt und krank.“ Nach seinen Beobachtungen altern Menschen in Haft schneller als Menschen in Freiheit. „Ein 60-Jähriger in Freiheit ist heute kein alter Mensch. Ein Gleichaltriger im Gefängnis aber kämpft mit Altersbeschwerden, die einen draussen erst mit 70 Jahren erreichen.“ Dann fügt er allerdings hinzu: „lch steile das schlicht als Tatsache fest und sage nicht dass die Insassen nicht zu Recht eingesperrt sind.“ Nun, man will ja als Strafanstaltdirektor nicht den Anschein „falscher Humanität“ erwecken. Gleichwohl mutig, Herr Direktor Graf !

Auf Bedürfnisse der Älteren „reagieren“. Mutig, wenn auch nicht unbedingt im gleichen Sinne, finden einige Insassen dieser Abteilung (ASP) auch gewisse Aussagen ihres Gruppenleiters, Herrn Roger Huber (wiedergegeben in einem weiteren Artikel auf derselben Seite). „Hier leben wir vor, dass man vor älteren Leuten Respekt hat und sie unterstützt“, wird dieser zitiert. Und: „Zudem versuchen wir, auf ihre Bedürfnisse zu reagieren – soweit dies die Ordnung nicht gefährdet“. Gewiss wird öfters mal auf unsere Bedürfnisse reagiert. Die Frage ist nur, wie…

Für altere Gefangene angepasst? Die Ausrichtung der ASP wurde, so der Artikel, infolge des relativ raschen Zuwachses von älteren Gefangenen, „angepasst“. Aus der Sicht der Insassen aber wurden vor allen Dingen sukzessive eine ganze Reihe von Haftverschärfungen vorgenommen.

„Schonraum“ für wen genau? „Man wollte Süchtigen im Vollzug einen Schonraum bieten“, erklärt Herr Huber, deshalb hätte man ursprünglich die Abteilung für Suchtkranke geschaffen. Ausserdem würde „ein Suchtkranker im Normalvollzug zuviel Unruhe stiften, da er andere Menschen gut manipulieren kann“. Nun hätte die Klientel der Suchtkranken abgenommen und der Anteil älterer Gefangener wachse dafür an. So sind es nun ausgerechnet die alten Gefangenen, welche hier den „Unruhe stiftenden“ und „manipulatorischen“ Suchtkranken ausgesetzt sind…

Wenigstens mehr Ehrlichkeit bitte! Laut Frau Rebecca de Silva „kommen nur Veiwahrte in den Genuss von Ausgang, die man später in die Freiheit zu entlassen gedenkt, weil sie nicht mehr gefährlich sind.“ Gleichzeitig aber hört man schon seit einiger Zeit immer wieder aus führender Strafvollzugsseite, dass praktisch kein Unterschied mehr bestünde zwischen ’normal‘ Verwahrten und den nach der Volksinitiative lebenslang Verwahrten; es käme ohnehin keiner mehr frei. Aus unserer Sicht bestätigen sich diese Aussagen eben auch durch die Erfahrung der letzten Jahre. Nennen Sie doch die Tatsachen beim Namen, Frau de Silva!
Und wenn man einem solchen Verwahrten, welche laut Frau de Silva dann doch mal in einen Urlaub dürfe (wer mag das wohl sein?) „keine Fussfesseln anlegt und ihm keine bewaffneten Polizisten zur Seite steilt“, weil „man ja davon ausgehe, dass dies nicht mehr nötig sei“, was hindert einen dann, anderen sehr langjährigen Verwahrten auch mal gut gesicherte Ausgänge zu gewähren, auf dass sie den Duft einer Wiese, das Rauschen eines Baches oder die frische Luft an einem See geniessen dürften? Die „falsch verstandene Humanität ?“ Wenn doch die Mehrheit der Verwahrten (gemäss weiter oben erwähnter Studien) ohnehin zu Unrecht in Verwahrung schmort, dann müsste konsequenterweise auch für die freien Bürger jegliche Humanität als eine „falsche“ solche gelten…

Verwahrte fordern Privilegien 
Aktualisiert am 29.06.2011 

Sieben verwahrte Häftlinge wehren sich für mehr Lebensqualität und haben eine Interessengemeinschaft gegründet.

Interessengemeinschaft Fair-Wahrt? Von Stefan Hohler

Ziel der neugegründeten Interessengemeinschaft IG Fair-Wahrt? ist es, einerseits über die Problematik der Verwahrten zu berichten, andererseits verlangen die Initianten Hafterleichterungen. Bei den Gründungsmitgliedern handelt es sich um sieben Häftlinge der Strafanstalt Pöschwies in Regensdorf. Sie wollen mithilfe von Freunden «draussen» eine Website (www.verwahrung.ch) einrichten. Einer der Initianten, ein zu viereinhalb Jahren Gefängnis und anschliessender Verwahrung verurteilter Häftling, ist seit 19 Jahren in Haft. Wie der Anwalt eines der Initianten sagt, greife eine Verwahrung ungleich stärker in die Menschenrechte ein als eine blosse Freiheitsstrafe. Die Verwahrten würden unter völliger Perspektivlosigkeit leiden. Ausserdem hätten sie die Strafe bereits verbüsst, also das Unrecht gesühnt und würden einzig deshalb aus der Gesellschaft eliminiert, weil man nicht wisse, ob sie vielleicht rückfällig würden: «Sie zahlen Tribut an das absolute Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft», sagt der Anwalt.

Mehr Lebensqualität in der Haft
Wenn einem Verwahrten schon ein solcher Tribut abverlangt werde, müsse dies wenigstens mit einem Höchstmass an verbleibender Lebensqualität kompensiert werden, natürlich unter der Wahrung der öffentlichen Sicherheit, fordert die IG. Dies bedeute, dass Verwahrte eine Art «Freiheit hinter den Mauern» haben sollten. Sie wehren sich gegen die Unterbringung in einer Strafanstalt und verlangen die Schaffung von «Verwahrungs-Heimen», mehr Autonomie bei der Gestaltung des Alltags, Zulassung zu sinnvoller Arbeit, begleitete Urlaube, Weiterbildung, freien Brief-, Telefon- und E-Mail-Verkehr, vermehrte Besuchsmöglichkeiten und Zugang zur Natur.
Der Anwalt sieht Parallelen zu den Ausschaffungsgefangenen oder Personen, die durch eine Fürsorgerische Freiheitsentziehung zwangsweise in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurden. Auch bei diesen Personen dürften die Zwangsmassnahmen nicht repressiver sein, als es der Haft- respektive Einweisungszweck verlange.

Ausgänge für Verwahrte
Laut Rebecca de Silva, Sprecherin des Zürcher Amtes für Justizvollzug, gibt es seit mehreren Jahren für Verwahrte nur noch begleitete Urlaube im Rahmen einer Vollzugslockerung. Dabei dürfe bei verwahrten Häftlingen keine Fluchtgefahr bestehen, und seine Gemeingefährlichkeit müsse als klein betrachtet werden. Zudem müssten die verschiedenen Fachgremien sich positiv zu einem solchen Urlaub stellen. Schweizweit sind rund 165 Personen verwahrt. Im Kanton Zürich sind es 48 Personen. 

Eindrückliche Worte einer Verwahrten-Gattin:

„Es ist ganz traurig mit dieser Verwahrung, unmenschlich und unfair auch für uns, die draussen warten.“ Mit diesen Worten äussert sich die Ehefrau eines langjährig Verwahrten, welcher unter schwerer Krankheit leidet und bisher dennoch vergeblich um Hafterleichterungen kämpft. „Ich frage mich immer öfters: Darf ich ihn nur noch in der ‚Kiste‘ nach Hause nehmen… ?“ schreibt sie weiter und empört sich über fragwürdige psychiatrische Gutachten, „welche die Menschen aggressiv und krank machen“. Sie will, dass wir „weiter kämpfen für unser Recht, denn die Verwahrung ist Folter und eine langsame Todesstrafe“.

Anmerkung des Schreibers:
die Zahlen am Schluss des Artikels betreffen offenbar lediglich die rechtskräftig nach Artikel 64 verwahrten Gefangenen. Zählt man jene nach Artikel 59* und dann noch die nicht wenigen hinzu, bei welchen die Überprüfung nach der Gesetzesänderung 2007 heute noch immer nicht abgeschlossen ist, dann dürften es wohl mindestens dreimal so viele sein.
* Nach Artikel 59, also in sogenannter stationärer Massnahme Verwahrte sind jene, welche als ..therapierbar gelten. Sie können ohne gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung bis zu 5 Jahre in Haft behalten werden, was jedoch unbegrenzt viele Male erneuert werden kann, solange die Psychiater den Häftling nicht als „absolut ungefährlich“ beurteilen. Im Unterschied dazu muss, oder vielmehr müsste, nach dem Gesetz die Verwahrung bei den nach Artikel 64., also den – angeblich oder tatsächlich – „nicht therapierbaren“ Verwahrten jeweils jährlich überprüft werden.

Das Nächste:

Druck unserer Flyer und übrigen Drucksachen: Die Leitung hier hatte eine Anfrage an die interne Druckerei nicht weiterleiten wollen („Es könnte sonst der Vorwurf kommen, wir von der Pöschwies, würden eure IG noch tatkräftig unterstützen“). Eine dem Schreiber von früher bekannte Publishing-Firma sandte die Unterlagen, begleitet von guten Wünschen, zurück; man sei für Drucksachen selber auf eine auswärtige Druckerei angewiesen. So sind wir leider noch immer ohne günstige Druckmöglichkeiten.
Wir suchen weiter…

Verbreitete VorsteIlung unserer IG den Sozialdiensten und Seelsorgern möglichst vieler Haftanstalten, weiteren Medien und vor allem an möglichst viele an der Thematik Interessierte. Hierzu sammeln wir Namen und Adressen. Wir bitten die LeserInnen darum, uns potentiell nützliche Adressen zukommen zu lassen.

Suche nach Gönnern und Sponsoren: Wir haben jüngst eine Anzahl Adressaten mit Spendenbriefen angeschrieben und hoffen natürlich auf ein gutes Echo. Wir wären unseren LeserInnen aber dankbar um jeden zusätzlichen entsprechenden Tippl

Konzept: An Ideen fehlt es nicht, sie müssen aber noch ausreifen. Ein eigentliches Handlungskonzept hinsichtlich unserer Ziele müssen wir noch erarbeiten.

Post aus der französischen Schweiz 
(Fortsetzung von Bulletin Nr. 1): 
Spontan übersetzte Auszüge aus dem Bulletin der Westschweizer Arbeitsgruppe “ Groupe de travail prisons“ „Bulletin électronique“ Plattform für Informationsaustausch über Gefängnisse, Verwahrung, Haftstrafen und Unterdrückung Nr. 2 Mai 2011 

Auszüge:
„Rekurs der Schwester von Skander Vogt abgewiesen. Weiterzug ans Bundesgericht“.
Senda Vogt hatte gegen die Einstellung des Strafverfahrens gegen die Verantwortlichen für das Wohlergehen und die Sicherheit ihres Bruders in Haft rekurriert. Die Anklagekammer hat daraufhin diesen Rekurs abgewiesen. Frau Vogt und ihr Anwalt, Maitre Mattenberger ziehen die Sache nun ans Bundesgericht weiter.

„Philippe Leuba ist nicht in der Lage, das Waadtländer Vollzugssystem zu reformieren“ 
Ein Jahr vor den kantonalen Wahlen werden die Probleme der Waadtländer Gefängnisse erneut ein brennendes Thema für den für innere Angelegenheiten betrauten Staatsrat. Die Kantonalpräsidentin der SP verlangt Reformen und will dass ‚Köpfe rollen‘. 
Das Nationale Komitee zur Prävention von Folter (CNPT) präsentiert seine ersten Rapporte über Gefängnisbesuche. 
Die CNPT, welche den Auftrag hat, die Gefängnisse, Straf- und Massnahmeanstalten der Schweiz zu besuchen, hat im Januar 2011 ihre ersten beiden Rapporte über getätigte Besuche im Mai und Juni 2010 in Gefängnissen des Kantons Wallis (Brig und Grange) und des Kantons Bem (Hindelbank) veröffentlicht. 

„Tiefe Besorgnis“ 
Drei Chefärzte und Wissenschaftler auf dem Gebiet der Schizophrenie aus verschiedenen Teilen der Erde versuchen die Aufmerksamkeit der Fachwelt darauf zu lenken, dass Personen, die unter dieser Krankheit leiden und verurteilt worden sind, entgegen der gängigen Meinung sehr gute Wahrscheinlichkeit für eine Erholung aufwiesen. 

Postulat betreffend Verwahrung akzeptiert
(siehe auch Bulletin Nr. 1) Dem bei der Landesregierung von Nationalrat Luc Recordon eingereichten Postulat, welches vom Bundesrat 
einen Bericht über die Anwendung von Artikel 64 StGB betreffend Verwahrung verlangte, wurde durch die Kantone zugestimmt. Der Bundesrat wird nun eine Prüfung vornehmen und Ende 2012 einen Bericht über die Anzahl Plätze und die Therapiemöglichkeiten vorlegen. 

Interpellation im Nationalrat betreffend Suizide und versuchte Suizide in Haft
Ist der Platzmangel in den medizinischen und therapeutischen Abteilungen für Häftlinge mit psychischen Problemen eine Ursache für die Vervielfachung der Selbsttötungen und Versuchen von Selbsttötungen von Gefangenen? Das fragt eine Interpellation von Nationalrat Daniel Vischer und er will, dass dies in den Schweizerischen Gefängnissen untersucht wird.“